Deutsche Zentrumspartei

Die Deutsche Zentrumspartei (Kurzbezeichnung DZP, früher Z und Zentrum) ist eine deutsche Partei. Ihre größte Bedeutung hatte sie zwischen 1871 und 1933, zur Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik. Sie war die Partei der Katholiken und des politischen Katholizismus im stark protestantisch dominierten Deutschen Reich. Zwischen 1917 und 1932 stellte die Zentrumspartei viermal den Reichskanzler.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Partei wieder gegründet. Auf Grund der Konkurrenz durch die CDU als überkonfessioneller Sammlungspartei konnte sie an frühere Wahlergebnisse nicht mehr anknüpfen. Bis 1957 war sie noch mit wenigen Abgeordneten im Deutschen Bundestag vertreten, bis 1958/59 in den Landtagen von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Sie ist seitdem als Kleinpartei aktiv, vor allem aber in der Kommunalpolitik. Durch Übertritte war sie von Januar bis August 2022 wieder im Bundestag, von Juni 2022 bis September 2023 auch im Europäischen Parlament vertreten.

Profil

Das Zentrum versteht sich als eine christlich, sozial und konservativ orientierte Partei in Deutschland. Die Ziele sind laut übereinstimmender Aussage aller Flügel und Vorstände der Partei, die „freiheitlich-demokratische Grundordnung zu erhalten und auszubauen“, eine weltweite Friedenspolitik zu fördern und ein Europa zu schaffen, das sozial ausgeglichen und als Konföderation eigenständiger Staaten aufgebaut ist, dies alles unter dem Leitsatz „im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen“, der der Präambel des Grundgesetzes (GG) entnommen ist.

Die Zentrumspartei versteht sich als Partei, die jegliche radikalen Tendenzen, sowohl von rechts als auch von links, ablehnt. Die Programmatik soll inhaltlich ausgewogen, werteorientiert und differenziert sein. Die Programmatik steht heute auf der Basis des am 4. Oktober 2008 neu beschlossenen Grundsatzprogrammes. Im Gegensatz zu früher sind Mitglieder und Wähler der Partei heute nicht mehr ausschließlich katholisch. Das Zentrum war Mitglied der Europapartei European Christian Political Movement (ECPM).

Die Zentrumspartei spricht sich gegen jede Form des Schwangerschaftsabbruchs aus. Sie hat sich außerhalb ihrer eigentlichen politischen und Wahlkampfarbeit mit der Lebensrechtsbewegung vernetzt und bediente sich dabei unter Verantwortung ihres damaligen Bundesvorsitzenden Woitzik teilweise provozierender Methoden. Inzwischen schreibt die Partei auf ihrer Homepage, man halte den „geltenden, rechtlichen Rahmen“ für geeignet und stimme damit überein.

Geschichte

→ Hauptartikel: Geschichte der Deutschen Zentrumspartei

Ende 1870 bzw. Anfang 1871 schlossen sich katholische Abgeordnete im Reichstag und im preußischen Abgeordnetenhaus zu Fraktionen mit dem Namen Zentrum zusammen. Die Partei entwickelte sich zur stärksten oder zweitstärksten (erst nach den Liberalen, dann nach den Sozialdemokraten) im Kaiserreich. In der Weimarer Republik war sie eine der republiktragenden Parteien der Weimarer Koalition. Sie stimmte unter Druck dem Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 zu und löste sich am 5. Juli 1933 auf. Im Jahr 1945 wurde sie wieder gegründet, konnte sich aber gegenüber der konfessionsübergreifenden CDU nicht behaupten.

Im Bundestag war sie von 1949 bis 1957 vertreten, beteiligte sich aber nicht an den christlich-liberal-konservativen Regierungen Adenauers. Landtagsabgeordnete hatte sie in NRW und Niedersachsen (bis 1959). Teilweise war sie auch in den Landesregierungen vertreten. Seitdem ist sie eine Kleinpartei, die nur vereinzelt in kommunale Volksvertretungen gelangen konnte.

Organisation

Bundesvorstand

Vorsitzender Christian Otte
Stellvertretende Vorsitzende Andreas Erkes
Dirk Horhäuser
Schatzmeister Hans-Joachim Woitzik
Generalsekretärin Marina Hübgens
Geschäftsführer Heiner Bäther
Beisitzer Wolfgang Hübgens

Volker Körlin

Joachim Hügging

Andreas Maherr

Wolfgang Krause

Ferner gehören dem Bundesvorstand der Zentrumspartei laut Satzung auch die Vorsitzenden der einzelnen Landesverbände an.

Landesverbände

Es existieren derzeit vier Landesverbände. Der Landesverband Nordrhein-Westfalen entstand am 10. Mai 2008 durch den Zusammenschluss der beiden Landesverbände Rheinland und Westfalen-Lippe. Außerdem existieren mit Neuss, Düsseldorf und Cloppenburg-Vechta als gemeinsamer Kreisverband insgesamt drei Kreisverbände. Hinzu kommen mehrere Orts- und Stadtverbände in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Andere Landesverbände wie z. B. Bayern, dessen Vertreter 2004 an der Europawahl teilgenommen haben, haben sich inzwischen wieder aufgelöst.

Landesverbände und deren Vorsitzende
Landesverband Vorsitzender
(Stand: 27. März 2024)
Baden-Württemberg vakant
Hessen vakant
Niedersachsen Niedersachsen Sergei Meier
Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen Christian Otte

Mandate

Siehe auch: Geschichte der Deutschen Zentrumspartei#Wahlergebnisse

Europäisches Parlament

Am 10. Juni 2022 trat der ehemalige Vorsitzende der Alternative für Deutschland, Jörg Meuthen, der Zentrumspartei bei. Mit ihm war sie erstmals im Europäischen Parlament vertreten. Im September 2023 erklärte Meuthen im Einvernehmen mit dem Parteivorsitzenden wieder seinen Austritt aus der Partei.

Deutscher Bundestag

Von Januar bis August 2022 war der aus der AfD ausgetretene Bundestagsabgeordnete Uwe Witt Mitglied der Zentrumspartei, sodass diese erstmals seit 1957 wieder im Bundestag vertreten war.

Kommunale Mandate

Das Zentrum ist mit je einem Mandat in den Kreistagen des Rhein-Kreises Neuss und des Landkreises Cloppenburg vertreten. In Dormagen hat sie drei sowie in Korschenbroich und in Cloppenburg einen Sitz im Stadtrat. Des Weiteren hat die Partei vier Sitze im Rat der Gemeinde Molbergen. Die Sitze in den Stadträten von Mönchengladbach und Neuss gingen 2014 verloren, die Sitze im Stadtrat von Meerbusch und in Kaarst mit der Wahl 2020. Von 2022 bis 2023 war die Partei mit drei Mandaten, deren Träger für die AfD gewählt wurden, im Rat der Stadt Mönchengladbach vertreten.

Literatur

Weblinks

Commons: Deutsche Zentrumspartei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Der Bundesvorstand. In: zentrumspartei.de. Abgerufen am 19. April 2021. 
  2. Severin Weiland: Meuthens Zentrumspartei darf nicht zur Niedersachsen-Wahl antreten. Spiegel 34/2022, Online vom 19. August 2022
  3. Florian Schillat: Mäßiges Interesse an Meuthen: Ex-AfD-Chef beschert seiner neuen Partei kaum Neumitglieder. In: stern.de. 18. Juni 2022, abgerufen am 20. Juni 2022. 
  4. Satzung der Zentrumspartei, Abschnitt 1, § 4@1@2Vorlage:Toter Link/www.zentrumspartei.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2023. Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 507 kB).
  5. Grundsatzprogramm. In: zentrumspartei.de. Abgerufen am 11. Juni 2022. 
  6. Holocaust verharmlost – „Abtreibung macht frei“: Kölner Buchhandlung leistet sich grobe Geschmacklosigkeit. Focus, 19. September 2018
  7. Scheinbare Pizza-Werbung zeigt zerstückelte Embryonen. Süddeutsche Zeitung, 24. November 2017, abgerufen am 15. Oktober 2022
  8. Abtreibungsgegner verteilen ekliges Pizza-Flugblatt in München. In: tz.de. 27. November 2017, abgerufen am 11. Juni 2022. 
  9. Rechtliche Schritte vorbehalten. Erzbistum Köln distanziert sich von Anti-Abtreibungsaktion. In: domradio.de. 27. Juni 2018, abgerufen am 29. Juni 2018: „Über einem Foto einer Abtreibungsklinik ist der Schriftzug „Abtreiben macht frei“ zu lesen – in Anlehnung an die Aufschrift „Arbeit macht frei“ über dem Tor des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau.“ 
  10. Antworten auf typische Beitrittsfragen – Religion, Abtreibung, Wahrung der Parteiwerte. Informationen auf der Homepage der Partei vom 7. Oktober 2022, abgerufen am 15. Oktober 2022
  11. Petra Schiffer: Dormagen: Zentrum will bei Landtagswahl antreten. In: ngz-online.de. 12. Mai 2008, abgerufen am 28. Februar 2015. 
  12. Deutsche Zentrumspartei Kreisverband Cloppenburg-Vechta. Abgerufen am 14. November 2018 (Facebook-Seite des Zentrum-Kreisverbands Cloppenburg-Vechta). 
  13. Wolf Siegert: Wer die Wahl hat... Day by Day, 13. Juni 2004
  14. Die Landesverbände. 11. Mai 2022, abgerufen am 27. Mai 2022. 
  15. Ex-AfD-Chef Meuthen in Zentrumspartei gewechselt. In: zdf.de. Abgerufen am 10. Juni 2022. 
  16. Ex-AfD-Chef Jörg Meuthen verlässt Zentrum und räumt Scheitern ein. 8. September 2023, abgerufen am 8. September 2023. 
  17. Zentrumspartei erstmals seit 1957 wieder im Bundestag vertreten. In: zeit.de. 18. Januar 2022, abgerufen am 11. Juni 2022. 
  18. Tilman Steffen: Meuthen verschärft Krise der Zentrumspartei. Zeit Online, 23. August 2022, abgerufen am 23. August 2022. 
  19. Ratswahl – Kommunalwahlen 2020 in der Stadt Dormagen – Gesamtergebnis. Stadt Dormagen, archiviert vom Original; abgerufen am 14. September 2020. 
  20. CDU-FDP-Zentrum Gruppe. Stadt Cloppenburg, abgerufen am 22. November 2022. 
  21. Bürgermeister / Gemeinderat – Gemeinde Molbergen. Abgerufen am 14. September 2020. 
  22. Redaktion: Alle Mitglieder aus AfD-Ratsfraktion ausgetreten – Fortführung als „Zentrumsfraktion“. In: LokalKlick.eu. 30. Juni 2022, abgerufen am 23. August 2022. 
  23. Rat der Stadt Mönchengladbach auf der städtischen Website, abgerufen am 9. August 2022
VDParteien in der Bundesrepublik Deutschland in Parlamenten


Im Deutschen Bundestag:
durch Wahl:

Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) | Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) | Bündnis 90/Die Grünen (Grüne) | Freie Demokratische Partei (FDP) | Alternative für Deutschland (AfD) | Christlich-Soziale Union in Bayern (CSU) | Die Linke | Südschleswigscher Wählerverband (SSW)

durch Übertritte:

Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)

Weitere im Europäischen Parlament:
durch Wahl:

Freie Wähler | Familie | ÖDP | Die PARTEI | Piraten | Volt

durch Übertritte:

BD

Weitere in Landesparlamenten:
durch Wahl:

BVB/Freie Wähler

durch Übertritte:

BfTh

Ehemals vertreten:
durch Wahl:

AFB | BDV | BGL | BIW | BP | Bündnis 90 | CVP | DDU | DemP | DG | DJ | DKP | DKP-DRP | DP | DPS | DRP | DSP | DSU | DVP | DVU | FDV | GB/BHE | GDP | KPD | KPS | NPD | NF | NU | REP | RSF | Schill | SHB | SPS | SRP | STATT | SVP | Tierschutzpartei | VBH/HB | VL | WAV | WdF | Zentrum

durch Übertritte:

ADPM | Blaue | BMV | Bündnis C | Direkte | DL | DS | DFU | FAKT | FBU | FDVP | Die Föderalen | FP Deutschlands | FVP | GVP | Graue | GAZ | LD | LKR | Mut | NRP | NLA | Regenbogen | SVP | Vereinigte Rechte

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