Daniel Kahneman (hebräisch דניאל כהנמן ; * 5. März 1934 in Tel Aviv; † 27. März 2024) war ein israelisch-US-amerikanischer Psychologe und Hochschullehrer, der 2002 mit Vernon L. Smith den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt. Die zugrundeliegende ausgezeichnete Prospect Theory entwickelte er mit Amos Tversky.
Daniel Kahneman entstammt einer jüdisch-litauischen Familie, die mehrere namhafte Rabbiner hervorgebracht hatte. Anfang der 1920er Jahre wanderten seine Eltern aus Litauen nach Frankreich aus. Daniel Kahneman wurde in Tel Aviv geboren, als seine Mutter dort Verwandte besuchte. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht im Juni 1940 floh die Familie aus Paris in die unbesetzte Zone Frankreichs, nach Juan-les-Pins. Als deutsche Truppen am 11. November 1942 auch diese Zone besetzten, versteckte sich die Familie in Cagnes-sur-Mer und schließlich in einem Dorf bei Limoges.
1946 wanderte Kahneman nach Palästina aus. Er studierte Psychologie und Mathematik an der Hebräischen Universität Jerusalem. Nach den Examina im Jahre 1954 leistete er seinen dreijährigen Wehrdienst in der israelischen Armee, die ihn anschließend als Psychologen einstellte, um Tests zur Auswahl von Offizierbewerbern zu entwickeln. Ab 1958 studierte er Psychologie an der University of California und wurde 1961 promoviert. Von 1961 bis 1978 lehrte er an der Hebräischen Universität Jerusalem und von 1978 bis 1986 an der University of British Columbia; von 1986 bis 1994 war er Professor an der University of California, Berkeley. Seit 1993 hatte er die Eugene-Higgins-Professur für Psychologie an der Woodrow Wilson School für öffentliche und internationale Angelegenheiten der Princeton University inne.
Kahneman war in erster Ehe mit der Erziehungspsychologin Irah Kahneman verheiratet. Seine zweite Ehe mit der Kognitionspsychologin Anne Treisman bestand von 1978 bis zu ihrem Tod im Jahr 2018. Kahneman hatte vier Kinder. Er starb am 27. März 2024 im Alter von 90 Jahren.
Bekannt wurden vor allem seine Arbeiten zu Urteilsheuristiken und kognitiven Verzerrungen. Steven Pinker nannte Kahneman den „wichtigsten lebenden Psychologen“.
Daniel Kahneman und Amos Tversky legten die Grundlagen der Verhaltensökonomik. Sie entwickelten die Prospect Theory, um menschliche Urteile bei wirtschaftlichen Entscheidungen realistischer als im traditionellen Kosten-Nutzen-Modell und als Homo oeconomicus zu modellieren. Ein Framing-Effekt sorgt dafür, dass Entscheidungen abhängig von äußeren Einflüssen getroffen werden: Bei der Wahl zwischen zwei Programmen gegen eine bedrohliche Seuche wurde einmal formuliert: Ein Programm rettet sicher 200 Menschen, das andere mit einer Wahrscheinlichkeit von zwei Dritteln alle 600. Die meisten waren für das erste Programm. Anders wurde formuliert: Bei einem Programm sterben 400 Personen, beim anderen mit einer Wahrscheinlichkeit von einem Drittel kein einziger. Die meisten wollten das zweite Programm. Die Schlussfolgerung ist: Die Menschen fürchten Verluste mehr, als dass sie Gewinne wertschätzen.
Galten Kahneman und Tversky an der Hebräischen Universität anfangs als Rivalen, so legte sich das im Jahr 1969. Danach saßen sie häufig zusammen in einem Seminarraum. Tverskys Ehefrau sagte später, jene Beziehung sei intensiver gewesen als eine Ehe.
2012 nahm er Stellung zur Reduplikationskrise der Sozialpsychologie, die eingetreten war, als viele Studien sich als nicht replizierbar erwiesen, und schlug ein Redupliationskarussell vor.
In einem Interview erklärte Kahneman 2013 den Gegensatz seines Ansatzes zur Chicagoer Schule und dass es darauf ankomme, ein Umfeld zu schaffen, „das einerseits die persönliche Freiheit gewährleistet und andererseits die Leute dazu bringt, Entscheidungen zu treffen, die sie später nicht bereuen“.
2015 wurde Kahneman von der Wochenzeitschrift The Economist auf Rang 7 der weltweit einflussreichsten Ökonomen geführt.
1969: Ragnar A. K. Frisch, Jan Tinbergen | 1970: Paul A. Samuelson | 1971: Simon S. Kuznets | 1972: John R. Hicks, Kenneth J. Arrow | 1973: Wassily Leontief | 1974: Gunnar Myrdal, Friedrich August von Hayek | 1975: Leonid W. Kantorowitsch, Tjalling C. Koopmans | 1976: Milton Friedman | 1977: Bertil Ohlin, James E. Meade | 1978: Herbert A. Simon | 1979: Theodore W. Schultz, Sir Arthur Lewis | 1980: Lawrence R. Klein | 1981: James Tobin | 1982: George J. Stigler | 1983: Gérard Debreu | 1984: Richard Stone | 1985: Franco Modigliani | 1986: James M. Buchanan Jr. | 1987: Robert M. Solow | 1988: Maurice Allais | 1989: Trygve Haavelmo | 1990: Harry M. Markowitz, Merton H. Miller, William F. Sharpe | 1991: Ronald H. Coase | 1992: Gary S. Becker | 1993: Robert W. Fogel, Douglass C. North | 1994: John C. Harsanyi, John F. Nash Jr., Reinhard Selten | 1995: Robert E. Lucas | 1996: James A. Mirrlees, William Vickrey | 1997: Robert C. Merton, Myron S. Scholes | 1998: Amartya Sen | 1999: Robert A. Mundell | 2000: James J. Heckman, Daniel L. McFadden | 2001: George A. Akerlof, A. Michael Spence, Joseph E. Stiglitz | 2002: Daniel Kahneman, Vernon L. Smith | 2003: Robert F. Engle III, Clive W. J. Granger | 2004: Finn E. Kydland, Edward C. Prescott | 2005: Robert J. Aumann, Thomas C. Schelling | 2006: Edmund S. Phelps | 2007: Leonid Hurwicz, Eric S. Maskin, Roger B. Myerson | 2008: Paul Krugman | 2009: Elinor Ostrom, Oliver E. Williamson | 2010: Peter A. Diamond, Dale T. Mortensen, Christopher A. Pissarides | 2011: Thomas J. Sargent, Christopher A. Sims | 2012: Alvin E. Roth, Lloyd S. Shapley | 2013: Eugene F. Fama, Lars Peter Hansen, Robert J. Shiller | 2014: Jean Tirole | 2015: Angus Deaton | 2016: Oliver Hart, Bengt Holmström | 2017: Richard H. Thaler | 2018: William D. Nordhaus, Paul Romer | 2019: Abhijit Banerjee, Esther Duflo, Michael Kremer | 2020: Paul Milgrom, Robert B. Wilson | 2021: David Card, Joshua Angrist, Guido Imbens | 2022: Ben Bernanke, Douglas W. Diamond, Philip Dybvig | 2023: Claudia Goldin
Normdaten (Person): GND: 124127487 | LCCN: n81055169 | NDL: 001124250 | VIAF: 104274679 |Personendaten | |
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NAME | Kahneman, Daniel |
ALTERNATIVNAMEN | דניאל כהנמן (hebräisch) |
KURZBESCHREIBUNG | israelisch-US-amerikanischer Psychologe, Träger des Alfred-Nobel-Gedächtnispreises für Wirtschaftswissenschaften |
GEBURTSDATUM | 5. März 1934 |
GEBURTSORT | Tel Aviv |
STERBEDATUM | 27. März 2024 |