Giorgione

Selbstporträt als David (um 1508),
Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig

Giorgione, vollständiger Name Giorgio da Castelfranco, genannt auch Zorzo da Castelfranco (* 1478 in Castelfranco Veneto; † vor dem 25. Oktober 1510 in Venedig), war ein italienischer Maler der Renaissance.

Leben

Das Gewitter, 1507/1508, Gallerie dell’Accademia Venedig

Dokumente über Giorgiones Leben sind kaum vorhanden: Der Biograf Giorgio Vasari nannte in der ersten Ausgabe seiner Lebensbeschreibungen – erschienen 1550 – das Geburtsjahr 1477, in der zweiten Ausgabe von 1568 korrigierte er das Datum auf 1478.

Gemeinsam mit Tizian lernte Giorgione in der Werkstatt von Giovanni Bellini in Venedig. Nach seiner Rückkehr nach Castelfranco malte er im Auftrag des Condottiere Tuzio Costanzo 1504/1505 für eine Kapelle in der Stadtpfarrkirche San Liberale das Altarbild Madonna mit den Heiligen Franziskus und Nicasius, bekannt als Pala di Castelfranco. Costanzo hatte das Bildnis zu Ehren seines 1504 unerwartet verstorbenen Sohnes Matteo Costanzo gestiftet.

Um 1505 kehrte Giorgione wieder nach Venedig zurück, wo er zahlreiche, jetzt zerstörte Fresken an Häuserfassaden ausführte. Nachweisbare biografische Daten beziehen sich auch auf Zahlungen, die der Rat der Zehn in Venedig an Giorgione leistete: Der Künstler erhielt am 14. August 1507 eine Zahlung von 20 Dukaten sowie am 24. Januar 1508 einen weiteren Geldbetrag für ein Leinwandbild im Audienzsaal des Dogenpalastes. Am 8. November 1508 hatten die Vorsteher des Salzamtes über die Fassadenmalerei am Fondaco dei Tedeschi (Fragmente in der Ca'd'Oro und in Saltwood Castle, Kent) am Canal Grande zu entscheiden. An diesem Werk war unter der Leitung von Giorgione auch Tizian beteiligt. Am 11. Dezember 1508 setzten drei als Experten beauftragte Maler das Honorar auf 150 Dukaten fest. Einen Betrag von 130 Dukaten erhielt Giorgione.

Giorgione starb 1510 in Venedig an den Folgen einer Pestinfektion. Sein Tod ist nur durch einen Brief von Isabella d’Este überliefert, so dass eine Auftragsbeziehung vermutet werden kann.

Von Staffeleibildern des Künstlers sind noch beglaubigt: die sogenannte Familie des Giorgione, drei Figuren in einer Landschaft, womit er das erste reine Landschaftsbild der italienischen Malerei schuf, und die drei Philosophen in einer Gebirgslandschaft (Wien, Kunsthistorisches Museum). Außerdem schreibt man ihm auf Grund von Stilverwandtschaft mit den obigen Gemälden noch zu: das Konzert (Florenz, Palazzo Pitti), drei lebensgroße Halbfiguren, die Feuerprobe des kleinen Moses, das Urteil Salomonis und das Bildnis eines Malteserritters (Florenz, Uffizien), Madonna mit Antonius und Rochus (Madrid, Museum), kreuztragender Christus (Vicenza, Casa Loschi), männliches Bildnis (Rovigo), Apollo und Daphne (Venedig, Seminario della Salute) und schlafende Venus (Dresden, Galerie). Der venezianische Adlige Marcantonio Michiel listet in seiner „Notizia d'opere del disegno“, die zwischen 1520 und 1543 entstand, zwölf Gemälde und eine Zeichnung als Werke Giorgiones auf.

Rezeption

Bildnis eines jungen Mannes, um 1505/06, Gemäldegalerie Berlin

Giorgiones Werke gehören zur Stilepoche der venezianischen Malerei. In seinem kurzen Leben schuf er innerhalb dieser Epoche eine Reihe von Meisterwerken: Große Gestaltungskraft, eine hohe Auffassungsgabe und eine reiche poetische Phantasie verbunden mit einer seltenen koloristischen Begabung kennzeichnen Giorgiones Künstlerpersönlichkeit. Das Besondere an seiner Malweise ist dabei der weitgehende Verzicht auf Umrisslinien – entscheidender für den Künstler ist das Herausarbeiten farblicher Übergänge.

Mit seinem Gesamtwerk, das den Vorstellungen und Bedürfnissen der damaligen Zeit entsprach, brachte der Künstler eine Giorgionismus genannte Stilrichtung hervor. Zu den Anhängern des Giorgionismus zählten: Marco Basaiti, Vincenzo Catena, Giovanni Girolamo Savoldo, Girolamo Romanino, Bartolomeo Veneto, Giovanni Cariani, Palma Vecchio und Bonifazio Veronese. Von Venedig gelangte der Giorgionismus auch nach Ferrara, wo er die Malweise von Dosso Dossi beeinflusste. Und im 17. Jahrhundert interessierte sich Pietro della Vecchia als italienischer Maler des Barocks für Giorgione.

Trivia

In Giorgiones Geburtsstadt Castelfranco Veneto befinden sich ein Denkmal aus dem Jahr 1878 und das Museo Casa di Giorgione. Anlässlich der Eröffnung im Jahre 2009/2010 fand eine Sonderausstellung statt, die sonst getrennt ausgestellte Werke des Künstlers als Ensemble zeigte.

Werke

Die Feuerprobe des Moses, 1505, Uffizien, Florenz

Gemälde

Schlummernde Venus, 1510, Gemäldegalerie Dresden Eigenhändige Werke Bildnis eines jungen Mannes. um 1505/06 Öl auf Leinwand, 58 × 47 cm, Inv.: 12 A Kreuztragender Christus. um 1500 – 1503 Öl auf Holz, 52 × 43 cm Maria mit dem Kinde und den Heiligen Franziskus und Liberale (Pala di Castelfranco). um 1504 Öl auf Holz, 200 × 152 cm Schlummernde Venus. 1510 Öl auf Leinwand, 108 × 174 cm, Inv.: 185; Bild wurde von Tizian vollendet Die Feuerprobe des Moses. um 1500 – 1505 Öl auf Holz, 89 × 72 cm, Inv.: 945; Gegenstück zu „Das Urteil Salomos“ Das Urteil Salomos. um 1500 – 1505 Öl auf Holz, 89 × 72 cm, Inv.: 947; Gegenstück zu „Die Feuerprobe des Moses“ Das Konzert (Die drei Lebensalter des Mannes / Die Unterweisung des Marc Aurel). um 1500/01 Öl auf Holz, 62 × 77,5 cm, Inv.: 110 Hirte mit Flöte (sog. Apollo). um 1510 Öl auf Leinwand, 61,2 × 46,5 cm, Inv.: 101 Die Anbetung der Könige. um 1500 – 1504 Öl auf Holz, 29 × 81 cm, Inv.: NG 1160 Landschaft mit den Heiligen Rochus, Georg und Antonius Abbas (Die Dämmerung: „Donà delle Rose“). um 1508 – 1510 Öl auf Leinwand, 73,3 × 91,5 cm, Inv.: NG 6307 Der Leichnam Christi von einem Engel gestützt (Engelspietà). um 1510 Öl auf Leinwand, 76 × 63 cm; Bild wurde von Tizian vollendet Bildnis eines jungen Mannes. um 1505/10 Pappelholz, 69,4 × 53,6 cm, Inv.: 524 Lesende Maria mit dem Kinde (Madonna Tallard). um 1506/07 Öl auf Holz, 76,6 × 60,2 cm, Inv.: 177 Bildnis eines Mannes. 1510 Öl auf Holz, 30,1 × 26,7 cm, Inv.: 40-100 Judith. um 1502 – 1504 Öl auf Leinwand, 144 × 68 cm, Inv.: 37; frühere Sammlung Crozat Maria mit dem Kinde in einer Landschaft. um 1506 Öl auf Holz auf Leinwand übertragen, 44 × 36,5 cm, Inv.: 38 Stehender weiblicher Akt. um 1507/08 Abgelöstes Fresko, 243 × 140 cm, Inv.: 1133 La Tempesta (Das Gewitter). um 1506 – 1508 Öl auf Leinwand, 82 × 73 cm, Inv.: 881 Bildnis einer alten Frau (Col Tempo). um 1510 Öl auf Leinwand, 68 × 59 cm, Inv.: 95 Bildnis einer jungen Frau („Laura“), 1506, Kunsthistorisches Museum, Wien Kreuztragender Christus. um 1509/10 Öl auf Leinwand, 70 × 100 cm, Inv.: 110 Die Heilige Familie (Benson). um 1500 Öl auf Holz übertragen auf Presspan, 37,3 × 45,6 cm, Inv.: 1952.2.8 Die Anbetung der Hirten (Allendale). um 1500 – 1505 Öl auf Holz, 90,8 × 110,5 cm, Inv.: 1939.1.289 Bildnis eines venezianischen Edelmanns. um 1508 – 1510 Öl auf Leinwand, 76,2 × 63,5 cm, Inv.: 1939.1.258 Die drei Philosophen, um 1508/1509 , Kunsthistorisches Museum, Wien Knabe mit dem Pfeil. um 1504 – 1506 Öl auf Holz, 48 × 42 cm, Inv.: 63 Bildnis einer jungen Frau („Laura“). 1506 Öl auf Leinwand auf Holz aufgeklebt, 41 × 33,6 cm, Inv.: 219 Die drei Philosophen (darunter Avicenna, um 1508/1509) Öl auf Leinwand, 123,8 × 144,5 cm, Inv.: 116 Bildnis eines Soldaten mit seinem Diener (Girolamo Marcello?). um 1509/10 Öl auf Leinwand, 72 × 56,5 cm, Inv.: 1526 Zugeschriebene Werke Maria mit dem Kinde. um 1500 – 1504 Öl auf Holz, 68 × 48 cm, Inv.: 110; Autorenschaft möglich aber aufgrund fehlender Vergleichsstücke äußerst umstritten Selbstbildnis als David. Öl auf Leinwand, 52 × 43 cm, Inv.: 454; Überwiegend als Kopie nach einem verlorenen Original bewertet Bildnis eines jungen Mannes (sog. Brocardo). Öl auf Leinwand, 72,5 × 54 cm, Inv.: 140; Autorenschaft möglich aber überwiegend abgelehnt Hommage an einen Poeten. um 1495 – 1500 Öl auf Holz, 12 × 19 cm, Inv.: NG 1173; Neuerdings wieder als Jugendwerk erkannt David und Goliath. um 1498/99 Fresko; Neuerdings mit hohem Anerkennungsgrad zugeschrieben, wobei darauf verwiesen wird, dass man abwarten müsse, bis die Bilder von allen modernen Übermalungen befreit sind Judith und Holofernes. um 1498/99 Fresko; Neuerdings mit hohem Anerkennungsgrad zugeschrieben, wobei darauf verwiesen wird, dass man abwarten müsse, bis die Bilder von allen modernen Übermalungen befreit sind Bildnis des Giovanni Borgherini und des Trifone Gabriele. um 1509/10 Leinwand, 91,5 × 67 cm, Inv.: 7452 Page. Öl auf Holz, 24,1 × 20,6 cm; Neuerdings aufgrund mangelnder Qualität aus dem eigenhändigen Œuvre gestrichen Ländliche Idylle. um 1498/99 Öl auf Holz, 12 × 19 cm, Inv.: 170; Neuerdings als Jugendwerk erkannt Leda mit dem Schwan. um 1498/99 Öl auf Holz, 12 × 19 cm, Inv.: 162; Neuerdings als Jugendwerk erkannt Die Predigt Johannes des Täufers. um 1495 – 1500 Öl auf Holz, 34,3 × 27,9 cm; Neuerdings als Jugendwerk erkannt Venus und Cupido in einer Landschaft. um 1498/99 Öl auf Holz, 11 × 20 cm, Inv.: 1939.1.142; Neuerdings als Jugendwerk erkannt Doppelbildnis des Giovanni Borgherini und seines Lehrers Niccolò Leonico Tomeo. Öl auf Leinwand, 47 × 60,7 cm, Inv.: 1974.87.1; Wird von einer sehr großen Zahl von Kunsthistorikern für eigenhändig gehalten Astrologe (Orpheus und die Zeit). um 1498/99 Öl auf Holz, 12 × 19,5 cm; Neuerdings als Jugendwerk erkannt Umstrittene Werke Ceres. Öl auf Leinwand, 70 × 54 cm, Inv.: 1/56; Wird heute meist dem Sebastiano del Piombo zugeschrieben Selbstbildnis. Öl auf Papier auf Holz aufgeklebt, 91 × 63 cm, Inv.: 86; Mit Sicherheit eine Kopie Dreifaches Porträt. Öl auf Leinwand, 84 × 69 cm, Inv.: 26.108; Wird überwiegend dem Sebastiano del Piombo zugeschrieben Geharnischter Edelmann mit Knappe (Gattamelatta). Öl auf Leinwand, 90 × 73 cm, Inv.: 911; Von der neuen Forschung endgültig aus dem Œuvre von Giorgione ausgeschlossen Das Konzert (sog. Apollo). um 1510 Öl auf Leinwand, 76,2 × 98 cm, Inv.: 505-130; Vermutlich im Umkreis des Giovanni Bellini entstanden Ländliches Konzert, um 1505–10. Öl auf Leinwand, 110 × 138 cm, Hier schwankt die Zuschreibung zwischen Giorgione und Tizian

Zeichnungen

Es wurde versucht, Giorgione Zeichnungen zuzuweisen. Allerdings sind diese Zuweisungen uneinheitlich und mit Vorsicht zu betrachten.

Sitzender männlicher Akt. Braune Tinte auf Papier, 23 × 15,6 cm, Inv.: KdZ 416; Zugeschrieben Dorfplatz mit Bauernhäusern. Graubraune Tinte auf Papier, 23,2 × 28,8 cm, Inv.: KdZ 5130; Wird neuerdings dem Andrea Pevitali zugeschrieben Die heilige Elisabeth mit dem Johannesknaben. Braune Tinte auf Papier, 16,5 × 11,3 cm, Inv.: 1783; Dürfte eher von Tizian sein Jupiter und Kallisto. Rötel auf Karton, 14 × 19 cm, Inv.: 175; Dürfte eher von Tizian sein Sitzender weiblicher Akt in Rückenansicht. Tinte auf Papier, 19,5 × 12,5 cm; Dürfte eher von Tizian sein Putto. Rötel auf Papier, 15,8 × 6,3 cm, Inv.: 11.66.5.; sehr umstrittene, meist abgelehnte Zuschreibung Sitzender Philosoph. um 1508 Ruhender Hirte vor einer Stadtmauer. um 1506 – 1508 Rötel auf Karton, 20,3 × 29 cm, Inv.: I 485; einzige unbestrittene Zeichnung Die Entführung des Ganymed. um 1500 Bleistift und braune Tinte auf Papier, 15 × 11,7 cm, Inv.: 1996.11.1 Kopf eines bärtigen Mannes. (recto) / Kopf eines bärtigen Mannes. (verso) um 1508 Karton, 21,5 × 13,5 cm Landschaft mit Kastell. (am 5. Juli 2005 bei Christie’s in London versteigert)

Quelle

Literatur

Weblinks

Commons: Giorgione – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Angelo Walther: Giorgione. Verlag der Kunst, Dresden 1979, S. 3.
  2. a b Angelo Walther: Giorgione. Verlag der Kunst, Dresden 1979, S. 28.
  3. Angelo Walther: Giorgione. Verlag der Kunst, Dresden 1979, S. 8.
  4. Ursula Kesselhut: Giorgione. Henschel, Berlin 1978, S. 7.
  5. Wolfgang Eller: Giorgione Werkverzeichnis. Imhof 2007, S. 18
  6. Harold E. Wethey: "Giorgione", in: http://www.britannica.com/EBchecked/topic/234034/Giorgione/2710/Works#ref50144
  7. Angelo Walther: Giorgione. Verlag der Kunst, Dresden 1979, S. 2.
  8. Vgl. etwa Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg, Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 411, Anm. 86.
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