Julius Meier-Graefe

Lovis Corinth: Porträt Julius Meier-Graefe, 1912–1914

Julius Meier-Graefe (* 10. Juni 1867 in Resicabánya (deutsch Reschitz), Königreich Ungarn, Österreich-Ungarn; † 5. Juni 1935 in Vevey, Schweiz) war ein deutscher Kunsthistoriker und Schriftsteller. Er gilt als wichtiger Vorkämpfer des Impressionismus.

Leben

Nach ingenieurwissenschaftlichen Studien in München widmete sich Meier-Graefe, Sohn des Ingenieurs Eduard Meier und Bruder des Unternehmers Max Meier, seit seiner Übersiedlung nach Berlin 1890 historischen und kunsthistorischen Studien. Seine erste kunstkritische Arbeit verfasste er 1894 über Edvard Munch. 1895 gehörte er zu den Gründern der Zeitschrift „Pan“. Zusammen mit Siegfried Bing besuchte er auf einer Rundreise 1895 Henry van de Velde. Meier-Graefe wollte im Namen der Redaktions-Kommission, der er angehörte, um van de Veldes Einverständnis bitten, dass sein Name auf die Liste der ausländischen Mitarbeiter gesetzt werden kann. Meier-Graefe hatte vergebens versucht, seine Redaktionsfreunde von der Notwendigkeit der Gründung eines ähnlichen Unternehmens wie desjenigen von Siegfried Bing Maison de l’Art nouveau, zu überzeugen. Wegen einer freizügigen Lithographie von Henri Toulouse-Lautrec, die zu einem Zerwürfnis zwischen dem Aufsichtsrat des genossenschaftlich organisierten Pan und den Herausgebern führte, schied Meier-Graefe nach nur einem Jahr aus der Redaktion aus.

Im Jahre 1898 eröffnete Meier-Graefe in Paris La Maison Moderne, deren Inneneinrichtung van de Velde für ihn entworfen hatte. Im Jahr zuvor gründete er gemeinsam mit dem Münchner Verleger Hugo Bruckmann die Zeitschrift Dekorative Kunst. Nach einem Jahr wagten Redaktion und Verlag, eine Ausgabe in französischer Sprache zu publizieren. Diese erschien erstmals 1899 unter dem Titel L’Art Décoratif und enthält Abbildungen von fast allen wesentlichen Arbeiten, die van de Velde bis dahin geschaffen hatte.

Meist in Paris lebend, entwickelte sich Meier-Graefe zu einem der besten Kenner der französischen Malerei des 19. Jahrhunderts. In seiner Entwicklungsgeschichte der Modernen Kunst (3 Bände, 1904 und 1914–24) räumte er dem französischen Impressionismus eine herausragende Stellung ein. Dieses Werk und seine nachfolgende Streitschrift Der Fall Böcklin (1905) brachten ihm den Vorwurf ein, „gegen deutsche Kunst“ zu polemisieren. Meier-Graefe verfasste Monographien über fast alle bedeutenden Künstler des Impressionismus. Die Jahrhundertausstellung deutscher Kunst in der Berliner Nationalgalerie 1906 verdankte seiner Anregung die Präsentation bislang kaum bekannter Werke. Insbesondere die Arbeiten Caspar David Friedrichs wurden hier erstmals einem größeren Publikum vorgestellt.

Haus Meier-Graefe in Berlin-Nikolassee

Meier-Graefe schrieb wichtige Biografien zahlreicher Künstler, unter anderem über Paul Cézanne und Vincent van Gogh. Mit spitzer Feder und lebendiger Sprache schrieb er zahlreiche weitere Abhandlungen zur Kunst.

1930 mietete Meier-Graefe mit seiner Partnerin Anne-Marie Epstein das Anwesen La Banette in Saint-Cyr-sur-Mer und bewegte zwei Jahre später den Landschaftsmaler Walter Bondy und den Schriftsteller René Schickele zur Übersiedlung in die nähere Umgebung. Meier-Graefe gab damit einen entscheidenden Impuls zum Entstehen der großen Flüchtlingskolonie aus dem Deutschen Reich im benachbarten Sanary-sur-Mer während der folgenden Jahre (Thomas Mann, Lion Feuchtwanger, Ludwig Marcuse und andere).

Ausstellungen

Schriften

Kunstgeschichtliche Schriften

Literarische Werke

Sammelausgaben

Literatur

Weblinks

Wikisource: Julius Meier-Graefe – Quellen und Volltexte Commons: Julius Meier-Graefe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Notizen

  1. Henry van de Velde: 1895 Besuch bei Henry van de Velde S. 102–103. Abgerufen am 18. April 2020. 
  2. Eintrag im Landesdenkmalamt Berlin (Memento vom 4. Juni 2020 im Internet Archive)
  3. Tochter von Walther Epstein. Üblicher Name: Anne-Marie Meier-Graefe. Sie heiratete später Hermann Broch; der veröffentlichte Briefwechsel der durch den Atlantik getrennten Eheleute von 1950/1951 erhellt eindrücklich die unmittelbare Nachkriegszeit in Frankreich und den USA.
  4. Die Villa wurde später zur Falle für (Fritz) Friedrich Epstein, seine Nichte Anne-Marie ließ ihn dort wohnen. Das Vichy-Regime und die Deutschen deportierten ihn, zusammen mit Else Weil, im September 1942 nach Auschwitz, wo er ermordet wurde.
  5. 82 Seiten. Wie auch andere Einzelausgaben zu Guys, Manet, Pissarro, Cezanne, war dies ein Teildruck aus dem Impressionisten-Buch (210 Seiten), wobei Piper dies Gesamtwerk als 1. und 2. Aufl. 1907 zählte und die Teildrucke als 3. Aufl. bezeichnete. Nach heutigen Maßstäben wäre das nicht korrekt. – 5. verb. Aufl. ebd. 1922, davon das 5.–7. Tsd. 1925.
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