Die Epigenetik befasst sich mit Veränderungen im Erbgut, die nicht durch die DNA-Sequenz selbst verursacht werden. Vielmehr geht es darum, wie Gene durch chemische Modifikationen an den Histonen, um die DNA gewickelte Proteinkugeln, ein- oder ausgeschaltet werden können. Dadurch kann die Aktivität von Genen beeinflusst werden, ohne dass sich die DNA selbst ändern muss.
Ein wichtiger Aspekt, bei dem die Epigenetik helfen kann, Krankheiten besser zu verstehen, ist die Unterscheidung zwischen genetischer Prädisposition und tatsächlichem Ausbruch einer Krankheit. Nur weil jemand eine Veränderung in einem bestimmten Gen hat, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass diese Person an der entsprechenden Krankheit erkranken wird. Ein Beispiel dafür sind maligne Melanome, die Hautkrebs-Typen, bei denen eine hohe Prädisposition in Familien vorkommt. Aber nicht alle Menschen mit der entsprechenden genetischen Veränderung bekommen tatsächlich die Krankheit. Es ist also offensichtlich, dass auch andere Faktoren eine Rolle spielen müssen.
Eine Erklärung hierfür kann die Epigenetik bieten. Es gibt viele Umweltfaktoren, die die Aktivität von Genen beeinflussen können. Einige davon wurden bereits identifiziert, wie z.B. Ernährung, Rauchen und Stress. Daher ist es möglich, dass durch diese Faktoren Epigenetik-Veränderungen hervorgerufen werden, die tatsächlich zu einem erhöhten Risiko für bestimmte Krankheiten führen. Das Verständnis dieser Zusammenhänge könnte dazu beitragen, spezifischere Präventionsstrategien zu entwickeln und individueller zugeschnittene Prophylaxe-Tipps zu geben.
Ein weiterer Bereich, in dem die Epigenetik von Relevanz ist, ist die Krebsentstehung. Wie bereits erwähnt, können Umweltfaktoren durch Epigenetik-Veränderungen die Aktivität von bestimmten Genen beeinflussen. Infolgedessen kann es zu einer veränderten Zellteilung und damit zur Krebsentstehung kommen. Ein Beispiel dafür ist Darmkrebs. Hier wurde gezeigt, dass eine ungesunde oder einseitige Ernährung sowie ungesunde Lebensweise-Faktoren wie Rauchen zu Epigenetik-Veränderungen führen können, die die Krebsentstehung begünstigen.
Ein weiterer klinisch relevanter Aspekt sind die epigenetischen Veränderungen, die während der Metastasierung entstehen können. Es wurde bereits gezeigt, dass Gene, die bei der Metastasierung von Tumorzellen eine Rolle spielen, epigenetisch reguliert werden können. Daher könnte das Verständnis dieser Veränderungen zur Entwicklung von spezifischen Medikamenten beitragen, die die Metastasierung unterdrücken und die Prognose von Krebspatienten verbessern könnten.
Die Epigenetik kann auch helfen, neuropsychiatrische Erkrankungen besser zu verstehen. Hier haben Studien bereits gezeigt, dass z.B. eine schlechte Ernährung oder Drogenkonsum in der Schwangerschaft zu Epigenetik-Veränderungen führen kann, die sich auf die Gehirnentwicklung des ungeborenen Kindes auswirkt und somit das spätere Erkrankungsrisiko erhöht. Weitere Studien haben gezeigt, dass spezifische epigenetische Veränderungen, die bei Depressionskranken vorkommen, zu einer veränderten Hirnaktivität beitragen können.
Daher könnten Epigenetik-Veränderungen auch hier als Marker für spezifische Erkrankungen genutzt werden. So kann auch hier das Verständnis der Zusammenhänge zwischen Umwelt- und epigenetischen Faktoren dazu beitragen, patientenspezifischere und damit effektivere Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln.
Die Epigenetik ist ein spannendes Forschungsgebiet, das viele Einblicke in Krankheitsmechanismen ermöglicht. Die Kenntnis epigenetischer Veränderungen und ihr Zusammenhang mit Umweltfaktoren können dazu beitragen Krankheitsmechanismen besser zu verstehen und spezifischere Prophylaxe- oder Behandlungsmethoden zu entwickeln. Obwohl das Wissen über Epigenetik in den letzten Jahren stark gewachsen ist, gibt es noch viel zu entdecken und zu erforschen. Die Arbeit in diesem Bereich wird also sicherlich in den kommenden Jahren zu weiteren Fortschritten führen.