Tilde

Ãã Ĩĩ Ññ Õõ

Die Tilde (~) (spanisch tilde, portugiesisch til, von lateinisch titulus ‚Überschrift‘, ‚Überzeichen‘) ist ein Schriftzeichen in Form einer aus zwei gleich großen Buchten gebildeten waagerechten Wellenlinie. Das Zeichen dient als Satzzeichen, als diakritisches Zeichen sowie als Symbol in einigen Fachsprachen.

Zwei Tilden übereinander bilden das Ungefähr-Zeichen (≈).

Bedeutungen und Verwendung

Als diakritisches Zeichen

Als diakritisches Zeichen dient die Tilde zur Kennzeichnung einer besonderen Aussprache oder Betonung eines Buchstabens. Sie ist eine kleine Wellenlinie, wobei der Bogen zuerst nach oben geht, dann nach unten. Im Internationalen Phonetischen Alphabet (IPA) gibt es folgende Tilden:

Zeichen Beschreibung Bedeutung IPA-Nummer Unicode-Nummer Beispiel
◌̃ in Verbindung mit einem darunter befindlichen Lautsymbol nasal 424 U+0303 ,
◌̰ einem Lautsymbol unterstellt (Tilde unten) Glottalisierung 406 U+0330 ,
◌̴ das Lautsymbol bedeckend velarisiert oder pharyngalisiert 428 U+0334 ​​

Als obengestelltes Zeichen beschreibt sie nach IPA eine Nasalis, meist bei Vokalen. Im Mittellatein und Mittelhochdeutschen bezeichnet sie als ñ den Doppelbuchstaben „nn“. Auch die altgriechische Perispomene kann – unter anderem – als Tilde geschnitten werden. Heute kommt die Tilde unter anderem im Spanischen, im Portugiesischen, im Baskischen und im Estnischen vor (siehe Ñ). Als Tonzeichen über vietnamesischen Vokalen bezeichnet sie den unterbrochenen steigenden Ton.

Als Akzentzeichen wird das Zeichen – hier auch als „Schlange“ gelesen – in der Mathematik und Physik verwendet für:

Als Schriftsymbol

Mathematische Operatoren und technische Zeichen

Als eigenständiges Zeichen wird die Tilde in der Mathematik und der Physik verwendet:

Computerbezogene Verwendungen:

Als Abkürzungssymbol

Zur Abkürzung als Auslassungszeichen oder Ersatzsymbol:

Computerbezogene Verwendungen:

(Beispiel: Ist der eigene Benutzername gisela, so steht ~ für das Verzeichnis /home/gisela – üblicherweise ist /home das Verzeichnis, das die Benutzerverzeichnisse enthält); (Beispiel: Wird ~konrad angegeben, steht es i. d. R. für das Verzeichnis /home/konrad). Entsprechend kopiert der Befehl cp entwurf.txt ~ die Datei entwurf.txt ins eigene Benutzerverzeichnis und der Befehl cp entwurf.txt ~konrad die Datei ins Benutzerverzeichnis von konrad (Berechtigung vorausgesetzt). (Beispiel: Die unter Windows 98 erstellte Datei Rechnung1998060316.doc wird unter MS-DOS etwa als Rechnu~1.doc dargestellt – teils zeigen auch aktuelle Medienabspielgeräte nur die 8.3-Namen an). Als Deskriptorsymbol

Computerbezogene Verwendungen:

Als Satzzeichen

Die Tilde wird gelegentlich fälschlich für das im Japanischen und in anderen ostasiatischen Sprachen ähnliche Symbol 〜 (U+301C) namens Nami dash (波ダッシュ, Nami dasshu, dt. „Wellen-Geviertstrich“) verwendet. Dieses Zeichen ersetzt den in lateinischen Schriftsystemen üblichen Geviertstrich (u. a. Gedankenstrich im Englischen) bzw. den Halbgeviertstrich (z. B. für Bis- oder Gedankenstrich im Deutschen). Es wird aber auch als spaßige Variante des Chōon verwendet, d. h., um einen humorvollen, singsangartigen Tonfall anzuzeigen.

Als eigenständiger Buchstabe

Das Afrikanische Referenzalphabet (eine 1982 konzipierte Erweiterung des lateinischen Alphabets für afrikanische Sprachen) enthält eine linearised tilde als 32. seiner 60 Buchstaben, alphabetisch vor dem „n“ eingeordnet. Sie kennzeichnet einen vorangehenden Buchstaben als nasal. Durch die Gestaltung als vollwertiger Buchstabe (der auch wie andere Kleinbuchstaben die volle x-Höhe einnimmt) wurde einem der Konstruktionsprinzipien des Alphabets, nämlich keine Diakritika verwenden zu müssen, Rechnung getragen. Da das Alphabet unikameral ist (also keine Großbuchstaben kennt), ist keine Versalform angegeben. Der Buchstabe ist in keine aktuelle Orthografie übernommen und ist auch nicht in Unicode enthalten (Stand 2020, Unicode Version 13).

Rechtliche Bedeutung

Gibt ein Versicherungsnehmer für sein mutmaßlich durch Diebstahl abhanden gekommenes Kraftfahrzeug gegenüber dem Versicherer nach der Frage des exakten Kilometerstandes „100.000 km“ an und stellt dieser Angabe eine Tilde voran, macht er damit deutlich, dass es sich um eine Schätzung handelt. Abweichungen von bis zu 10 % zur tatsächlichen Laufleistung des Fahrzeuges lassen in solchen Fällen keinen Rückschluss auf eine Täuschungsabsicht des Versicherungsnehmers zu.

Darstellung auf dem Computer

Zeichensätze

Diakritische Zeichen

In den Zeichensätzen der ISO-8859-Familie kommen ausgewählte Zeichen mit Tilde vor; ISO 8859-1 enthält Ãã,Ññ,Õõ.

Unicode enthält

und kann beliebige Zeichen mit Tilde durch Nachstellen einer kombinierenden Tilde (die drei IPA-Zeichen sowie einige weitere) darstellen. Sie befinden sich im Unicodeblock Kombinierende diakritische Zeichen (0300–036F).

Satzzeichen und andere Zeichen

Im Zeichensatz ASCII kommt das Zeichen «~» vor, es steht auf Codenummer 126, Unicode U+007E.

Unter Windows wird sie bei einem deutschsprachigen Tastaturlayout durch die Kombination der Tasten Alt Gr und + (Schweiz: ^) geschrieben. Unter Mac OS erzeugt man dieses Zeichen durch die Tastenkombination Alt+N und unter Linux durch Alt Gr++; wird anschließend die Leertaste gedrückt, wird eine einzelne Tilde erzeugt, das anschließende Tippen eines Buchstabens (z. B. n) ergibt den Buchstaben mit Tilde (ñ).

Weitere Tildenzeichen:

TeX und LaTeX

TeX und LaTeX können beliebige Zeichen mit Tilde darstellen. Es gibt dazu zwei verschiedene Befehle

Für das ASCII-Zeichen ~ (kleine Tilde, hochgestellt) empfiehlt sich mit LaTeX2e der Befehl \textasciitilde – in plain TeX und LaTeX2.09 muss es mit \~{} umschrieben werden. Die große Tilde ~ wird hingegen mit \sim (im mathematischen Modus) kodiert.

Das Tilde-Zeichen selbst ist auch ein Befehl in LaTeX: Es erzeugt ein geschütztes Leerzeichen.

Eingabe

Mit der deutschen Standard-Tastaturbelegung T2 wird das Zeichen als Alt Gr+i eingegeben. Diese Kombination wirkt als Tottaste, d. h., ist vor dem Grundbuchstaben einzugeben.

Mit der deutschen Schweizer Standard-Tastaturbelegung wird das Zeichen als Alt Gr+` eingegeben. Um diese Aktion zu bestätigen, muss noch ein Leerschlag (resp. space) betätigt werden.

Mit der deutschen Standard-Tastaturbelegung unter macOS wird das Zeichen mit alt+n eingegeben. Um diese Aktion zu bestätigen, muss noch ein Leerschlag (resp. space) betätigt werden.

Windows- und Linux-Konsole-Eingabe bringt die Tilde mit alt+126.

Unter Linux Mint mit Cinnamon-Benutzeroberfläche kann die Tilde als Tottaste mit der Tastaturbelegung "Deutsch (Tilde-Akzentzeichen)" genutzt werden. Bei der default-Belegung gibt es die Tilde nicht als Tottaste, sondern nur als direktes Zeichen.

Weblinks

Wiktionary: Tilde – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Benennung und Buchstabier-Ansagewort für das diakritische Zeichen in Übereinstimmung mit DIN 5009:2022-06
  2. DIN 5008:2020-03
  3. a b Unicode Character ‘COMBINING TILDE’ (U+0303), fileformat.info
  4. a b Unicode Character ‘COMBINING TILDE BELOW’ (U+0330), fileformat.info
  5. a b Unicode Character ‘COMBINING TILDE OVERLAY’ (U+0334), fileformat.info
  6. a b DIN 1302 Allgemeine mathematische Zeichen und Begriffe
  7. Peter Acklam und Eric Weisstein: Tilde. In: MathWorld (englisch).
  8. Michael Mann, David Dalby, A Thesaurus of African Languages, London 1987, ISBN 0-905450-24-8, S. 207 (Tabelle des Alphabets), S. 210 (Erläuterung)
  9. OLG Dresden, Urteil vom 11.6.2019 – 4 U 1399/18. In: Zeitschrift für Schadensrecht. 10/19, S. 569
  10. Unicode Character ‘SMALL TILDE’ (U+02DC), fileformat.info
  11. Unicode Character ‘COMBINING NOT TILDE ABOVE’ (U+034A), fileformat.info
  12. Unicode Character ‘COMBINING VERTICAL TILDE’ (U+033E), fileformat.info
  13. Unicode Character ‘COMBINING DOUBLE TILDE’ (U+0360), fileformat.info
  14. Unicode Character ‘TILDE’ (U+007E), fileformat.info
  15. Unicode Character ‘TILDE OPERATOR’ (U+223C), fileformat.info
Lateinisches Grundalphabet

Aa  Bb  Cc  Dd  Ee  Ff  Gg  Hh  Ii  Jj  Kk  Ll  Mm  Nn  Oo  Pp  Qq  Rr  Ss  Tt  Uu  Vv  Ww  Xx  Yy  Zz 

Siehe auch: Lateinisches Schriftsystem und Liste lateinischer Alphabete