Eidgenössische Abschiede

Eidgenössische Abschiede waren Abschiede (französisch recès, départ), die den Gesandten der Tagsatzung der Alten Eidgenossenschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft bis zur Gründung des Bundesstaates 1848 am Ende der Tagsatzung oder Konferenz ausgehändigt wurden, woher der Begriff stammt. Die Abschiede der alten Eidgenossenschaft hatten keine Gesetzeskraft oder Zwangsgewalt. Sie dienten den Abgeordneten dazu, ihren Regierungen den Inhalt der Beratungen zu übermitteln. Ähnliche Memoranden bestanden bei den Drei Bünden, den Walliser Zehnden und beim Reichstag.

Geschichte

Die eidgenössischen Abschiede sind ebenso alt wie die Tagsatzungen selbst und gehen auf das erste Viertel des 14. Jahrhunderts zurück. Ihre ursprünglich sehr einfache Ausgestaltung wurde im Laufe der Zeit vervollkommnet. Die Abschiede wurden grundsätzlich nicht gedruckt und waren geheim. Gesandte erhielten zum Teil nur Abschriften der Geschäfte, die ihren Stand interessierten. In der Alten Eidgenossenschaft hatte die Tagsatzung keine ständige Kanzlei, sondern bediente sich zur Abfassung und Verteilung der Abschiede der Kanzleien der verschiedenen Tagsatzungsorte. Diese Kanzleien erstellten Listen der Abgeordneten und chronologische Register, archivierten Beilagen wie Verträge, politische Briefwechsel sowie Jahresrechnungen, namentlich der gemeinen Herrschaften. Im Gegensatz zu Reichstagsabschieden wurden die eidgenössischen weder gesiegelt noch unterschrieben.

Ab 1803

Förmliche Abschiede waren auch üblich während der Mediation (1803–1813), der Restauration (1815–1830) und Regeneration (1830–1848), als sie gedruckt wurden. Die Protokolle der Tagsatzungen von 1814 bis 1848, redigiert vom eidgenössischen Kanzler und vom eidgenössischen Staatsschreiber, bildeten die authentische Grundlage des damaligen eidgenössischen Rechts und – im Zweifelsfall – seiner Interpretation. Jeder Kanton besitzt davon eine vollständige Sammlung in französischer und deutscher Sprache. Die Sammlung des Bundesarchivs enthält ausserdem die Berichte der Kommission, die Akkreditierungen der Abgeordneten, die Instruktionen der Kantone und die allgemeine Korrespondenz.

Archivierung

Die Abschiede werden in den Staatsarchiven verschiedener Kantone aufbewahrt, etwa:

Die in Altdorf gesammelten Abschiede fielen 1799 dem Brand des Urner Staatsarchivs zum Opfer. Das Archiv der Tagsatzungen von 1803 bis 1813 befindet sich im Bundesarchiv; Abschriften werden auch in den Archiven der 19 damals zur Schweiz gehörenden Kantone aufbewahrt.

Edition

Amtliche Sammlung der ältern Eidgenössischen Abschiede von Band 8, publiziert 1856

Ab 1852 wurden die Regesten der Abschiede der alten Eidgenossenschaft unter der Leitung des Bundesarchivs ediert. Diese Amtliche Sammlung der ältern Eidgenössischen Abschiede beruht auf den Ausfertigungen der Abschiede und Jahresrechnungen, die den Kompilatoren zur Verfügung standen oder herangezogen wurden. Ergänzungen wurden zum Teil zusammengetragen, aber nicht gedruckt.

Abschiede

Literatur

Weblinks

Wikisource: Eidgenössische Abschiede – Verzeichnis der Editionen und Digitalisate

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k l m Catherine Santschi: Abschiede. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 3. Mai 2012., übersetzt aus dem Französischen von Gertraud Gamper
  2. a b c d e f Andreas Würgler: Die Tagsatzung der Eidgenossen. Politik, Kommunikation und Symbolik einer repräsentativen Institution im europäischen Kontext 1470–1798. Bibliotheca Academica, Epfendorf 2013, ISBN 978-3-928471-86-2, Quellen, S. 63–81. 
  3. Walther Merz: Repertorium des Aargauischen Staatsarchivs. 1. Teil: Der bernische Aargau und die Grafschaft Baden. Aarau 1935, 2. Eidgenössische Abschiede, S. 192–194 (Alteidgenössisches Archiv). 
  4. Emil Welti: Die eidgenössischen Abschiede des aargauischen Staatsarchives (= Argovia, Jahresschrift der Historischen Gesellschaft des Kantons Aargau. 3/4, Jhg 1862/1863). 1864, S. 322–346. 
  5. André Salathé (Bearbeiter): Staatsarchiv des Kantons Thurgau Beständeübersicht. Frauenfeld 2015, 7’0 Eidgenössische Tagsatzung 1713–1797, S. 167–168. 


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