Markenartikel

Ein Markenartikel oder eine Markenware ist ein Sachgut, das mit einem oder mehreren Markenzeichen (meist einer Wort-Bild-Marke) versehen ist. Die Marke, auf die das Markenzeichen verweist, kann eine Herstellermarke oder eine Handelsmarke sein. Markenartikel sind sowohl unter Konsumgütern als auch unter Investitionsgütern anzutreffen.

In der Regel besitzt ein Markenartikel Eigenschaften, in denen er sich von Produkten anderer Marken charakteristisch unterscheidet (siehe Marke (Marketing)). Beim Badge-Engineering werden allerdings gleiche oder nahezu identische Markenartikel unter verschiedenen Markennamen angeboten.

Markenware ist ein Sammelbegriff für Markenartikel (als Antonym zu „markenloser / markenfreier / unmarkierter Ware“).

Abgrenzung zum Begriff „Marke (Marketing)“

Die Begriffe „Markenartikel“ und „Marke“ hängen eng zusammen, dürfen aber nicht gleichgesetzt werden:

Bei Sachgütern gilt außerdem:

Das System „Markenartikel“

Sowohl bei markenloser Ware als auch bei unbekannter Markenware können Kunden die Qualität und die Nutzen-/Schadeneffekte des Produkts oft nicht einschätzen. Allerdings mit unterschiedlichen Konsequenzen:

Markenlose Ware

Markenlose Ware muss nicht unbedingt schlechter sein als Markenware. Wird markenlose Ware (z. B. Obst, Gemüse, Pflanzen) von einem stationären oder ambulanten Händler vertrieben, dem an Stammkunden gelegen ist, kann man als Kunde unterstellen, dass der Händler beim Einkauf der Ware auf Qualität achtet, um seine Kunden nicht zu enttäuschen.

Allerdings sind Hersteller und Händler von markenloser Ware oft nur am kurzfristigen wirtschaftlichen Erfolg (der sog. „schnellen Mark“) interessiert. Nach einem getätigten Geschäft verschwinden die Händler oft unwiderruflich aus dem Blickfeld der Käufer (betrifft Teile des ambulanten Handels). Tun sie es nicht (stationärer Handel), verweisen sie bei Beschwerden der Kunden darauf, dass letzteren klar sein musste, mit dem Kauf von markenloser Ware ein Risiko einzugehen. Typisch für viele Hersteller und Händler markenloser Ware ist der Hochdruckverkauf (engl. high-pressure selling). Ihnen ist es egal, wenn die Käufer mit der Ware unzufrieden sind. Da die Hersteller für die Endkunden nicht identifizierbar sind, brauchen sie bei mangelhafter Ware keine negativen Sanktionen der Endkunden zu befürchten.

Markenartikel-Regelkreis

Als verbraucherfreundliche Alternative zu dieser „Nach uns die Sintflut“-Mentalität geht das Konzept des Markenartikels von einem Regelkreis zwischen dem Markeninhaber und den Endkunden aus: Sind die Nutzer/Verbraucher von einem Markenprodukt enttäuscht, „bestrafen“ sie den Markeninhaber mit Kaufenthaltung. Diese Rückkopplung (engl. feedback) zwingt ihn, das Markenprodukt nachzubessern, billiger anzubieten oder vom Markt zu nehmen.

Vorteile für den Kunden/Käufer

Im Einzelnen bietet ein Markenartikel seinen Kunden / Käufern zahlreiche Vorteile:

Phänomene wie diese werden von der Markenpsychologie und Markensoziologie erforscht.

Nachteile und Risiken für den Markeninhaber

Für den Inhaber einer Marke ist ein Markenartikel mit etlichen Nachteilen und Risiken verbunden:

Ist ein Markenartikel (bzw. eine Marke) erfolgreich am Markt etabliert, bietet er (bzw. sie) den Kunden / Käufern und auch den übrigen Beteiligten der Absatzkette (d. h. Herstellern, Händlern) Vorteile.

Vorteile und Chancen für den Markeninhaber

Aus der strategischen Entscheidung eines Herstellers oder Händlers, einen Markenartikel zu produzieren bzw. zu handeln, erwachsen dem Markeninhaber auch Vorteile und Chancen. Wäre der Hersteller oder Händler nicht davon überzeugt, dass die positiven Effekte die negativen überwögen, würde er einen (wesentlich einfacher zu handhabenden) markenlosen Artikel auf den Markt bringen.

Im Einzelnen eröffnen sich dem Markeninhaber folgende Chancen und Vorteile:

Seitens der Käufer setzt dies sowohl Markenbewusstsein als auch Markenvertrauen voraus.

Vorteile und Chancen für den Handel

Auch der Handel profitiert von der Treue der Kunden zu einem Markenartikel bzw. einer Markenware:

Qualität des Markenartikel-Regelkreises

Das Vertrauen der Kunden in die Zuverlässigkeit eines Markeninhabers ist jedoch nur gerechtfertigt, wenn der Regelkreis zwischen dem Markeninhaber und den Endkunden funktioniert. Dieser Regelkreis beruht darauf, dass ein Markeninhaber, dessen Produkt die Erwartungen nicht erfüllt, den Vertrauensentzug der Endkunden so bald und so deutlich zu spüren bekommt (Rückkopplung), dass er das Markenprodukt entweder nachbessert, den (überhöhten) Preis an die niedrige Qualität anpasst oder den Markenartikel vom Markt nimmt. Diese Rückkopplung funktioniert umso besser, je mehr die folgenden Bedingungen gegeben sind:

Besonderheiten im Absatz

Zur besonderen Verantwortung eines Markenartikel-Herstellers gehört, dass die Endkunden den Markenartikel so erwerben, dass sie

Bei der Erreichung dieser Ziele unterstützen viele Markenartikel-Hersteller den Handel, beispielsweise durch Werbung oder Maßnahmen zur Verkaufsförderung.

Bei beratungsintensiven Markenartikeln schränken die Hersteller die Distribution oft auf den Fachhandel ein. Verbunden ist dies in der Regel mit Schulungen der Fachverkäufer durch den Hersteller.

Auch verfolgen Hersteller und Händler von Markenartikeln nicht immer gemeinsame Interessen. Als Reaktion auf diese Zielkonflikte wählen Markenartikel-Hersteller oft den Direktvertrieb ihrer Produkte an die Endkunden unter Umgehung des Handels. Dies geschieht auf folgende Weise:

Der Direktvertrieb hat für die Hersteller (oft auch für die Kunden) mehrere Vorteile. So können die Hersteller

Geschichte des Markenartikels

Die Geschichte des Markenartikels ist auch eine Geschichte des Markendenkens und der Markenkonzepte.

Marken sind so alt wie der überregionale Handel im Altertum. Bereits im ägyptischen, griechischen und römischen Reich gehörten erste Markierungen zum Handelsgeschehen. Künstler signierten ihre Werke und auf Produkten befanden sich Werkstattzeichen als Ausdruck für besondere Qualität.

Im Mittelalter wurden Herkunfts-, Eigentums- und Zunftzeichen gebraucht, um die Identifizierung des Herstellers einer Ware oder des Handelshauses zu ermöglichen. Ausgesprochene Markenqualität entwickelten zuerst die Wechsel mit dem Indosso besonderer Handelsherren oder -häuser. Namentlich die von Handelshäusern verwendeten Markenzeichen, ihre meist mit einem (Qualität und Zuverlässigkeit bekräftigenden) Kreuzsymbol versehenen Haus- und Hofmarken kennzeichnen den Anfang der gewerblichen Warenmarkierung.

In der Neuzeit wurde die kommerzielle Bedeutung der strategischen Markenbildung schon frühzeitig beispielsweise von Josiah Wedgwood (Porzellanmanufaktur in England) im 18. Jahrhundert erkannt. Dies waren jedoch damals nur vereinzelte Erscheinungen. In Deutschland gehören Farina gegenüber (seit 1709) und Meißener Porzellan (seit 1710) zu den ältesten Markenartikeln. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das Konzept der Marke zu einem weit verbreiteten Phänomen.

Als Folge der Industrialisierung und der damit einhergehenden Massenproduktion standardisierter Produkte sowie aufgrund der zunehmenden Distanz zwischen Hersteller und Konsument entstanden viele noch heute bekannte Marken, wie zum Beispiel Maggi (1887) und Persil (1907). Unter ihnen war auch die von John Pemberton erfundene Coca-Cola, die als anregendes Kopfschmerz- und Nervenmittel (auch gegen Depressionen) angepriesen wurde. Später sprang das Markenkonzept auf alle möglichen Haushaltsprodukte über: Tee, Kaffee, Seifen, Waschmittel, Schuhcreme, Zigaretten und so weiter. Firmen wie Kellogg’s, Heinz, Cadbury, Henkel, Lever Bros. und Procter & Gamble hatten eine Blütezeit.

Seit den 1950er Jahren haben sich Marken parallel zum Bedeutungswachstum von Marketing insgesamt kontinuierlich weiterentwickelt. Während zunächst Herstellermarken dominierten, gewannen in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre Handelsmarken zunehmend an Bedeutung. Diese führten in den 1970er und 1980er Jahren zunächst zu einer zunehmenden preislichen Markenpolarisierung in Luxus- und Billigmarken. Seit den 1990er Jahren haben sich die Handelsmarken durch den Einsatz modernen Markenmanagements und psychostrategischer Markenausrichtung bei hohem Qualitätsbewusstsein profilieren und etablieren können. Sie decken heute ein breites Artikelspektrum ab, von Gattungsmarken bis hin zu sog. Premiummarken.

Die Entwicklung hin zur Dienstleistungsgesellschaft und die zunehmende Globalisierung seit den 1980er Jahren spiegelten sich im Bedeutungszuwachs von Dienstleistungsmarken bzw. internationalen Marken wider. Seit den 1990er Jahren sind Weltmarken (Dachmarken) zwar auf Grund des Fusions- und Übernahmebooms auf dem Vormarsch; nach grenzüberschreitenden Firmenübernahmen werden aber zahlreiche etablierte Einzelmarken nur nachlässig weitergepflegt und gehen unter.

Verselbstständigung von Markenartikel-Namen im Sprachgebrauch

Manche Markenartikel-Namen sind im Bewusstsein der Gesellschaft zum Inbegriff einer Produktgattung geworden. Sie werden in der Alltagssprache oft dann verwendet, wenn dem Sprecher unklar ist, welche Marke in der konkreten Situation wirklich vorliegt. Klassische Beispiele sind „4711“ (für Kölnisch Wasser, 1881), „Odol“ (für Mundwasser, 1895), „Nivea“ (für Hautcreme, 1911), „Tempo“ (für Papiertaschentuch, 1929), „UHU“ (für Alleskleber, 1932) oder „Tesa“ (für transparentes Klebeband, 1936).

Ähnlich verhält es sich mit dem Begriff „einwecken“. Er fand 1907 in den Duden Eingang und geht auf einen Markenartikel zurück, der im Volksmund als „Einweckglas“ bekannt ist. Einkochgläser der Firma „J. Weck u. Co.“ (Wehr-Öflingen) genossen seinerzeit eine Alleinstellung am Markt. Sie waren mit der Wortmarke „J. WECK“ (1906) gekennzeichnet, die auf den (1902 ausgeschiedenen) Firmengründer Johann Carl Weck verwies.

Dienstleistungen als „Markenartikel“

Im übertragenen Sinne können auch Dienstleistungen (also nicht-materielle Wirtschaftsgüter) als Markenartikel verstanden werden. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn anhand von Markenzeichen erkennbar ist, wer der „Lieferant“ (Auftragnehmer) der Leistung ist (weitere Einzelheiten: siehe Dienstleistungsmarke).

In diesem Sinne vermarkten auch bekannte Persönlichkeiten (z. B. Künstler, Sportler) ihr wirtschaftliches Potential ähnlich einem Markenartikel mit Hilfe eines Managers aus dem Musik- oder Sportmanagement oder durch eine Agentur (= Persönlichkeitsmarketing, engl. personality marketing). Der Name der Person steht hierbei für den Markennamen, die charakteristischen Merkmale der Person für die Marke (= Persönlichkeitsmarke, engl. branded personality). – Ähnlich agieren freie Mitarbeiter, die an der Verlängerung eines Auftragsverhältnisses interessiert sind: Um sich von eventuellen Mitbewerbern abzugrenzen, stellen sie gegenüber dem bisherigen Auftraggeber ihre besonderen Fähigkeiten und Qualitäten heraus (siehe auch Selbstmarketing).

Missbrauch des Markenartikel-Prinzips

Ursprünglich genoss der Begriff „Markenartikel“ einen guten Ruf bei den Verbrauchern, stand er doch für verlässliche Qualität („Markenqualität“) im Vergleich zu Waren unbekannter Herkunft.

Mit der Flut von Markenartikeln versuchen jedoch „Trittbrettfahrer“ unter den Herstellern, durch die bloße Verwendung eines Markenzeichens von der positiven Konnotation des Begriffs „Markenartikel“ zu profitieren, ohne das historisch gewachsene Grundvertrauen der Verbraucher in das Markenartikel-Prinzip durch „Markenqualität“ zu rechtfertigen. Dadurch hat der Begriff „Markenartikel“ viel von seinem „Nimbus“ eingebüßt.

Heute gelten Markenartikel längst nicht mehr per se als vertrauenswürdig. Es bedarf in jedem Einzelfall einer Prüfung durch die Verbraucher oder eine anerkannte Verbraucherschutzorganisation, ob und inwieweit das Preis-Leistungs-Verhältnis des betreffenden Markenartikels stimmig ist oder ob gegebenenfalls vom Kauf des Markenartikels abzuraten ist. In Deutschland haben insbesondere die Stiftung Warentest und das Öko-Institut seit Jahren den empirischen Nachweis erbracht, dass aus Verbrauchersicht der Nimbus der generellen Überlegenheit von „Markenartikeln“, d. h. von Herstellermarken über Handelsmarken, nicht gerechtfertigt ist.

Hinzu kommen zahllose Fälle von Markenfälschung. Hersteller versehen minderwertige, aber mit dem Original zum Verwechseln ähnliche Produktkopien in betrügerischer Absicht mit fremden, angesehenen Markenzeichen. Dies geschieht unter Verletzung des Markenrechts und evtl. weiterer Urheberrechte, was für den ahnungslosen Laien oft kaum erkennbar ist. Unter Irreführung der Käufer, die sich im guten Glauben wiegen, ein originales Markenprodukt zu erwerben, streichen diese Hersteller mit dieser Methode ungerechtfertigte Umsätze und gegebenenfalls Gewinne ein.

Variation der Quantität, Qualität

Markenartikel werden mitunter in verschiedenen Verkaufsstellen oder Ländern in unterschiedlichen Packungsgrößen angeboten, oft an einer Verkaufsstelle mehrere Größen nebeneinander – z. B. Riegel. Mangels direktem Nebeneinander-Vergleich ist das Abschätzen der Inhaltsmenge schwierig. Zum typisch höheren Stück-Preis in der Gastronomie, auf Tankstellen kommt oft noch die kleinere Packungsgröße dazu.

Markenartikler betonen zwar gleichbleibende Qualität, doch werden Qualitäten doch über längere Zeiten betrachtet geändert, um veränderten und regional unterschiedlichen Geschmack zu treffen, veränderte Gesetze einzuhalten, andere Rezepturen und Herstellungsverfahren zu ermöglichen. Ungarn kritisieren 2017, dass Markenprodukte in ihrem Land in geringerer Qualität oder Menge angeboten werden als in Österreich.

Siehe auch

Literatur

Allgemeine Darstellungen

Absatz von Markenartikeln

Psychologie des Markenartikels

Markensoziologie

Geschichte des Markenartikels

Einzelnachweise

  1. Hans-Otto Schenk: Funktionen, Erfolgsbedingungen und Psychostrategie von Handels- und Gattungsmarken, in: Manfred Bruhn (Hrsg.): Handelsmarken im Wettbewerb; 2. Aufl., Stuttgart 1997, S. 71–96.
  2. Eintrag der Wortmarke „J. WECK“ im Kaiserlichen Patentamt (Eintragung 13. November 1906, Registernummer 92192)
  3. Hans-Otto Schenk: Qualitäts-Preis-Relationen von Herstellermarken und Handelsmarken. Eine empirische Überprüfung anhand von Warentestergebnissen. In: Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, Heft 2/1980, S. 129–145.
  4. Gleiche Marke in Ungarn schlechter als in Österreich? orf.at, 21. Februar 2017, abgerufen 21. Februar 2017.
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