Liste der Werke von Voltaire

Jean Huber: Voltaire am Genfer See, 1778 Jean Huber: Voltaire am Genfer See, 1778

Voltaire hinterließ mit weit über 700 einzelnen Texten eines der umfangreichsten und umfassendsten Werke der Literatur- und Geistesgeschichte.

Die Veröffentlichungsgeschichte und Drucklegung ist in ihrer Komplexität einzigartig und bis heute in vielen Details unvollständig oder gar nicht erforscht. Meilensteine der Bibliographie sind die Arbeiten und Werkverzeichnisse Adrien-Jean-Quentin Beuchots, Georges Bengescos, Louis Molands und Theodore Bestermans. Den aktuellen Stand versucht die noch nicht abgeschlossene Oxforder Voltaire-Ausgabe darzulegen. Das Hauptproblem liegt darin, dass zwischen der Entstehung und der autorisierten Drucklegung auch bei Hauptwerken bisweilen Jahrzehnte liegen. Viele wichtige Texte wurden erst postum vollständig oder gar im Erstdruck veröffentlicht. Der autorisierten Erstverlegung gehen oft mehrere Pirateneditionen nach unsicheren Abschriften oder gestohlenen Manuskripten voran. Auch gibt es vielfach Zugaben der Herausgeber, die in guter, aber auch böswilliger Absicht am Werk teilhaben wollten. Außerdem überarbeitete und erweiterte Voltaire viele seiner ihm wichtigen Texte mehrfach. Die Oxforder Herausgeber reagieren auf dieses Problem mit der Bestimmung und Abdruck eines Basistextes, der nicht immer der autorisierten Erstausgabe entsprechen muss.

Die folgende Auflistung hält sich (in weitest möglicher Annäherung an die Oxforder Voltaireausgabe) an den Zeitpunkt der autorisierten Erstveröffentlichung. Sofern eine (vermeintliche) Piratenedition mit historisch bedeutender Rezeption vorliegt, wie bei dem Versepos La Pucelle d’Orléans, wird auch diese einer Erstausgabe gleichgesetzt.
(Die Drucklegung der Pucelle ist exemplarisch für die komplexe Druckgeschichte der Werke Voltaires. Der Text der Pucelle wurde von Voltaire ca. ab 1730 verfasst. Das Poème war zunächst nicht zur Veröffentlichung, sondern nur zum Vortrag und zur Lektüre im Freundeskreis gedacht. Im Oktober 1755 erschien vermeintlich in Löwen, tatsächlich in Frankfurt am Main, eine Erstausgabe im Oktavformat mit 15 Gesängen, zu der Voltaire sich nicht bekannte. Sie umfasst 161 gezählte Seiten. Beinahe zeitgleich kamen, wahrscheinlich in den Niederlanden, zwei als „Première Edition“ deklarierte Ausgaben mit der fingierten Veröffentlichungsangabe „A Paris“ heraus, eine in 8° und eine 12°. Diese Ausgaben enthalten nur 14 Gesänge, zur Oktavausgabe erschien ein Supplement mit dem 15. Gesang. Als Herausgeber dieser Editionen gilt Laurent Angliviel de La Beaumelle. Ohne seine Verfasserschaft einzuräumen, nahm Voltaire am 14. November 1755 in einem Brief an die Académie Française Stellung zu den Ausgaben und gab zu erkennen, dass ihm die Reihenfolge ihrer Veröffentlichung und die wirklichen Erscheinungsorte bekannt waren. Die niederländischen Ausgaben bezeichnete er als „non plus exactes que la première“ (aus Frankfurt). Zwei weitere Ausgaben mit dem Erscheinungsvermerk „Louvain“ sowie eine Ausgabe ohne vollständiges Titelblatt und ohne Vorwort mit dem (Vorsatz)-Titel „La P. d’O“ erschienen noch im 4. Quartal 1755 wahrscheinlich in der Schweiz. Sie sind weitgehend satzidentisch mit der Frankfurter Erstausgabe, umfassen wie diese 161 Seiten, das Format ist jedoch 12°. (Bei der ersten dieser Ausgaben (OCV 7, S. 98, 2) sind Titelbatt und Préface in 8°, der Text in 12°). In den folgenden Jahren erschienen zahlreiche weitere, nicht autorisierte Ausgaben, darunter 1756 drei Raubdrucke mit dem fingierten Erscheinungsvermerk „A Londres“, die besonders wegen der berüchtigten Fassung des „Eselsgesangs“ im letzten Kapitel Anstoß erregten. Als Herausgeber dieser in Wirklichkeit in den Niederlanden gedruckten Editionen und ihrer zahlreichen Wiederauflagen gilt Jean Henri Maubert de Gouvest. 1762 erschien die erste von Voltaire anerkannte Ausgabe bei den Frères Cramer in Genf mit 21 Gesängen. Eine weitere Ausgabe mit Anmerkungen unter dem Pseudonym eines Abbé Morza folgte 1773. Die letzte kritische Fassung nach der Intention Voltaires gab Jeroom Vercruysse 1970 heraus.

Liste der Werke nach dem Jahr des Erstdruckes

Letters concerning the English Nation 1733 Irene 1779

Beispiele zeitgenössischer deutscher Ausgaben der Werke Voltaires

Alte Übersetzungen weisen mitunter stilistische und sachliche Fehler auf. Auch kommen Auslassungen und Sinnveränderungen oder gar Sinnentstellungen vor, wenn der Übersetzer konträre politische oder religiöse Auffassungen vertrat. Im Einzelfall ist daher immer ein Vergleich mit dem Originaltext erforderlich. Nach Günther Mensching sind die frühen Übersetzungen von Mylius und Romanus meist ohne größere Fehler. Nur ein Teil von Voltaires Schriften wurde seit dem 18. Jahrhundert ins Deutsche übersetzt. Im Handel sind aktuell nur wenige Titel verfügbar.

Beschlagnahmen, Verbote und Verbrennungen von Schriften Voltaires

Ein wichtiger Punkt für die Rezeption und die Veröffentlichungsgeschichte der Schriften Voltaires sind die staatlichen und kirchlichen Verbote, die Beschlagnahmungen und die öffentlichen Verbrennungen der Bücher. Ein Großteil der Werke, dazu gehört vor allem das dramatische Werk wurde von Voltaire offiziell der Zensur vorgelegt und erhielt dann die Zulassung und das Privileg. Bereits 1723 bei der anstehenden Veröffentlichung der „La Ligue“ war klar, dass die Zensur die damals brisante Thematik der zurückliegenden Religionskriege nicht billigen würde. Voltaire entschloss sich zu einer heimlichen Verbreitung. Der Druck erfolgte unter falschem Impressum in Rouen. Die zweitausend Exemplare der Erstausgabe wurden in Möbeltransporten heimlich in Paris eingeschmuggelt. 1730 scheiterte ein ähnlicher Versuch, die „Histoire de Charles XII“ über den Wasserweg in die Stadt zu bringen, an der Wachsamkeit der „Garde des Sceaux“. Das Buch wurde dennoch in Frankreich weder verboten noch indiziert, obwohl es etliche politisch bedenkliche und kirchlich verdammenswerte Passagen enthielt. Voltaire selbst ging gerichtlich gegen den schwarzen Verlagshandel seiner Zeit vor. Auf seine Anzeige hin wurden die 1200 Exemplare der Saillant-Ausgabe des „Histoire de la Guerre de 1741“ 1755 beschlagnahmt und in der Bastille festgehalten. In der Periode der Aktion „Ecrasez l’Infame“ bildete sich eine gewisse Routine heraus. Die Verbote folgten der Reihenfolge Genf, Paris und Rom. Im Titel und Impressum der Erstausgaben spiegelt sich der Spott und Spaß Voltaires an der Auseinandersetzung mit der Institution Zensur wider. Auch die Gegenseite reagierte. 1759 wurde Voltaires gelungene und korrekte Übertragung schon wegen der Autorschaft und der Dedikation an Friedrich II. von Preußen auf den Index Romanus gesetzt. Dessen ungeachtet veröffentlichte Voltaire auch auf der offiziellen Schiene, auf der er 1773 kurioserweise selbst eine Schlappe einstecken musste. Der Zensor Martin hielt das Manuskript der Tragödie „Les Loix de Minos“ monatelang zurück, während er es längst unter der Hand an den Valadé, einem weiteren Vertreter des schwarzen Verlagshandels, verkauft hatte.

Liste der Gesamtausgaben

Widmungsblätter im 10. Band der Kehler Werkausgabe von Jean-Michel Moreau Ordnungsplan im 70. Band der Kehler Werkausgabe von Jean-Michel Moreau

Ab 1728 erschienen in dichter Folge Gesamtausgaben der Werke Voltaires. Ihr literarischer Wert bemisst sich daran, inwieweit Voltaire eigenhändig an der Herausgabe beteiligt war und in welchem Umfang erstveröffentlichte Texte eingearbeitet sind. Der überwiegende Teil der Ausgaben des 18. Jahrhunderts entstand außerhalb Frankreichs, schon allein um einer Beschlagnahme durch die Behörden zu entgehen. Die Bibliographie der frühen Ausgaben weist auch heute noch Überraschungen auf. Durch Andrew Brown sind 2007 in c18 drei Bände einer eigenständigen Ausgabe mit dem Impressum „Rotterdam 1741“ erstbeschrieben.

Die wichtigsten Gesamtausgaben in chronologischer Reihenfolge sind

Die folgende chronologische Auflistung orientiert sich hinsichtlich der Signatur an den Veröffentlichungen des c18:

Quellen

Einzelnachweise

  1. Voltaire: La Pucelle D'Orleans. Louvain, d.h. Frankfurt am Main, 1755]
  2. Nicholas Marlowe Rare Books: Voltaire’s ‘La Pucelle’: feuds, vengeance and forgeries. London, 2021, S. 21–43
    Vgl. auch Jeroom Vercruysse: Introduction, in: La Pucelle d'Orléans. In: Œuvres complètes de Voltaire (OCV). 7. Oxford, 1970, S. 29–44
  3. Nicholas Marlowe Rare Books: Voltaire’s ‘La Pucelle’: feuds, vengeance and forgeries. London, 2021, S. 56–61
    Jeroom Vercruysse: Introduction, in: La Pucelle d'Orléans. In: Œuvres complètes de Voltaire (OCV). 7. Oxford, 1970, S. 44–59
  4. La Pucelle d’Orléans, Genf, Originalausgabe von 1762 auf fr.wikisource.org (abgerufen am 11. Juli 2011)
  5. Œuvres complètes de Voltaire : Satires – Les Systèmes, 1772. In: Contes .– Satires.– Stances. Deuxième édition. Baudoin Frères Éditeurs, Paris 1827, Seiten 237–241
  6. Günther Mensching (Hrg.): Voltaire Schriften, Syndikat, Frankfurt am Main, 1979, Band 2, S. 340f.
  7. The Complete works of Voltaire are complete – in 205 volumes! – auf dem Server der Voltaire Foundation, University of Oxford.

Weblinks

Werke von Voltaire
Prosa

Histoire de Charles XII (1731) | Lettres philosophiques (1734) | Cosi-Sancta (1746) | Zadig (1747) | Le Monde comme il va (1748) | Le Siècle de Louis XIV (1751) | Micromégas (1752) | Les Deux Consolés (1756) | Essai sur les mœurs et l’esprit des nations (1756) | Histoire des voyages de Scarmentado écrite par lui-même (1756) | Songe de Platon (1756) | Candide (1759) | Femmes, soyez soumises à vos maris (1759–1768) | Histoire d’un bon bramin (1761) | Traité sur la tolérance (1763) | Ce qui plaît aux dames (1764) | Commentaires sur Corneille (1764) | Dictionnaire philosophique (1764) | Jeannot et Colin (1764) | De l’horrible danger de la lecture (1765) | Petite digression (1766) | Le Philosophe ignorant (1766) | L’Ingénu (1767) | L’Homme aux quarante écus (1768) | La Princesse de Babylone (1768) | L’Évangile du jour (1769–1780) Le Crocheteur borgne (1774) | De l’Encyclopédie (1774) | Éloge historique de la raison (1774) | Le Taureau blanc (1774) | Don Pèdre, roi de Castille (1775) | Les Dialogues d’Evhémère (1777)

Poesie

La Henriade (1723) | La Pucelle d’Orléans (1752) | Poème sur le désastre de Lisbonne (1756)

Theater

Amulius et Numitor (1706) | Œdipe (1718) | Artémire (1720) | Hérode et Mariamne (1724) | L’Indiscret (1724) | Brutus (1730) | Ériphyle (1732) | Les Originaux ou Monsieur du Cap-Vert (1732) | Zaïre (1732) | Tanis et Zélide (1733) | Adélaïde du Guesclin (1734) | Alzire (1736) | L’Enfant prodigue (1736) | La Mort de César (1736) | L’Envieux (1738) | Zulime (1740) | Mahomet der Prophet (1741) | Mérope (1743) | Thérèse (1743) | La Princesse de Navarre (1745) | Samson (1745) | Le Temple de la Gloire (1745) | Pandore (1748) | La Prude (1748) | Sémiramis (1749) | La Femme qui a raison (1749) | Nanine (1749) | Oreste (1750) | Le Duc d’Alençon ou les Frères ennemis (1751) | Alamire (1752) | Le Duc de Foix (1752) | Rome sauvée ou Catilina (1752) | L’Orphelin de la Chine (1755) | Socrate (1759) | Das Kaffeehaus oder die Schottländerin (1760) | Tancrède (1760) | L’Échange (1761) | Das Herrenrecht (1762) | Olympie (1762) | Saul (1763) | Triumvirat (1764) | Les Scythes (1766) | Charlot (1767) | Le Dépositaire (1767) | Les Guèbres ou la tolérance (1769) | Sophonisbe (Voltaire) (1770) | Les Pélopides (1772) | Les Lois de Minos ou Astérie (1773) | Irène (1778) | Agathocle (1779)

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