Kurt Erdmann

Kurt Erdmann (* 9. September 1901 in Hamburg; † 30. September 1964 in Berlin) war ein deutscher Wissenschaftler der sassanidischen und islamischen Kunst sowie der Kunstgeschichte des Orientteppichs, die er zu einem kunsthistorischen Spezialgebiet machte. Er war von 1958 bis 1964 Direktor des West-Berliner Museums für Islamische Kunst.

Leben und Wirken

Ursprünglich begann Erdmann 1919 mit dem Studium der Germanistik, aber schon bald entwickelte er Interesse an europäischer Kunstgeschichte. 1927 wurde er bei Erwin Panofsky an der Universität Hamburg mit seiner Dissertation Der architektonische Bogen als Kunstform promoviert. Im gleichen Jahr begann er als Volontär an den Staatlichen Museen in Berlin. Er wurde von Friedrich Sarre eingeladen, an der großen Publikation über Teppiche teilzunehmen, die dieser 1928 mit Hermann Trenkwald herausbrachte. Von jetzt an beschäftigte er sich sein Leben lang wissenschaftlich mit Teppichen. Dieses Interesse schlug sich in zahlreichen Beiträgen nieder, nicht nur hinsichtlich persischer, sondern islamischer Stücke insgesamt.

1948 wurde er Honorarprofessor für Kunstgeschichte an der Universität Hamburg, 1949 wechselte er als Honorarprofessor an die Universität Bonn. Von 1951 bis 1957 lehrte Kurt Erdmann an der Universität Istanbul. Nurhan Atasoy (später Direktorin des Topkapı Saray Museums und selbst Professorin an der Universität) begann ihr Studium 1953 an der Istanbuler Universität, wo Kurt Erdmann islamische und Philipp Schweinfurt byzantinische Kunst lehrten. Sie schreibt darüber wie folgt: „Wir hatten das deutsche System, eine Klasse für alle Studenten für vier Jahre. Ich war eine von vier neuen Studenten. Heute sind es Hunderte. Vier Studienfächer wurden für das Vordiplom benötigt: Klassische Archäologie, Türkische und Islamische Kunst, Byzantinische Kunst und Europäische Kunst. Jeden Sommer unternahmen wir monatelange Studienexkursionen, die von der Universität ausgerichtet wurden, oft leitete Prof. Erdmann die Gruppe. Wir besuchten Moscheen auf der Suche nach alten Teppichen und halfen ihm, Aufmaß und Pläne zu erstellen sowie Fotos zu machen von alten Karawansereien.“ „Obwohl ich in meinen Kursen nicht sehr gut war“ sagt Atasoy mit typischer Bescheidenheit, „war ich sehr aktiv und half bei der Erforschung. Diese Reisen waren es, die meine Liebe zu Anatolien erweckten.“

Erdmanns Karriere und seine zahlreichen Publikationen waren eng verbunden mit der Islamischen Abteilung der ehemaligen Staatlichen Museen Berlin (West), deren Direktor er von 1958 bis zu seinem Tode war.

Weitere Verdienste erwarb sich Erdmann bei der Rettung und Erhaltung der Berliner Museumsbestände. Die Rückführung der 1945 bis 1946 in die Sowjetunion verbrachten Kunstwerke 1958 und die Restaurierungen des Aleppo-Zimmers sowie zweier Gebetsnischen ermöglichten den vollständigen Bezug aller Räume der Sammlung im Pergamonmuseum bis 1967. In den letzten Jahren vor seinem Tod befasste er sich mit der Planung der islamischen Abteilung im vorgesehenen neuen Dahlemer Museum für asiatische Kunst.

Er war Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts.

Seine Frau Hanna unterstützte ihn bei vielen Publikationen und nahm nach seinem Tod Lehraufträge für islamische Kunstgeschichte an den Universitäten Mainz und Bonn wahr. Der schriftliche Nachlass und die Nachlassbibliothek von Kurt und Hanna Erdmann befinden sich in der Abteilung für Asiatische und Islamische Kunstgeschichte des Instituts für Orient- und Asienwissenschaften an der Universität Bonn.

Forschungen

Systematische Forschung der Quellen durch Reisen und auf europäischen Gemälden, sowie die Analyse von Mustern, Strukturen und technischen Merkmalen der Teppiche führten Erdmann zu neuen Erkenntnissen in die allgemeine Geschichte der Orientteppiche sowie in besondere Gruppen von Teppichen. Seine Hauptwerke über Teppiche erreichten ein internationales Publikum durch die Übersetzungen. Kurt Erdmann war ein bedeutender Repräsentant der „Berliner Schule“ der Teppichwissenschaft (zurückgehend auf Wilhelm Bode, Friedrich Sarre, Ernst Kühnel), die auf unterschiedlichen Gebieten forschten und damit Vorreiter wurden. Zwei seiner Artikel werden noch heute als wichtige Beiträge zum Wissen über Teppiche aus der Safawidenzeit angesehen:

Die Ausgrabungen von 1928/1929 und 1931/1932, die Ernst Kühnel, Erdmanns Kollege in der Berliner Skulpturen-Abteilung, bei der Achämeniden-Hauptstadt Persepolis unternommen hatte, sowie Ankäufe durch das Museum von parthischen und sassanidischen Kunstgegenständen und wahrscheinlich das allgemeine Interesse zu jener Zeit führten Erdmann zu seinem zweiten Interessengebiet: Erdmann war einer der Wegbereiter für die Erforschung der von ihm als „Spätkunst“ bezeichneten sassanidischen Kunst. Die Kunst des vorislamischen Persien, besonders die Zeit der Sassaniden, war von großer Bedeutung für seine Forschungen in den 1930er und 1940er Jahren. Bei seinen Studien von sassanidischen Jagdschalen, die erste systematische Arbeit in dieser Objektgruppe, entwickelte er eine chronologische Folge gemäß den Kompositionsmerkmalen der Königskrone.

Seine Identifizierung des Königs in dem Felsrelief in Ṭāq-e Bostān als Pērōz (r. 457/59–484) löste eine Kontroverse mit Ernst Herzfeld aus, der den König als Kosrow II (r. 591–628) identifiziert hatte. Obwohl Herzfelds Argumente eine breite Akzeptanz fanden, war diese Auffassung lange noch Thema unter den Wissenschaftlern.

Es folgten viele Studien von verschiedenen Aspekten von Felsreliefs, so

und über die Identifizierung von Kronen

Erdmann befasste sich auch mit dem Einfluss von sassanidischen Themen auf andere Kulturen.

Viele seiner Erkenntnisse der sassanidischen Kunst kann man in seiner ersten Veröffentlichung finden, die allein dieses Thema behandelt

Während Teppiche und Sassanidische Kunst seine beiden Haupt-Interessensgebiete waren, schrieb Erdmann umfangreich über eine Vielzahl anderer Themen, die sich erstreckten von den Achaemeniden bis zur türkischen Architektur

Erdmanns Arbeit im Berliner Museum brachte zahlreiche Veröffentlichungen über Gruppen oder einzelne Arbeiten, die auf seine produktive Forschung in allen Bereichen der Vorislamischen und Islamischen Kunst verweisen:

Viele Ankäufe, die unter seiner Leitung des Museums in Berlin getätigt wurden, erweiterten Umfang, Wissen und Verständnis der persischen Kunst in der islamischen Periode.

Sonstige Schriften (Auswahl)

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sarre, Trenkwald: Altorientalische Teppiche II. Leipzig und Wien 1928.
  2. HALI Nr. 151, April 16, 2007 Text in Englisch (Memento vom 24. November 2010 im Internet Archive)
  3. Zur Geschichte der Sammlung siehe Museum für Islamische Kunst (Berlin).
  4. Jahresbericht 2014. (Memento vom 29. Dezember 2015 im Internet Archive) Universität Bonn, Institut für Orient- und Asienwissenschaften.
  5. Michael Alram: Die Kunst im Sasanidenstaat. In: Wilfried Seipel (Hrsg.): 7000 Jahre persische Kunst. Meisterwerke aus dem Iranischen Nationalmuseum in Teheran: Eine Ausstellung des Kunsthistorischen Museums Wien und des Iranischen Nationalmuseums in Teheran. Kunsthistorisches Museum, Wien 2001, S. 262–295, hier: S. 263.
Direktoren des Museums für Islamische Kunst (Berlin)

Direktoren vor der Teilung: Wilhelm von Bode (1904–1921) | Friedrich Sarre (1921–1931) | Ernst Kühnel (1931–1951)

Sammlung in Dahlem: Kurt Erdmann (1958–1964) | Klaus Brisch (1966–1988) | Michael Meinecke (1988–1991)

Sammlung auf der Museumsinsel: Wolfgang Dudzus (1959–1965) | Volkmar Enderlein (1965–1991)

Wiedervereinigte Sammlung: Michael Meinecke (1992–1995) | Volkmar Enderlein (1995–2001) | Claus-Peter Haase (2001–2009) | Stefan Weber (seit 2009)

Normdaten (Person): GND: 118983806 | LCCN: n50010021 | VIAF: 24743441 |