Herman Boerhaave

Herman Boerhaave, 1736, Gemälde von Cornelis Troost (1697–1750)

Herman Boerhaave (, auch: Boerhave und Borhaeve; * 31. Dezember 1668 in Voorhout; † 23. September 1738 in Leiden) war ein niederländischer Mediziner, Chemiker und Botaniker. Er war Hochschullehrer (Professor) in Leiden. Sein botanisches Autorenkürzel lautet „Boerh.“.

Leben und Wirken

Herkunft

Das Geburtshaus Herman Boerhaaves

Herman Boerhaave wurde als Sohn des calvinistischen Dorfpfarrers Jacob Boerhaave (* 16. November 1625 in Leiden; † 12. November 1683 ebenda) und dessen Frau Hagar Daalder (auch: Daelder, getauft am 22. April 1635 in Amsterdam; † 21. März 1673 in Voorhout) unweit der Stadt Leiden geboren. Der Vater hatte die Tochter des Amsterdamer Kaufmannes und Kompassbauers Hermann Daalder und dessen Frau Magdalena du Bois am 15. Juni 1663 in Leiden geheiratet. Herman wurde am Neujahrstag 1669 in seinem Geburtsort getauft; Sara Daalder und Jan Hendrik Brandhout fungierten als Taufzeugen. Sein Großvater Jacob Boerhaave (* 1592 in Leiden; † 17. Dezember 1670 in Voorhout) und sein Urgroßvater Carel Boerhaave (* ± 1570 in Hontschoten; † 10. September 1633 in Leiden), erlangten in Leiden das Bürgerrecht und erwarben ihren Lebensunterhalt als Kaufleute. Somit hatte Boerhaave seine familiären Wurzeln im bürgerlichen Mittelstand der Niederlande.

Hermans Vater war drei Mal verheiratet. Seine erste Ehe schloss er am 12. Dezember 1652 mit Hester Baille. Aus jener Ehe stammen Hermans Stiefgeschwister Justus (getauft 12. Oktober 1653 in Leiden), Maria I (* 1656) und Margaretha (getauft 17. August 1657 in Leiden). Aus der zweiten Ehe mit Hermans Mutter stammen die Geschwister Maria II (getauft 15. November 1665 in Voorhout), Magdalena Boerhaven (* 21. April 1667 in Voorhout; † 11. Juni 1720 in Leiden), Margariet Boerhaven (getauft 14. September 1670) und Maria III Boerhaave (getauft 28. Februar 1672 in Voorhout; † 18. Dezember 1738 in Hamburg), wobei zwei Töchter jung starben. Wie es zur damaligen Zeit üblich war, erwarb er vom Vater seine ersten Kenntnisse der lateinischen, griechischen und hebräischen Sprachen sowie der klassischen Literatur und Geschichte. Daneben musste Herman sich an der täglichen Gartenarbeit beteiligen, wobei er körperlich ertüchtigt wurde und ihm erste botanische Zusammenhänge vermittelt wurden.

Nach dem Tod seiner Mutter heiratete sein Vater am 12. Juni 1674 in Leiden erneut, eine Frau namens Eva du Bois (* 1640 in De Rijp; † 1702 in Leiden), die Tochter des Pfarrers in Leiden Jacob (Jacques) du Bois und dessen Frau Elandine Geldorp, welche die Aufgabe einer sorgsamen Stiefmutter übernahm. Aus jener Ehe stammen die drei Töchter Eva Boerhaave, Sara Boerhaave (getauft 12. Mai 1675 in Voorhout) und Jacoba Boerhaave, sowie Hermans zwei Stiefbrüder Jacob Boerhaave (19. November 1676 in Leiden; † 28. Januar 1752 ebenda) und Marcus Borhaave (* 13. März 1678 in Leiden; † 31. Januar 1719 in Breda) welche später den Beruf eines Pfarrers ergriffen. Auch Herman war ursprünglich zum Pfarrberuf bestimmt. Damit dies in den vorgedachten Bahnen verlaufen konnte, brachte ihn sein Vater 1682 an die Lateinschule in Leiden, wo er unter der Leitung des Rektors Wigard van Winschoten (* 29. Juli 1639 in Amsterdam; † 1685) unterrichtet wurde.

Ausbildung

Am 10. Juli 1682 immatrikulierte sich Boerhaave an der Universität Leiden, wo er 1684 ein Studium der theologischen Wissenschaften unter der Leitung von Jacobus Trigland dem Jüngeren, Friedrich Spanheim und Johannes a Marck begann. Nach dem Tod seines Vaters förderte ihn der Leidener Bürgermeister Daniel van Alphen persönlich und ermöglichte ihm seine Studien zu absolvieren. An der Leidener Hochschule vervollkommnete er seine Kenntnisse zur Rhetorik bei Wolferdus Senguerdius, lernte Latein und Griechisch bei Johann Friedrich Gronovius, Geschichte und Geographie bei Theodorus Rijcke sowie bei Karl Schaaf (1646–1729) und Trigland Hebräisch. Besonders entwickelte Boerhaave in jener Zeit eine Vorliebe für die philosophischen Wissenschaften, wobei er in Burchard de Volder einen anregenden Lehrer fand. In jenem Kontext scheint auch seine Beantwortung auf eine Preisfrage entstanden zu sein, welche unter dem Titel Oratio academica qua probatur, bene intellectam a Cicerone et confutatam esse sententiam Epicuri de summo bono 1689 in Leiden erschien und wofür er als Preis eine Goldmedaille erhielt.

Nachdem er am 21. Dezember 1690 mit der Arbeit De distinctione mentis a corpore (Leiden 1690) den philosophischen Magistergrad erworben hatte, erhielt Boerhaave vom Kuratorsekretär der Leidener Universität Johan van den Bergh den Auftrag die angekaufte Bibliothek des Isaac Vossius zu katalogisieren. Während dieser Arbeit vielfältig angeregt, entschloss er sich, die medizinischen Wissenschaften zu studieren. So beschäftigte er sich zunächst autodidaktisch mit den Schriften des Hippokrates von Kos, des Andreas Vesalius bis hin zu denen des Thomas Sydenham. Er empfand zudem Sympathie für die Schriften Spinozas, Boyles, Descartes’ und später auch Newtons. Seine praktischen Lehrer wurde zu jener Zeit de Volder, in Chemie Jacobus le Mort, Charles Drelincourt der Jüngere und der Anatom Anton Nuck. Am 12. Juli 1693 immatrikulierte sich Boerhaave an der Universität Harderwijk, wo er am Folgetag bei Theodor van Graeff mit einer Untersuchung über die Exkremente von Kranken, unter dem lateinischen Titel Exposuit casum morbi de apoplexia et Hipp. Aphor. 61 sect 5, disputavit de utilitate explorandum in aegris excrementorum ut signorum omnia exacte et solide, zum Doktor der Medizin promoviert wurde. Boerhaave gehörte zu den Pionieren der genauen Beobachtung von Krankheitssymptomen und war ein bedeutender klinischer Lehrer. In seiner Dissertation verweist er auf eine überragende semiotische Bedeutung des Urins, da dieser, bevor er durch die („Siebe“ der) Niere abgeschieden wird, zuvor mit dem Blut den ganzen Körper durchflossen habe und dabei – iatromechanisch gedacht – etwas von dem mit dem Ganzen zu wenig verbundenen Teil mitgenommen hat.

Wirken in Leiden

Boerhaave während einer Vorlesung an der Universität Leiden Boerhaave mit Frau und Tochter Schlüssel zur Systematik von Boerhaave in Linnés Classes Plantarum von 1738.

Boerhaave kehrte nach Leiden zurück, wo er zunächst als praktischer Arzt agierte. Während jener Zeit widmete er sich chemischen Forschungen und besserte sich seinen Lebensunterhalt als Mathematiklehrer auf. Am 18. Mai 1701 erhielt er als Lektor und Repetent einen Lehrauftrag für theoretische Medizin an der Medizinischen Fakultät, welchen er am 8. Juni des Jahres mit der Einführungsrede Oratio de commendando studio hippocratico (Leiden 1701) antrat, die sich mit der Wichtigkeit der Studien des Hippokrates und des Thomas Sydenham für die praktische Heilkunde befasste. Hierfür erhielt er ein Jahressalär von 400 Gulden, welches er sich durch Privatstunden aufbesserte. Als er zwei Jahre später eine Berufung auf den Lehrstuhl der Medizin an der Universität Groningen abgelehnt hatte, verlängerte man seine Anstellung und erhöhte sein Salär auf 600 Gulden, mit der Aussicht auf einen Lehrstuhl in Leiden. In jenem Kontext erschien im selben Jahr seine Dankesrede De usu ratiocinii mechanici in medicina (Leiden 1703), worin er sich über den Nutzwert mechanischer Begriffe für die medizinischen Wissenschaften äußerte und damit auch seine Vorstellung einer iatromechanischen Krankheitstheorie formuliert. In der Zwischenzeit hatte er neben seinen Vorlesungen zur theoretischen Medizin auch Privatkurse über Botanik, Chemie und praktische Medizin gegeben, welche einen breiten Anklang fanden. So beschäftigte er sich 1706 mit der Anlage von Gewächshäusern im Leidener Pflanzengarten und bestimmte, unter welchem Winkel die Glasdächer unter jedem Breitengrad gegen den Horizont geneigt sein müssen, um möglichst viele Sonnenstrahlen aufzufangen.

Nach dem Tod von Peter Hotton wurde Boerhaave am 18. Februar 1709 zum Professor für Botanik berufen. Seine Antrittsrede vom 20. März 1709 trug den Titel Oratio, qua repurgatae medicinae facile asseritur simplicitas. Damit war eine finanzielle Gratifikation von 1000 Gulden für die Professur und 300 Gulden für die Arbeit am Hortus Botanicus Leiden verbunden. 1710 erschien unter seiner Obhut ein Verzeichnis (Index plantarum, quae in Horto academico Lugduno-Batavo reperiuntur) aller Pflanzen des Hortus Botanicus. Zehn Jahre später erweiterte er den Index um mehr als 2000 Arten, ergänzte ihn um die Geschichte des botanischen Gartens und fügte einige grafische Darstellungen hinzu. Die nun 5846 Pflanzenarten umfassende Schrift wurde unter dem Titel Index alter plantarum, quae in horto Academico Lugdono-Batavo coluntur veröffentlicht.

Im Jahre 1710 hatte Boerhaave in der vierundzwanzigjährigen Maria Drolenvaux (* 6. März 1685 in Leiden; † 19. Januar 1746 ebenda) eine Partnerin gefunden, welche er am 16. September des Jahres heiratete. Sie war die Tochter des Stadtrates und Schöppen in Leiden Abraham Drolenvaux (* 26. November 1648 in Leiden; † 12. Dezember 1718 ebenda) und dessen am 9. Juni 1683 geheirateten Frau Maria des Quiens (getauft 10. April 1652 in Leiden; † 20. Oktober 1688 ebenda). Anderthalb Jahre später, am 30. Mai 1714, wurde dem Ehepaar eine Tochter geboren, die auf den Namen Magdalena Jacoba getauft wurde. Ihr folgten die Töchter Magdalena, Magdalena Jacoba und ein Sohn, der kurz nach der Geburt vor der Taufe starb, nach. Auch die letztgenannten Mädchen starben in frühster Jugend.

Während seiner Lehrphase wurde die medizinische Fakultät der Universität Leiden zum Anziehungspunkt für zahlreiche Medizinstudenten aus dem In- und Ausland. Dies mag die Kuratoren der Leidener Hochschule dazu bewogen haben, ihm 1714 die zweite Professur der praktischen Medizin am Universitätskrankenhaus Collegium Practicum und am 24. Juni 1718 die Professur der Chemie zu übertragen. Hierzu hielt er 1714 die Rede De comparando certo in physicis, die zu den vorzüglichsten seiner Vorträge gezählt wurde und 1718 die Oratio de chemia suos errores expurgante (Leiden 1718). Nach der Emeritierung von Fredericus Deckers (* 23. Dezember 1648 in Hertogenbosch; † 3. November 1720 in Leiden) übernahm er 1720 zudem die erste praktische Professur und die Aufsicht über das Universitätskrankenhaus. Zudem beteiligte sich Boerhaave auch an den organisatorischen Aufgaben der Leidener Hochschule und war 1714/15 sowie 1730/31 Rektor der Alma Mater geworden. Hierzu hielt er entsprechende Rektoratsreden, 1714 die De comparando certo in physicis und 1731 die Rede de honore medici, servitute.

Als Leidener Hochschullehrer deckte Boerhaave ein breites medizinisches Wissensspektrum ab. So unterrichtete er Methodologie (Methodus discendi medicinam), Physiologie, allgemeine Pathologie, spezielle Pathologie, Chirurgie, Ophthalmologie (Augenheilkunde), Arzneimittellehre, Chemie und Botanik. Durch seine facettenreiche Kenntnis erwarb er sich während seiner Zeit ein großes Ansehen. Selbst mancher Potentat fand den Weg in seine Sprechstunden und eine zahlreiche Studentenschaft wohnte seinen Vorlesungen bei. Seine Arbeit fand auch im europäischen Ausland Würdigung. So hatte Boerhaave 1730 von der russischen Zarin einen Ruf als Leibarzt erhalten, den er jedoch ablehnte. 1715 hatte ihn die Académie Royale des Sciences in Paris zu ihrem Mitglied erwählt, 1730 wurde er einstimmig Mitglied der Royal Society in London.

Durch die große Anerkennung, die Boerhaave in der Wissenschaftswelt Europas besaß, hatte er eine große Zuhörerschaft. Jeder, der seine Vorlesungen besuchte, hatte Tantiemen zu entrichten. Zudem kamen durch die Veröffentlichungen seiner Schriften und durch seine Beteiligungen am Wollhandel einige Einnahmen dazu. Boerhaave schuf sich auf diese Weise ein nicht unbeachtliches Vermögen, zumal er zeitlebens relativ anspruchslos lebte, wiewohl ihm das daraus resultierende wenig erquickliche Erscheinungsbild bei seinen Zeitgenossen manchen Hohn und Vorwurf des Geizes einbrachte. Diese äußerliche Wahrnehmung beruhte jedoch auf keinem sehr haltbaren Fundament. Boerhaave sah die gesellschaftlichen Fehlentwicklungen und engagierte sich in der Armenversorgung, ohne daraus einen persönlichen Nutzen ziehen zu wollen. Dennoch konnte er sich und seiner Familie 1724 das Gut und Schloss Oud Poelgeest erwerben, wo er sich einen eigenen botanischen Garten anlegte, welcher nach dem Hortus Botanicus der zweitbedeutendste botanische Garten der Umgebung wurde.

Die ständige Beanspruchung Boerhaaves ging allerdings einher mit zunehmenden gesundheitlichen Problemen. Bereits seit 1712 machten sich bei Boerhaave Gichtsymptome bemerkbar, unter denen er zunehmend litt. Weitere Rückfälle 1727 und 1729 nötigten ihn, am 8. Februar 1729 auf seine chemische und botanische Professuren zu verzichten. Er behielt aber die Professur der praktischen Medizin bei. Noch bei seiner letzten Rektoratsrede hatte Boerhaave betont, dass es die höchste Ehre eines Arztes sei, ein Diener der Natur zu sein. Dies blieb er, bis er schließlich im Alter von fast siebzig Jahren an den Folgen eines Herzleidens starb.

Bedeutung

Aufgrund seiner außerordentlichen Verdienste um die Arzneiwissenschaften war er europaweit berühmt; aus vielen Ländern kamen Ratsuchende. Auch die deutsche Klinik war, wenn auch indirekt, stark durch Boerhaave beeinflusst. Boerhaave suchte mit großer wissenschaftlicher Übersicht alle Resultate der Naturwissenschaften zum Besten der Medizin zu verwerten, legte hierbei auf die mechanischen Entdeckungen großen Wert und fand in der Faser den allgemeinen Organbestandteil, der durch seine Spannung und Erschlaffung die meisten Krankheitszustände verursache. Er verband, auf dem Boden der alten hippokratischen Lehre von der Heilkraft der Natur stehend, neuere iatrophysikalische und iatrochemische Anschauungen.

Die wichtigsten seiner Schriften sind die Institutiones medicae in usum annuae exercitationis (Leiden 1708, zuletzt Wien 1775), in die meisten lebenden Sprachen Europas übersetzt, und die Aphorismi de cognoscendis et curandis morbis (Leiden 1709 und öfter). Das erstere dieser Werke ist ein systematischer Abriss der theoretischen Lehrsätze in der Medizin, in den Aphorismen, die als medizinisches Kompendium im 18. Jahrhundert hohes Ansehen und große Bedeutung hatten (und etwa auch von Goethe genutzt wurde), beschreibt Boerhaave die Grundlagen der praktischen Medizin, wobei er von einer höchst durchdachten Klassifikation der Krankheiten ausgeht, deren Anfang er in seiner sowohl iatromechanischen als auch humoralpathologischen Theorie in der fehlerhaften Bewegung der (mit unterschiedlichen „Schärfen“ wirkenden) Körpersäfte, von denen die festen Bestandteile ihren Ursprung nehmen, sah. Diesen beiden Werken schließen sich seine Elementa chemiae (Paris 1724 und öfter, 2 Bände) an, die sich durch die Genauigkeit der Versuche auszeichnen.

Das Boerhaave-Syndrom, welches nach ihm benannt wurde, bezeichnet die Ruptur der Speiseröhre bei heftigem Würgen, Husten oder Erbrechen. Boerhaave soll selbst gern an ausschweifenden Essgelagen teilgenommen haben. Als dabei einmal einem Freund die Speiseröhre riss und dieser anschließend starb, wurde er kurz nach seinem Tod durch Boerhaave obduziert. Dieser erkannte die Todesursache und gab ihr seinen Namen.

Das Kupferoxydammoniak wurde unter dem Namen Flüchtige Kupferoxydtinctur (Tinctura veneris volatilis) von ihm als Arzneimittel eingeführt. Diese Tinktur ist heute nicht mehr im Gebrauch.

Im Jahr 1727 entdeckte Boerhaave, dessen Elementa Chemiae ein ausführliches und von Berzelius als „Meisterstück“ bezeichnete Kapitel über die Harnchemie enthält, den Harnstoff. 1728 beschrieb er einen Tumor des Mediastinums.

Bekannte Schüler

Boerhaave hatte einige ausgezeichnete Schüler, etwa Albrecht von Haller und Gerard van Swieten. Letzterer wirkte als Interpret der Institutiones und der Aphorismi. Julien Offray de La Mettrie übersetzte zahlreiche Schriften Boerhaaves ins Französische, versah sie mit Kommentaren und trug dadurch zur Verbreitung seiner Lehren in Europa bei. Auch der bekannte britische Balneologe Richard Russell vervollkommnete Anfang der 1720er Jahre seine medizinischen Kenntnisse bei ihm. Zwei seiner Schüler, van Swieten und Anton de Haen, begründeten die sogenannte Wiener Medizinische Schule, deren Schüler auch Franz Anton Mesmer war. Mit seinem Schüler Albrecht von Haller verband Hermann Boerhaave Mechanik, Chemie und die unmittelbare klinische Betrachtung miteinander und legte damit den Grundstein für die moderne Physiologie. Boerhaaves Schüler Thomas Schwenke, der dem Wetter einen besonderen Einfluss auf die Blutgerinnung zuschrieb, publizierte 1745 ein Buch mit dem Titel Haematologia.

Ehrungen

Carl von Linné benannte ihm zu Ehren die Gattung Boerhavia aus der Pflanzenfamilie der Wunderblumengewächse (Nyctaginaceae).

Im Jahr 1864 wurde in Wien-Landstraße (3. Bezirk) die Boerhaavegasse nach ihm benannt.

Die Stadt Leiden hat ihm in der Peterskirche ein Denkmal errichtet (Entwurf: Philosoph Frans Hemsterhuis), auf welchem der Widmungsinschrift Salutifero Boerhaavii genio sacrum steht und man seinen Lieblingsspruch liest: Simplex sigillum veri (Das Einfache ist das Siegel des Wahren). In Leiden befindet sich zudem das nach Herman Boerhaave benannte Museum Boerhaave.

Ihm zu Ehren wurde seine Büste in der Walhalla aufgestellt.

Die niederländische Gesellschaft zur Förderung der Medizin beschloss im Juni 1867, eine Statue von Herman Boerhaave für die Stadt Leiden zu schaffen, dies zum Gedenken seines 200. Geburtstages. Man beauftragte den Künstler Johann Theodor Stracke (1817–1891) mit der Arbeit, die am 26. Juni 1872 an der Leidener Steenstraat (Steinstraße) enthüllt wurde. Auf Initiative der medizinischen Fakultät brachte man die Statue am 22. September 1931 in die Oegstgeester Straße, welche am Folgetag in Boerhaavelaan (Boerhaaveallee) umbenannt wurde und an der Kreuzung zum Rijnsburgerweg steht. Am Linnaeustoren (Linnaeus-Turm) in der Academiestraat (Akademiestraße) in Harderwijk ist 1938 ein Relief angebracht worden, das von Hendricus J. Etienne (1895–1968) geschaffen wurde. Im Turm befindet sich eine Boerhaavebüste.

Die niederländische Post gab 1928 eine Sonderbriefmarke mit Zuschlag für Kinder mit seinem Bildnis heraus, welche von dem Künstler Jan Sluyters entworfen wurde und einen Postwert von 5 Cent aufwies. 1937 folgte dieser eine Briefmarke mit dem Nominalwert von 12,5 Cent und Zuschlag für Wohlfahrt, welche Wouter Hagens für einen Satz mit Porträts berühmter Persönlichkeiten entworfen hatte. De Nederlandsche Bank gab 1955 einen 20-Gulden-Schein mit seinem Bildnis heraus. Dieser von J. F. Doeve entworfene Geldschein war bis 1961 im Verkehr.

In den Jahren 1872 bis 1888 wurde alle vier Jahre eine wertvolle goldene Boerhaave-Medaille verliehen, um bedeutende Wissenschaftler der vorausgehenden 20 Jahre aus fünf Fachgebieten der „eher organischen Wissenschaft“ zu ehren. Sie wurde im Wechsel mit der Huygens-Medaille verliehen. Seit 2012 werden die Preisträger des Boerhaave Biografie Prijs mit einer bronzenen modifizierten Version der Boerhaave-Medaille ausgezeichnet.

Schriften (Auswahl)

Werke, welche nicht durch Boerhaave selbst herausgegeben wurden

Literatur

Weblinks

Commons: Hermann Boerhaave – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. DNB.
  2. Genealogiestammbaum der Familie Boerhaven.
  3. Tauf- und Trauregister erfgoedleiden (Leidener Archiv), NH Archivnr. 0633A, Inventarnummer 1A, Folio 3v.
  4. Jacob Boerhaave war drei Mal verh. I. Ehe 6. September 1616 mit Sara de Visscher (* Juli 1590; † 9. September 1620 in Leiden), die drei Kinder dieser Ehe starben vor der Mutter; II. Ehe Maria (Maijcke) Hoymonts (* Juni 1599 in Leiden; begr. 20. Januar 1636 in Leiden), aus der Ehe stammt Joannes (getauft 28. April 1622 in Leiden), Marcus (getauft 20. Dezember 1623 in Leiden), Jacob (Hermans Vater), Carel (getauft 3. März 1628) verh. mit Wilhelmina Burgundus, aus welcher Ehe der Sohn Marcus Boerhaave (getauft 18. November 1663) Pfarrer in Aerdenburg, die Tochter Maria (getauft 31. Juli 1667), die Tochter Mayken (getauft 26. Mai 1630), der Sohn Joris (* 26. Februar 1634) und die Tochter Sara stammen; III. Ehe 18. Mai 1638 Lydia Verhelst, die Ehe blieb kinderlos.
  5. Carel Boerhaave erlangte am 20. Juni 1594 in Leiden das Bürgerrecht, heiratete 1591 Margaretha Geraerdts (* 1571 in Hontschoten; † 30. Oktober 1646). Aus der Ehe stammen vier Kinder: oben genannter Jacob, Joris Boerhaave († 20. März 1638 in Leiden), er hinterließ einen Sohn Jacob; Marcus Boerhaave (* 1599 in Leiden; † 29. Juli 1644 in Medemblik) studierte in Leiden, wurde 1613 Pfarrer in Leiden, 1621 Pfarrer in Oosthuizen verh. mit Christina Bochelingen aus Delft und war ab 1625 Pfarrer in Medemblik; Margriet verh. 18. Juli 1617 in Leiden mit Marcus Balinck.
  6. Magdalena Boerhaven heiratete am 21. März 1701 Dr. Jacob Cau (Kaau).
  7. Maria III Boerhaave heiratete den Hamburger Kaufmann Christoph Wrede
  8. Jacob Boerhaave studierte in Leiden, wurde Pfarrer in Valkenburg und 1706 in Leiden.
  9. Marcus Borhaave wurde Pfarrer in Breda, heiratete Adolfina Nuys, aus der Ehe stammt die Tochter Eva Parina Boerhaave (* Breda; † 12. September 1746 in Nijmegen), verh. 28. Dezember 1736 mit Gerard Diederik van Altena († 12. September 1775 in Amsterdam).
  10. Album Studiosorum Academiae Lugduno Batavae MDLXXV-MDCCCLXXV, Cudunt nomina Curatorum et Professorum, per Eadem Secula. Martin Nijhoff, Den Haag, MDCCCLXXV, Sp. 654.
  11. P. C. Molhuysen: Album Promotorum Academiae Lugdono Batavae. S. 206.
  12. * 25. August 1664 in Leiden; † 11. November 1755 ebenda, studierte 1685 Jura an der Universität Leiden, 1690–1711 Kuratorsekretär der Universität Leiden, 1697–1747 Bürgermeister Leidens, 1720 Rat von Holland, 1725–1755 Deichgraf im Rijnland;
    Petrus Johannes Blok: Bergh (Johannes van den). In: Petrus Johannes Blok, Philipp Christiaan Molhuysen (Hrsg.): Nieuw Nederlandsch Biografisch Woordenboek. Teil 4. N. Israel, Amsterdam 1974, Sp. 116–117 (niederländisch, knaw.nl / dbnl.org – Erstausgabe: A. W. Sijthoff, Leiden 1918, unveränderter Nachdruck). 
    Abraham Jacob van der Aa: Bergh (Johannes van den). In: Biographisch Woordenboek der Nederlanden. J. J. van Brederode, Haarlem, 1854, Band 2, Teil 1, S. 396 (knaw.nl).
  13. Die Vossische Bibliothek wurde von den Kindern seines Bruders Matthaus, mit Namen Gerard Jan Voss und Aafje Voss, der Universität Leiden für einen Betrag von 3000 Pfund angeboten und im Oktober 1690 gekauft.
    Laurentius Knappert: Legaat bibliotheek Isaäc Vossius. In: Jaarboekje voor Geschiedenis en Oudheidkunde van Leiden en Rijnland. A. W. Sijthoffs, Leiden 1916, S. 146 f.
  14. D. G. van Epen: Album Studiosorum Academiae Gelro-Zutphanicae MDCXLVIII-MDCCCXVIII. Jacobum Hoekstra, Den Haag MCMIV, S. 48, Sp. b.
  15. Auch: Greve, Grewe; * in Attendorn als Sohn des Kaufmanns Franz Grewe, † 18. September 1701 in Harderwijk, 1781/82 Universitäten Duisburg, Heidelberg, Köln, Prof. Duisburg Cartersianer, 1. Januar 1693 Prof. med. Universität Harderwijk und gelderländischer Leibarzt, 1694/95, 1700/01 Rektor Harderwijk.
  16. Het Album Promotorum van de Academie te Harderwijk. de Walburg Pers, Zutphen 1980, ISBN 9060113558, S. 82.
  17. Johanna Bleker: Die Geschichte der Nierenkrankheiten. Boehringer Mannheim 1972, S. 60, 71–75 und 78.
  18. Johanna Bleker: Die Geschichte der Nierenkrankheiten. 1972, S. 74.
  19. Johanna Bleker: Die Geschichte der Nierenkrankheiten. Boehringer Mannheim, Mannheim 1972, S. 55 (Neue Vorstellungen über die Entstehung der Krankheiten: die Theorie Hermann Boerhaaves).
  20. Sie heiratete am 24. September 1741 in Leiden den Reichsgrafen Frederik de Thoms (* 15. Oktober 1696 in Gießen; † 7. September 1746 in Leiden) und starb am 28. September 1791 in Leiden.
  21. * 7. Mai 1713 in Leiden; † 23. August 1713 ebenda.
  22. * 30. Mai 1714 in Leiden; † 15. August 1717 ebenda.
  23. * 9. Juni 1721 in Leiden; † 11. Juni 1721 ebenda.
  24. Vgl. Gregor Schwert: Die Literaturgattung „Methodus discendi“. Anleitungen zum Studium der Medizin von Stainpeis bis Boerhaave. Ein Beitrag zu Geschichte der medizinischen Ausbildung. Medizinische Dissertation Münster 1983. 233 Seiten.
  25. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 32.
  26. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 27.
  27. Frank Nager: Der heilkundige Dichter. Goethe und die Medizin. Artemis, Zürich/München 1990; 4. Auflage ebenda 1992, ISBN 3-7608-1043-8, S. 171 f.
  28. Johanna Bleker: Die Geschichte der Nierenkrankheiten. Boehringer Mannheim, Mannheim 1972, S. 55.
  29. Johanna Bleker: Die Geschichte der Nierenkrankheiten. Boehringer Mannheim, Mannheim 1972, S. 78.
  30. Peter Dilg: Harnstoffsynthese. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 535.
  31. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 28.
  32. Vgl. auch Monika Kuhlenbäumer: Boerhaave und seine deutschen Schüler. Unter Berücksichtigung von Berlin, Greifswald, Königsberg und Würzburg. Medizinische Dissertation Münster 1968.
  33. Lauste LW: Dr. Richard Russell 1687–1759. In: Proceedings of the Royal Society of Medicine. Band 67, 1974, Nr. 5, S. 327–330. PMC 1645547 (freier Volltext)
  34. Carl von Linné: Critica Botanica. Leiden 1737, S. 92.
  35. vanderkrogt.net eingesehen 23. Dezember 2014.
  36. vanderkrogt.net.
  37. Seite mit der Banknote auf worldbanknotescoins.com, abgerufen am 26. Dezember 2017.
Normdaten (Person): GND: 118660829 | LCCN: n50010081 | VIAF: 61555409 |