Nikolaus Pevsner

Sir Nikolaus Bernhard Leon Pevsner, CBE, FBA (geboren 30. Januar 1902 in Leipzig; gestorben 18. August 1983 in London; Pseudonym Peter F. R. Donner) war ein deutsch-britischer Kunsthistoriker, der sich besonders der Architekturgeschichte widmete und aus Hitler-Deutschland emigrierte.

Leben

Nikolaus Pevsner wurde als Sohn des russisch-jüdischen Einwanderers und Pelzkaufmanns Hugo Pevsner und seiner Frau Anna in Leipzig geboren, sein Vater starb 1940, seine Mutter verübte 1941 angesichts der drohenden Deportation in ein Vernichtungslager Suizid. Er wuchs in großbürgerlichen Verhältnissen auf, die Familie bewohnte im Musikviertel in Leipzig eine 27-Zimmer-Wohnung. Nach dem Abitur an der Thomasschule zu Leipzig 1921 studierte er Kunstgeschichte bei Heinrich Wölfflin an der Universität München, bei Adolph Goldschmidt an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin und bei Rudolf Kautzsch an der Universität Frankfurt a. M. und wurde 1924 bei Wilhelm Pinder an der Universität Leipzig mit der Dissertation über die Leipziger Barock-Architektur zum Dr. phil. promoviert. 1940 widmete er seinem Doktorvater und Freund sein Buch über Kunstakademien.

Gedenktafel am Haus Schwägrichenstr. 11, Leipzig

An das Studium anschließend arbeitete er von 1924 bis 1928 als Assistent an der Dresdner Gemäldegalerie und im Kupferstichkabinett Dresden. Danach habilitierte er sich bei Georg Vitzthum von Eckstädt zum Thema „Die italienische Malerei vom Ende der Renaissance bis zum ausgehenden Rokoko“. Er lehrte von 1929 bis 1933 mit Wolfgang Stechow als Privatdozent Kunst- und Architekturgeschichte an der Universität Göttingen. Es folgten Studienreisen in das Vereinigte Königreich, so forschte er 1935 an der Universität Birmingham. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland 1933 emigrierte er 1934 nach England, wo er 1946 die britische Staatsbürgerschaft erwarb.

Zunächst arbeitete er als Einkäufer und Berater für die Möbel- und Kunstgewerbefirma Gordon Russell. 1939 wurde er als Deutschstämmiger im Internierungslager für Zivilisten Huyton untergebracht. Von 1943 bis 1946 arbeitete er neben Hubert de Cronin Hastings als Mitherausgeber der Architectural Review in London. Pevsner war von 1959 bis 1969 Professor am Birkbeck College der University of London. Von 1949 bis 1955 wirkte er auf der „Slade Professorship of Fine Art“ der University of Cambridge und von 1968 bis 1969 an der University of Oxford. Außerdem war er von 1950 bis 1955 Fellow des St John’s College in Cambridge und 1955 Reith Lecturer der BBC.

Blue plaque“ in Hampstead

Seine Erhebung in den britischen Adelsstand 1969 ist als bemerkenswert zu betrachten, da an eingewanderten Kunsthistorikern sonst nur Ernst Gombrich diese Ehre zuteilwurde. Darüber hinaus war er Ehrendoktor der University of Leicester, der University of York, der University of Leeds, der University of Oxford, der Universität Zagreb und der University of Edinburgh.

Weltbekannt wurde Pevsner durch sein 46-bändiges Werk The Buildings of England (von 1951 mit Cornwall bis 1974 mit Staffordshire) beim Penguin-Verlag von Allen Lane, erweitert weitergeführt als Pevsner Architectural Guides, jetzt bei Yale University Press. Mehrere dieser Bände wurden auch erneut in durchgesehener und veränderter Form aufgelegt. Ab 1953 gab er die Reihe Pelican History of Art heraus. Diese Handbücher wurden durch ähnliche Reihen von Georg Dehio (Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler) und Fritz Burger (Handbuch der Kunstwissenschaft) in Deutschland inspiriert. Pevsner schrieb zahlreiche Studien zur Kunst- und besonders zur Architekturgeschichte, die zu den Klassikern des Faches gerechnet werden. 1941 übernahm er nach dem Tod von Elizabeth Senior die Herausgeberschaft der von 1939 bis 1959 geführten Reihe King Penguin Books.

Pevsner hat sich um die Rettung der Viktorianischen Architektur verdient gemacht und trug zur Wiederentdeckung des vergessenen Designers Christopher Dresser bei, der wegweisend für den Jugendstil und den Funktionalismus war.

Er war seit 1923 mit Karola „Lola“ Kurlbaum, Tochter des Rechtsanwalts beim Reichsgericht Alfred Kurlbaum, verheiratet und hatte mit ihr drei Kinder: Helga verheiratete Hodgson, Thomas (Tom) und Dietrich (Dieter). Pevsner verstarb 1983 im Londoner Stadtteil Hampstead. Er ist auf dem Friedhof der St Peter Church in Clyffe Pypard, Wiltshire beigesetzt.

Auszeichnungen

Darstellung Pevsners in der bildenden Kunst

Veröffentlichungen (Auswahl)

Literatur

Weblinks

Commons: Nikolaus Pevsner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gottlieb Tesmer, Walther Müller: Ehrentafel der Thomasschule zu Leipzig. Die Lehrer und Abiturienten der Thomasschule zu Leipzig 1912–1932. Im Auftrag des Thomanerbundes, Selbstverlag, Leipzig 1934, S. 39.
  2. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 188.
  3. Dr. Nikolaus Pevsner und Frau | Bernhard Kretzschmar | Bildindex der Kunst & Architektur - Bildindex der Kunst & Architektur - Startseite Bildindex. Abgerufen am 10. Juli 2022. 
  4. Burcu Dogramaci: Visual Pleasures from Everyday Things. In: Metromod Archiv. Ludwig-Maximilians-Universität München, 1. Mai 2021, abgerufen am 17. April 2023 (englisch). 
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