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Eine politische Farbe ist eine Kennfarbe, die eine bestimmte politische Ausrichtung und damit eine politische Partei (als Parteifarbe), politische Bewegung oder Ideologie repräsentieren soll. Oft sind für die Parteifarbe nicht die aktuellen politischen Positionen ausschlaggebend, sondern die historische Tradition der Partei. Auf internationaler Ebene verwenden Parteien mit ähnlichen Ideologien oft dieselben Farben. Das gilt unter anderem für die Farbe Rot, die für sozialdemokratische, sozialistische und kommunistische Parteien verwendet wird[1], die Farben Schwarz und Blau, die oft konservative Parteien repräsentieren[2] und die Farbe Grün, die meist den Parteien der grünen Politik, den sogenannten grünen Parteien, zugeordnet wird.[3]
Wahlergebnisse, Wahlanalysen und die Sitzverteilung in einem Parlament werden oft mit einem Säulendiagramm oder Kreisdiagramm dargestellt. Dabei wird für jede Partei eine Farbe verwendet. Diese Farben sind nicht immer eindeutig und stimmen auch nicht immer mit den international üblichen Farben für die politischen Ideologien überein.
Von den großen Parteien werden die folgenden Farben benutzt:
Blau wird von liberalen und konservativen Parteien verwendet.
Der Liberalismus hat historisch keine einheitliche Farbgebung. So waren in den 1870er Jahren in Großbritannien gebietsweise Blau, Lila und Orange die Farben des Liberalismus oder anderswo die des Konservatismus.[4] Aber auch Gelb wird mit Liberalismus assoziiert, beispielsweise schon sehr früh in Schottland.[5] Es steht insbesondere für Libertarismus,[6][7][8] so zum Beispiel auch bei der Gelbwestenbewegung.
Blau-Gelb dagegen hat seinen Ursprung eher in der Personalisierung im Marketing ohne bekannten historischen Rückgriff (erstmals eingesetzt 1972 im Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg von der Werbeagentur Baums, Mang und Zimmermann für die deutsche FDP) und ist deshalb im Gegensatz zu Gelb allein keine politische Farbkombination.[9]
Grau ist zwar keine politische Farbe, wird aber traditionell in den USA häufig unabhängigen oder sezessionistischen Bewegungen oder Parteien zugeschrieben[10] oder für parteilose Politiker verwendet. Auch in Deutschland ist Grau keine politische Farbe. Zwar wird Grau mit der Haarfarbe der Parteimitglieder Die Grauen assoziiert,[11] im Design der Partei sind jedoch Magenta und etwas Blau und Gelb die bestimmenden Farben.
Grün steht für Parteien, die den Fokus auf Umweltschutz legen. Zurückzuführen ist dies auf die Assoziation von Farbe mit Natur und Vegetation. Aus demselben Grund verwenden auch viele Bauernparteien Grün. Auch islamische Parteien verwenden Grün.[6]
Orange gilt historisch als eine der Farben konservativer Parteien,[4] insbesondere für Christdemokratische Parteien in Amerika und Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, die an der katholischen Soziallehre oder (neo-)calvinistischen Lehren anknüpfen,[12][13] auch wenn sich in Deutschland und Österreich Schwarz dafür durchgesetzt hat. Manche bürgerliche und/oder (rechts-)populistische Parteien in ganz Europa wählen diese Farbe, die auch für Bürger- und Protestbewegungen steht, wie z. B. die Orange Revolution in der Ukraine. Außerdem gilt Orange als die Farbe der humanistischen Bewegungen und Initiativen und wird deshalb von humanistischen Parteien übernommen.[14]
Die Farbe Rot ist schon seit langer Zeit ein Zeichen für Anspruch auf Herrschaft. Sie wurde zum ersten Mal als Zeichen der Emanzipation auf den Mützen der Jakobiner während der französischen Revolution im 18. Jahrhundert benutzt. Arbeiter der Seidenindustrie demonstrierten in roten Farben bei den Arbeiteraufständen von Lyon. In Deutschland fand die rote Flagge im Revolutionsjahr 1848 zum ersten Mal Gebrauch, wurde jedoch mit der Zeit von der schwarz-rot-goldenen Flagge als stark national geprägtes Emanzipationssymbol abgelöst.
In der Vergangenheit hatte die Farbe Schwarz mehrere politische Bedeutungen, oft für Anarchismus, aber auch für Faschismus.[6] So war der schwarze Stern seit Beginn der Neuzeit Symbol für den Anarchismus.
Ebenso nutzten faschistische Bewegungen in Italien Schwarz und schwarze Hemden als einheitliches Symbol.
Während Schwarz in Deutschland traditionell als Farbe der vom Katholizismus geprägten konservativen CDU/CSU gilt, sowie die der ÖVP in Österreich, verwenden Volksparteien die Farbe außerhalb des deutschen Sprachraums eher selten.
Obwohl Weiß keine traditionelle politische Farbe ist, wird sie von pazifistischen Parteien verwendet, in Analogie zur weißen Fahne, die im Krieg die Kapitulation anzeigt.[6] Weiß steht für die Farbe der Monarchien, so gilt in Deutschland Schwarz-Rot-Gold als „Antithese zur Monarchie“[15] und die französische Trikolore als angebliche Verbindung zwischen Monarchie und Volk.[16] Weiß ist eine christliche Liturgische Farbe und gilt in der Politik als alternative Farbe zu Schwarz.[17] Sie symbolisiert die historischen christdemokratischen Parteien in Italien.
Im Europäischen Parlament sind aktuell (seit der letzten Europawahl 2019) sieben Fraktionen vertreten. In den meisten Medien werden ihnen folgende Farben zugeordnet:[18][19][20]
Besondere Darstellungen
In der Wikipedia wird Renew Europe in Gelb dargestellt. Einige Medien verwenden stattdessen die Farbe Magenta.[21][22]
Die Sitzverteilung der Fraktionen des Europäischen Parlaments sieht in der deutschsprachigen Wikipedia (Diagramm links) und anderen Wikipedias (Bild rechts) wie folgt aus:
Die Fraktionen des Europäischen Parlaments werden üblicherweise aus einer oder zwei europäischen politischen Parteien gebildet, deren Abgeordnete aus verschiedenen nationalen politischen Parteien und verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union kommen. Die Abgeordneten einer nationalen politischen Partei im Europäischen Parlament müssen dort nicht alle zur selben Fraktion gehören. Die Zusammensetzung einer Fraktion ändert sich oft nach einer Europawahl. Die Fraktion Renew Europe, die 2019 gegründet wurde, entstand aus dem Zusammenschluss von Abgeordneten der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, der Europäischen Demokratischen Partei, der Partei La République en Marche in Frankreich und anderen Parteien.
Farben gelten in Deutschland nach wie vor als politische Wegweiser, allerdings reduzieren sie die Komplexität der politischen Praxis. Allgemein wird kritisiert, die politische Farbenlehre sei nicht mehr stimmig, weil die Einheit von Ideologie und Partei auseinander falle. Es entsteht eine undurchsichtige Situation, „welche die Parteien und ihre Marketingstrategen teilweise damit beantworten (und verstärken), dass sie sich öffentlich mit neuen, ergänzenden Leitfarben präsentieren“, um die wachsende Zahl politisch nicht festgelegter Wähler zu erreichen.[23]
Aktuell (seit der letzten Wahl 2021) sind sechs Fraktionen im wichtigsten Parlament, dem Deutschen Bundestag, vertreten. In den Medien werden sie bei Wahlergebnissen, Wahlanalysen (zum Beispiel Hochrechnungen oder Wahlprognosen) und der Sitzverteilung im Bundestag weitgehend übereinstimmend mit folgenden Farben dargestellt.[24][25][26]
Die Unionsparteien (Union) bilden im Deutschen Bundestag eine Fraktionsgemeinschaft. Bei den Landtagswahlen und der Sitzverteilung in den Landesparlamenten wird die Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) meist in Schwarz und die Christlich-Soziale Union in Bayern (CSU) meist in Blau dargestellt. In einigen Medien ist die Farbe der CDU ebenfalls Blau.[27] Die Kennfarbe der CSU ist manchmal auch Grau.[28]
Die AfD verwendet seit ihrer Gründung im Jahr 2013 Blau als Parteifarbe. Sie hat auch nach innerparteilichen Machtkämpfen und politischen Neuausrichtungen die Farbe Blau beibehalten (siehe Alternative für Deutschland – Essener Parteitag und erste Parteispaltung 2015 und Alternative für Deutschland – Zweite Parteispaltung 2017).
Die Sitzverteilung der politischen Fraktionen im Bundestag sieht in der deutschsprachigen Wikipedia (Diagramm links) und anderen Wikipedias (Bild rechts) wie folgt aus:
Im Deutschen Bundesrat ist außerdem die Partei Freie Wähler vertreten. Sie hat meist die Kennfarbe Orange oder Blau.[28][29]
Seit 1863 war Rot die Farbe des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins und später Traditionsfarbe der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Während des Verbotes der SPD gingen staatliche Behörden gegen rote Fahnen und Banner strafrechtlich vor. Nach dem Ersten Weltkrieg benutzte die SPD die Farbe Rot nur noch intern, da der aufflammende Kommunismus, von dem sich die SPD distanzierte, mit dieser Farbe in Verbindung gebracht wurde.
In der vom Kommunismus geprägten DDR gehörten rote Banner zum Alltag. Aufgrund dessen wurde die Farbe Rot in der Bundesrepublik, auch wegen der nationalsozialistischen Vergangenheit, nur noch dezent eingesetzt.
Derzeit gebrauchen die SPD und die Partei Die Linke bevorzugt die Farbe Rot für ihre Außendarstellung.
Derzeit wird in Deutschland unter den „Schwarzen“ die Christlich Demokratische Union Deutschlands beziehungsweise deren Sympathisanten verstanden. Die CSU wird in der Fraktionsgemeinschaft oft gemeinsam mit der CDU in Schwarz dargestellt. In Deutschland gilt die Farbe Schwarz als Farbe des bürgerlichen Konservatismus. Diese Tradition reicht zurück bis in die Zeit des Kulturkampfs, im Deutschen Kaiserreich: In Anspielung auf die schwarzen Talare der katholischen Priesterschaft und insbesondere der politisch einflussreichen Jesuiten, wurden die Anhänger des politischen Katholizismus von ihren Gegnern jeder Couleur als „Schwarze“ tituliert. Dies übertrug sich auf die Anhänger und Vertreter der Zentrumspartei, die, bis zu ihrer Selbstauflösung am 5. Juli 1933, eine katholische Milieupartei war. Später wurde der Begriff „Schwarze“ generell als Synonym für Bürgerlich-Konservative verwendet, unabhängig von ihrer Konfession.[30]
Die Jugendorganisation der Partei, die Junge Union (JU), begann 2004, ein Markenzeichen aus der Farbe Schwarz aufzubauen, indem sie eine Kampagne mit dem Slogan „Black is beautiful“ startete. Die Farbe Schwarz steht neben Trauer und Depressionen für Stärke und Kraft, jene beiden Eigenschaften, mit denen sich die Christdemokratische Partei Deutschlands identifizieren möchte.
Auch in Deutschland wird die Farbe Grün der grünen Partei Bündnis 90/Die Grünen sowie allgemein grüner Politik und grünen Parteien zugeordnet. In Bayern bildeten bei der Landtagswahl 1978 die Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher (AUD), die Grüne Aktion Zukunft (GAZ) und die Grüne Liste Bayerns ein Wahlbündnis, das sich erstmals den Namen Die Grünen gab.[3] Im Jahr 1993 schlossen sich die westdeutsche Partei Die Grünen und die ostdeutsche Partei Bündnis 90 zur gesamtdeutschen Partei Bündnis 90/Die Grünen zusammen.[31][32]
In der Weimarer Republik verwendete die nationalsozialistische Sturmabteilung braune Hemden, die anfangs aus Restbeständen der deutschen Schutztruppen in den Kolonien kamen. Rechtsextreme Parteien in der Bundesrepublik Deutschland wie DVU, NPD und Republikaner verwenden, oder verwendeten, selbst kein Braun, sondern Rot (NPD) oder Schwarz-Rot-Gelb (DVU, Republikaner), werden aber aus historischen Parallelen dennoch mit der Farbe Braun assoziiert. Eine „braune Ideologie“ oder „braune Gesinnung“ steht in der Gegenwart umgangssprachlich für eine nationalsozialistische oder dem Nationalsozialismus ähnliche politische Einstellung.
Die wichtigsten politischen Parteien in Österreich, die aktuell (seit der letzten Wahl 2019) mit mindestens einem Sitz im österreichischen Nationalrat vertreten sind, werden in den Medien bei der Darstellung von Wahlergebnissen, Wahlanalysen (zum Beispiel Hochrechnungen oder Wahlprognosen) und der Sitzverteilung im Nationalrat weitgehend übereinstimmend mit folgenden Farben dargestellt:
Die meistens übliche Farbe für die ÖVP war lange Zeit Schwarz. Im Wahlkampf zur Nationalratswahl 2017 wurde unter dem Bundesparteiobmann (Parteivorsitzenden) Sebastian Kurz und späteren österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz Türkis neue politische Farbe der ÖVP vorgestellt[34][35], die seitdem auch von vielen Medien übernommen wurden[36][37][38][39] (siehe auch: Österreichische Volkspartei – Ära Kurz: „Die neue Volkspartei“ – Koalition mit FPÖ und die Grünen). Die Farbe Türkis wird seit 2017 auch in der Wikipedia verwendet, wie folgendes Wahldiagramm zeigt:
In einigen Medien wird die ÖVP weiterhin in Schwarz dargestellt.[41] Die übliche Farbe der FPÖ ist weiterhin Blau, obwohl unter dem Bundesparteiobmann Jörg Haider seit 1986 eine politische Neuausrichtung der Partei stattgefunden hat (siehe auch: Freiheitliche Partei Österreichs – Profilierung unter Jörg Haider).
Die wichtigsten politischen Parteien in der Schweiz, die aktuell (seit der letzten Wahl 2019) mit mindestens einem Sitz im Schweizer Nationalrat vertreten sind, werden in den Medien bei der Darstellung von Wahlergebnissen, Wahlanalysen und der Sitzverteilungen in der Bundesversammlung (Nationalrat und Ständerat) weitgehend übereinstimmend mit folgenden Farben dargestellt:
Bis auf einige kleinere farbliche Abweichungen besteht eine relativ große Übereinstimmung bei der Darstellung der Parteifarben in den Medien.[42][43][44] Die Schweizerische Volkspartei wird meist in Dunkelgrün, die Grünliberale Partei meist in Hellgrün oder Gelbgrün dargestellt, so auch in der deutschsprachigen Wikipedia. Nach dem Zusammenschluss der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) und der Bürgerlich-Demokratischen Partei (BDP) zur Partei Die Mitte im Jahr 2021 sieht die Sitzverteilung der Parteien im Nationalrat wie folgt aus:
Für die Grünliberale Fraktion wird stattdessen manchmal auch Violett verwendet.[45]
Die Parteien, die nach der Parlamentswahl in Frankreich 2017 in der Nationalversammlung vertreten sind, werden meist mit folgenden Farben dargestellt:[46][47][48]
Die Parteien, die nach der britischen Unterhauswahl 2019 im House of Commons vertreten sind, werden meist mit folgenden Farben dargestellt:[49][50][51]
Die zwei großen Parteien in den Vereinigten Staaten sind die Demokratische Partei, die in Blau dargestellt wird, und die Republikanische Partei, die in Rot dargestellt wird. Die anderen Parteien spielen nur eine untergeordnete Rolle, weil bei den amerikanischen Präsidentschaftswahlen, den Wahlen zum Senat und den Wahlen zum Repräsentantenhaus jeweils ein Mehrheitswahlrecht gilt.