Die Verhaltensgenetik untersucht die Rolle von Genen beim Verhalten von lebenden Organismen. Diese Forschungsrichtung hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen, da sie hilft, das Zusammenwirken von Genen und Umwelt bei der Entstehung von Verhalten besser zu verstehen. In diesem Artikel soll ein Blick auf die aktuellen Erkenntnisse in der Verhaltensgenetik geworfen werden.
Gene sind die Hauptakteure, wenn es um die Entstehung von Verhalten geht. Denn jedes Verhalten, sei es ein angeborenes Verhalten wie das Fliegen von Vögeln oder das erlernte Verhalten wie das Sprechen einer Sprache, hat eine genetische Grundlage. Dabei gibt es aber nicht nur ein einziges Gen, das ein bestimmtes Verhalten auslöst, sondern meist eine Vielzahl von Genen, die zusammenarbeiten.
Aber nicht jeder Mensch hat die gleichen Gene und daher kann auch das gleiche Verhalten bei verschiedenen Menschen unterschiedlich ausgeprägt sein. Dies liegt an der genetischen Variabilität, die jeden von uns auszeichnet. Diese Unterschiede können entweder durch Mutationen entstanden sein oder sie sind das Ergebnis von Veränderungen in den Chromosomen der Elterngeneration.
Die Verhaltensgenetik hat gezeigt, dass Gene nicht allein für ein bestimmtes Verhalten verantwortlich sind. Denn auch die Umwelt hat einen großen Einfluss auf das Verhalten. So kann zum Beispiel ein bestimmtes Gen die Anfälligkeit für eine bestimmte Erkrankung erhöhen, aber ob die Krankheit tatsächlich ausbricht, hängt stark von der Umwelt ab, in der sich der Betroffene befindet.
Die meisten Verhaltensweisen sind das Ergebnis einer multifaktoriellen Vererbung. Das bedeutet, dass neben den genetischen Faktoren auch Umweltfaktoren wie Ernährung, Bildung und soziale Umstände eine Rolle spielen. Es ist daher sehr schwierig, ein bestimmtes Verhalten allein auf die Gene zu reduzieren.
Die Verhaltensgenetik hat aber nicht nur Auswirkungen auf unser Alltagsverhalten, sondern auch auf medizinische Fragen. Denn die genetische Grundlage von bestimmten Erkrankungen lässt sich aufklären, indem man die Gene untersucht, die an ihrer Entstehung beteiligt sind. Dadurch können Krankheiten früher erkannt und gezielter behandelt werden.
Ein Beispiel hierfür ist das Down-Syndrom. Bei dieser Erkrankung liegt eine Veränderung im Chromosomensatz vor: Statt zweier Chromosomen am 21. Chromosomenpaar besitzt der Betroffene drei Chromosomen. Diese Trisomie 21 ist für die charakteristischen körperlichen und geistigen Merkmale des Down-Syndroms verantwortlich.
Auch bei psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie oder Depressionen gibt es gene, die eine Rolle spielen. Die Forschung zeigt aber immer wieder, dass genetische Faktoren allein kein ausreichendes Erklärungsmodell darstellen. Auch hier spielen Umweltfaktoren eine große Rolle.
Die Verhaltensgenetik ist eine wichtige Forschungsrichtung, die uns ermöglicht, die Komplexität von Verhalten besser zu verstehen. Aber auch wenn Gene eine wichtige Rolle spielen, sind Umweltfaktoren immer mit einzubeziehen. Denn nur so können wir das komplexe Zusammenspiel von Genen und Umwelt verstehen und gezielt behandeln.