Florian G. Mildenberger

Florian Georg Mildenberger (* 3. Oktober 1973 in München) ist ein deutscher Medizinhistoriker. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung in Stuttgart.

Leben

Florian Mildenberger wuchs in Schondorf am Ammersee sowie in München auf. Er machte 1993 Abitur, absolvierte seinen Wehrdienst bei den Führungstruppen des Heeres in Donauwörth und Pöcking und studierte von 1994 bis 1998 in München, London und Berlin Neuere Geschichte, Geschichte Osteuropas und Politikwissenschaften. Parallel hospitierte er im Institut für Rechtsmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, um sich medizinische Zusammenhänge anzueignen. Im Rahmen dieser Tätigkeit fasste Mildenberger den Entschluss, sich künftig auf die Geschichte und Theorie der Medizin zu konzentrieren. In seiner Freizeit engagierte er sich in der Technosubkultur in Oberbayern und arbeitete in der Galerie Kunstbehandlung mit. Nach dem Abschluss als Magister Artium 1998 unternahm Mildenberger eine Studienreise nach Russland, die ihn nach Labytnangi, Salechard und Nadym führte. Aufbauend auf den Forschungsergebnissen, die er in lokalen Archiven erzielt hatte, verfasste Mildenberger seine Dissertation über die Polarkreiseisenbahn. 2000 wurde er in München mit der Bewertung magna cum laude zum Dr. phil. promoviert.

Anschließend unterrichtete er bis 2002 als Lektor für Neuere Geschichte und Wissenschaftsgeschichte an der Universität Wien, ehe er Projektmitarbeiter am Institut für Geschichte der Medizin in München unter Paul Ulrich Unschuld wurde. 2006 habilitierte er sich in München mit einer Studie über Leben und Werk Jakob von Uexkülls. In seiner Freizeit engagierte er sich in dem Berliner Projekt Gigi – Zeitschrift für sexuelle Emanzipation.

Mildenberger verließ München 2007 und zog nach Berlin um. Er absolvierte einen Diplomstudiengang des American Board of Sexology. Von 2008 bis 2009 arbeitete er als Fachreferent für Geschichte der Medizin an der Staatsbibliothek zu Berlin. Seit 2009 lehrt er an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), wo er eine sozialwissenschaftliche Professur erhielt, als Lehrbeauftragter für Geschichte der Medizin. 2011 wurde Mildenberger zum außerplanmäßigen Professor ernannt.

Tätigkeit

Mildenbergers Forschungen umfassen die Felder Medizingeschichte, Sexologie, osteuropäische Geschichte, Gender Studies, die Aufarbeitung der deutschen Pädophilenbewegung, sowie die von der Ex-Gay-Bewegung propagierte und umstrittene Konversionstherapie, die Homosexualität als therapierbare Erkrankung ansieht.

Mildenberger beschäftigt sich mit zahlreichen wissenschafts- und medizinhistorischen Themen. So verfasste er ein Buch zum historischen Homosexualitätsverständnis deutscher Psychiater, Biographien der österreichischen Frauenärztin Helene Stourzh-Anderle (1890–1966) und des Medizinhistorikers und Indologen Reinhold F. G. Müller (1882–1966) oder auch eine Studie über das Leben des pädosexuellen Aktivisten Peter Schult. Hinzu kommen Aufsätze zu biologiehistorischen und wissenschaftshistorischen Themen.

Seit 2007 wandte sich Mildenberger zunehmend der Geschichte der Komplementärmedizin zu. Zu seinen Publikationen zählen eine Betrachtung des Sexualverständnisses der Homöopathen und Naturheiler im 19. Jahrhundert, eine Monographie über die medikalen Subkulturen in der Bundesrepublik Deutschland und die historische Betrachtung von Wunderheilern in der deutschen Geschichte (z. B. Bruno Gröning). Mildenberger kritisierte darüber hinaus 2011 eine von ihm wahrgenommene Überhöhung des Lebens und Wirkens des Bakteriologen Paul Ehrlich (dessen Erfindung Salvarsan als eines der ersten antimikrobiell wirksamen Medikamente bei der Bekämpfung der Syphilis große Dienste leistete).

In seinen Vorlesungen und Seminaren an der Europa-Universität Viadrina beschäftigt sich Mildenberger u. a. mit der Geschichte der Schönheitschirurgie, dem Frauenbild deutscher Gynäkologen oder den sprachwissenschaftlichen Aspekten bei Diskursen um „Sex“.

Veröffentlichungen (Auswahl)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Ann-Christin Korsing: Keiner, der sich versteckt. In: Märkische Oderzeitung. 22. April 2014, archiviert vom Original; abgerufen am 5. September 2022. 
  2. Gundolf Keil: Rezension zu: Florian Mildenberger: Medizinische Belehrung für das Bürgertum. Medikale Kulturen in der Zeitschrift „Die Gartenlaube“ (1853–1944). Franz Steiner, Stuttgart 2012 (= Medizin, Gesellschaft und Geschichte. Beiheft 45), ISBN 978-3-515-10232-2. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 34, 2015 (2016), S. 306–313, hier: S. 306.
  3. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (Memento vom 8. Juli 2015 im Internet Archive) der Europa-Universität Viadrina.
Normdaten (Person): GND: 124106501 | LCCN: n2005011053 | VIAF: 24002646 |