Lothar Kolditz

Lothar Kolditz (2007)

Lothar Kolditz (* 30. September 1929 in Albernau) ist ein deutscher Chemiker sowie Autor und Herausgeber von Lehrbüchern zur anorganischen Chemie.

Kolditz war von 1981 bis 1990 Präsident des Nationalrates der Nationalen Front, von 1982 bis 1990 Mitglied des Staatsrates der DDR und von 1986 bis 1990 für den Kulturbund der DDR parteiloser Abgeordneter der Volkskammer der DDR.

Werdegang

Kolditz wurde in Albernau in der heutigen Gemeinde Zschorlau im Erzgebirge geboren als Sohn des Tischlers Paul Kolditz und seiner Ehefrau Ella, geborene Bauer. Von 1941 bis 1948 besuchte er das Gymnasium in Aue (Sachsen).

Nach dem Abitur studierte Kolditz von 1948 bis 1952 Chemie an der Humboldt-Universität zu Berlin mit Abschluss als Diplom-Chemiker. Seine Diplomarbeit „Über Kaliumborfluoridtetraschwefeltrioxyd und die Darstellung von Trisulfurylfluorid“ entstand unter Anleitung von Hans-Albert Lehmann.

Hier wurde er 1954 auch zum Dr. rer. nat. promoviert; die Dissertation: „Über Polyarsenatophosphate“ wurde unter Anleitung des Lehrstuhlinhabers Erich Thilo (1898–1977) angefertigt. Anschließend habilitierte sich Kolditz 1957 mit einer Arbeit „Über Verbindungen von fünfwertigem Phosphor, Arsen und Antimon mit Fluor und Chlor“.

Kolditz ist seit 1951 verheiratet mit Ruth, geb. Schramm; das Ehepaar hat zwei erwachsene Töchter und lebt in Steinförde.

Hochschul- und Universitäts-Professor

Nach seiner Habilitation erhielt er 1957 eine Berufung zum Professor mit Lehrauftrag für anorganische und Radiochemie an die Technische Hochschule Leuna-Merseburg. Nach der Emeritierung von Franz Hein (1892–1976) wurde Kolditz im Jahre 1959 an die Friedrich-Schiller-Universität Jena berufen. Dort war er bis 1962 Professor für anorganische Chemie und Direktor des Anorganisch-Chemischen Instituts.

Im Jahre 1962 kehrte Kolditz zurück an die Humboldt-Universität nach Berlin (HUB), zunächst als Professor mit Lehrstuhl und Direktor des Ersten Chemischen Instituts (1962–68). Von 1965 bis 1968 war er zugleich Prorektor für Naturwissenschaften der HUB. 1969 erfolgte seine Wahl als Korrespondierendes Mitglied in die Deutsche Akademie der Wissenschaften (DAW). Nach der 3. Hochschulreform des Jahres 1968 übernahm er von 1971 bis 1979 als Direktor die Sektion Chemie der HUB. 1972 wurde er zum Ordentlichen Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) gewählt.

Akademie-Professor

Von 1980 bis 1990 war Kolditz an der AdW als Direktor des Zentralinstituts für anorganische Chemie (ZIAC) in Berlin tätig. Das ZIAC war 1971 entstanden durch Vereinigung des 1952 gegründeten Instituts für anorganische Chemie und des 1951 gegründeten Instituts für angewandte Silicatforschung. Mit der Auflösung der AdW und somit auch des ZIAC zum 31. Dezember 1991 ging Kolditz in den Vorruhestand und lebt seitdem in Fürstenberg/Havel.

Forschungsschwerpunkte und publizistische Tätigkeit

Lothar Kolditz bei der Leibniz-Sozietät (2014)

Seit seiner Promotion 1954 an der HUB beschäftigte sich Kolditz mit Radiochemie und der Chemie der Halogene, besonders der des Fluors:

Im Zentralinstitut für Anorganische Chemie (ZIAC) der AdW wurden unter Leitung von Kolditz seit 1980 als Forschungsschwerpunkte neben der Halogenchemie die Phosphorchemie, die Silicatchemie und die Entwicklung moderner Glas- und Keramikwerkstoffe betrieben. Beispielsweise wurden auf Fluorcarbonbasis Blutersatzstoffe entwickelt, außerdem Schmierstoffe und selbstschmierende chemisch verankerte Überzüge auf Metallen.

Die publizistische Tätigkeit von Kolditz umfasst etwa 350 Originalveröffentlichungen in Fachzeitschriften, 37 Patente sowie weit über 200 Kolloquiumsvorträge im In- und Ausland bzw. Plenar- und Hauptvorträge auf nationalen und internationalen Tagungen. Er war langjähriges Mitglied in den Redaktionskollegien mehrerer Zeitschriften: 1971–1991 Journal of Fluorine Chemistry, 1981–1991 Chemie der Erde, 1960–1962 Urania, 1964–1990 Wissenschaft und Fortschritt, 1960–1990 Mitherausgeber der Zeitschrift für Chemie, 1983–1987 ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift für anorganische und allgemeine Chemie (damaliger Chefredakteur Günther Rienäcker), 1988–1990 Chefredakteur dieser Zeitschrift.

Aus seinem wissenschaftlichen Umfeld sind eine Reihe von Wissenschaftlern und Hochschullehrern hervorgegangen: Ursula Bentrup (* 1954), Rostock/Berlin; Eberhard Brink (* 1938) Eichwalde; Ursula Calov (* 1937), Berlin; Siegfried Engels (* 1932), Eggersdorf; Adalbert Feltz (* 1934), Deutschlandsberg/Österreich; Ingomar Fitz (* 1939), Falkensee; Günther Furcht (1937–2007), Eberswalde; Dieter Hass (1934–1996), Berlin; Günther Kauschka (* 1941), Berlin; Hans-Peter Krause (* 1939), Berlin; Hans-Joachim Lunk (* 1941), Towanda/USA; Chen-Sou Lung (* 1935), PR China; Michael Luthardt (* 1953), Lehrte bei Hannover; Dirk-Henning Menz (* 1953), Augsburg; Thomas Moya (* 1949), Santiago de Chile; Volker Nitzsche (* 1942), Berlin; Brigitte Nußbücker (* 1935), Oranienburg; Henry Preiss (* 1935), Berlin; Ullrich Prösch (1931–2015), Berlin; Andre Radde (* 1952), Berlin/Bonn; Walter Rehak (* 1933), Wien; Walter Röhnsch (1929–1996), Berlin; Dieter Sarrach (* 1931), Berlin; Werner Schmidt (1930–1993), Berlin; Wolfgang Schiller (* 1944), Berlin; Martin Schönherr (1937–2007), Berlin; Gudrun Scholz (* 1956), Berlin; Senta Völter (* 1943), Berlin; Wolfgang Wilde (* 1935), Berlin.

Politisches Wirken

Lothar Kolditz mit Teilnehmern der Jugendweihe in seiner Heimatgemeinde Zschorlau, 1984

Im September 1971 wurde er in die Wahlkommission der DDR zur Wahl der Volkskammer und der Bezirkstage am 14. November 1971 berufen. Von September 1980 bis Oktober 1981 war er als Nachfolger von Josef Stanek Vorsitzender des Bezirksausschusses Berlin der Nationalen Front. Am 30. Oktober 1981 wurde Kolditz zum Präsidenten des Nationalrates der Nationalen Front der DDR und im Juli 1982 zum Mitglied des Staatsrates der DDR gewählt. Von 1983 bis 1990 war er Mitglied des Präsidiums des Zentralvorstandes der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF), von 1986 bis 1990 Mitglied des Präsidialrates des Kulturbundes der DDR (KB) und von 1986 bis 1990 als Mitglied der Kulturbund-Fraktion parteiloser Abgeordneter der Volkskammer der DDR.

Mitgliedschaften, Ehrungen und Auszeichnungen

Veröffentlichungen (Auswahl)

Buchpublikationen

Zeitschriften

Veröffentlichungen in internationalen Zeitschriften sowie besonders in Zeitschrift für anorganische und allgemeine Chemie und in Zeitschrift für Chemie.

Leibniz-Sozietät

Veröffentlichungen im Rahmen der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin:

Veröffentlichungen in der Internetzeitschrift "Leibniz Online":

Literatur

Commons: Lothar Kolditz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Berliner Zeitung vom 14. September 1971.
  2. Clemens-Winkler-Medaille (Memento vom 14. Juni 2007 im Internet Archive), Website der Gesellschaft Deutscher Chemiker, abgerufen am 9. Februar 2013.
Flagge der Deutschen Demokratischen Republik Präsidenten des Nationalrates der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik

Erich Correns (1950–1981) | Lothar Kolditz (1981–1990)

Normdaten (Person): GND: 135933315 | LCCN: n86852695 | VIAF: 85252938 |