Dietmar Aichele

Dietmar Aichele (* 19. Juli 1928 in Stuttgart; † 7. Mai 1996) war ein deutscher Botaniker, Pädagoge und Sachbuchautor. Neben seiner Lehrtätigkeit an Gymnasien in Stuttgart und Böblingen verfasste er zahlreiche weit verbreitete Werke zur Pflanzenbestimmung („Was blüht denn da?“) und weitere Naturführer.

Leben und Wirken

Jugend und Studium

Dietmar Aichele kam am 19. Juli 1928 in Stuttgart zur Welt und wuchs auf in der Gemeinde Ehningen bei Böblingen (Kreisstadt des Landkreises Böblingen). Sein Vater war Lehrer in Ehningen und der spätere Rektor der Volksschule. Dietmar Aichele besuchte ab 1939 das Goldberg-Gymnasium in Sindelfingen. Noch nicht 16-jährig wurde er gegen Ende des Zweiten Weltkrieges als Flakhelfer abkommandiert. Nach dem Neubeginn im Frühjahr 1946 trat er in die 7. Klasse (heute 11. Klasse) der Oberschule in Böblingen ein und bestand 1948 das Abitur mit hervorragenden Ergebnissen in den Naturwissenschaften und Sprachen. Seinem ursprünglichen Wunsch Arzt zu werden stand eine Verletzung am linken Auge entgegen. Daher trug er sich für das Studium der Naturwissenschaften (Biologie, Chemie, Geologie/Geografie) an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen ein.

Schon zuvor war sein botanisches Interesse erwacht, weshalb er sich schwerpunktmäßig der mitteleuropäischen Flora und der Pflanzensoziologie widmete. Schon bald war er auf botanischen Exkursionen als Spezialist gefragt. Im Sommer 1950 wurde ihm von seinem Professor Walter Zimmermann eine Doktorarbeit angetragen, verbunden mit einer halben Hilfsassistentenstelle. Damit verbunden waren beispielsweise Gruppenführungen bei botanischen Exkursionen und die Leitung von Bestimmungsübungen. Im Frühjahr 1954 promovierte Dietmar Aichele mit der Arbeit „Die Taxonomie der Gattung Pulsatilla, Sektion Pulsatilla“ und legte fast zeitgleich das erste Staatsexamen für den Höheren Schuldienst ab.

Berufliche Laufbahn

Um die Zeit bis zum Beginn seines Referendariats zu überbrücken, bewarb er sich 1954 beim Kosmos Verlag (Franckh‘sche Verlagshandlung) in Stuttgart um eine ausgeschriebene Assistenzstelle. Dort wurde ihm die Modernisierung des botanischen Sortiments übertragen, das vor allem auf den Arbeiten von Alois Kosch und Wilhelm Johannes Fischer beruhte. Seine knapp neunmonatige fruchtbare Zusammenarbeit legte den Grundstein für seine spätere Autorenschaft im Bereich der populärbotanischen Werke und seine enge Verbundenheit mit dem Verlag. Jahrzehntelang saß er im Redaktionsbeirat der Zeitschrift Kosmos (Schwerpunkt: Moose und Gefäßpflanzen).

Seinen Beruf als Gymnasiallehrer übte er mit großer Begeisterung und allseits geschätzt bis zu seiner Pensionierung 1991 aus. Zuerst war er am Karls-Gymnasium Stuttgart tätig. In kürzester Zeit erfolgten die Ernennungen zum Studienrat und Oberstudienrat, später Gymnasialprofessor. 1965 wurde er Fachberater für Biologie und sein Aufgabenpensum wuchs, vor allem in den Bereichen Lehrplanarbeit, Prüfungsabnahmen und Lehrerfortbildung. Um einen kürzeren täglichen Schulweg zu haben, ließ er sich 1976 an das seinem Wohnsitz Ehningen näher gelegene Otto-Hahn-Gymnasium in Böblingen versetzen.

Privates

1964 heiratete Dietmar Aichele die Biologin Renate Eyrich aus Stuttgart-Vaihingen, tätig am dortigen Fanny-Leicht-Gymnasium. Sie und die gemeinsame Tochter Ortrun, die die ärztliche Laufbahn einschlug, unterstützten ihn nach Kräften bei der Bewältigung der vielen Aufgaben, arbeiteten an seinen Werken mit und steuerten auch viele Fotos bei.

In seiner knappen Freizeit widmete er sich neben seiner Familie und dem großen Hausgarten bevorzugt der Pflanzenfotografie, dem Angelsport und Reisen in den mitteleuropäischen Raum.

Botaniker und Sachbuchautor

Dietmar Aichele war mit Leib und Seele Botaniker und immer auf dem neuesten Stand der Systematik und Taxonomie. Daher arbeitete er bei der Kartierung der mitteleuropäischen Pflanzenwelt und bei der Biotopkartierung in Baden-Württemberg mit. Aichele sah seine Aufgabe aber vor allem darin, seine Kenntnisse auch interessierten Laien außerhalb der Schule oder Hochschule in verständlicher Form weiterzugeben, zum Beispiel bei Vorträgen und Exkursionen in Ortsvereinen von Naturschutzverbänden, Volkshochschulen und natürlich durch die Veröffentlichung seiner zahlreichen Pflanzenbücher.

Für den Kosmos Verlag schrieb er weit über zwanzig Titel oder war Mitverfasser und lieferte vielfach auch die passenden Fotos dazu. Schwerpunktmäßig ist da die Überarbeitung des weit verbreiteten Blütenpflanzen-Bestimmungsbuches von Alois Kosch „Was blüht denn da?“ zu nennen. Das Werk ermöglicht es, die Pflanzen nach Blütenfarbe und Blütenform zu bestimmen. Dieser Bestseller wurde von Dietmar Aichele von 1965 und der 31. Auflage an über 30 Jahre lang erweitert und neu verfasst. Dabei entstand eine langjährige Zusammenarbeit mit der wissenschaftlichen Grafikerin Marianne Golte-Bechtle, die die Ausgabe von 1973 erstmals mit 600 farbigen handgemalten Abbildungen versehen hatte. Der Klassiker erschien bis 2005 und der 57. Auflage unter dem Namen von Dietmar Aichele. Danach traten Margot und Roland Spohn an seine Stelle.

Zusammen mit seiner Frau Renate, dem seit langen Jahren befreundeten Biologen Heinz-Werner Schwegler (1929–2021) und dessen Frau Anneliese veröffentlichte Dietmar Aichele zahlreiche weitere Naturführer, die mehrfach aufgelegt wurden.

Die Krönung seines Schaffens aber war, nach fast 30-jähriger Vorbereitungszeit, das fünfbändige Werk „Die Blütenpflanzen Mitteleuropas“, das er gemeinsam mit Heinz-Werner Schwegler verfasste und auch viele Naturfotografien dazu lieferte. Das reich bebilderte Jahrhundertwerk, wie der Kosmos-Verlag es bezeichnete, umfasst einen Einführungsband und vier Bestimmungsbände mit insgesamt über 2700 Seiten und 2400 abgebildeten Pflanzenarten. Marianne Golte-Bechtles Illustrationen sind dabei zahlreich vertreten. Auch dieses Werk richtet sich in erster Linie an den botanisch interessierten Laien.

Dietmar Aichele konnte das Erscheinen des fünften Bandes im Jahr 1996 gerade noch miterleben. Am 7. Mai 1996 verstarb er überraschend an einem Herzinfarkt. Er war gerade dabei, das Manuskript der 56. Auflage von „Was blüht denn da?“, die 1997 erschien, im Franckh-Kosmos Verlagshaus in Stuttgart abzugeben.

Veröffentlichungen (Auswahl)

Literatur

Weblinks

Wikispecies: Dietmar Aichele – Artenverzeichnis

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Heinz-Werner Schwegler: Dietmar Aichele – Nachrufe. In: Jahreshefte der Gesellschaft für Naturkunde in Württemberg e. V. 152. Jahrgang. Stuttgart 15. Dezember 1996, S. 285–287. 
  2. a b Von nicht verklungener Wirkung – Die Franckh-Kosmos Verlagsgeschichte im Spiegel der Zeit (200 Jahre Kosmos Verlag). Kosmos, Stuttgart 2022, ISBN 978-3-440-17561-3, S. 162–164. 
  3. a b 175 Jahre Kosmos: Broschüre zum 175-jährigen Verlagsjubiläum. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1997, S. 8–9. 


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