Theodor Bergmann (Agrarwissenschaftler)

Theodor Bergmann hält die Hauptansprache bei der Gedenkfeier für den Hitler-Attentäter Georg Elser am 19. April 2009 in Heidenheim-Schnaitheim

Theodor Bergmann (geboren am 7. März 1916 in Berlin; gestorben am 12. Juni 2017 in Stuttgart) war ein deutscher Agrarwissenschaftler, Buchautor und Aktivist der Gruppe Arbeiterpolitik. Er war bis 1981 Professor für international vergleichende Agrarpolitik an der Universität Hohenheim.

Leben

Theodor Bergmann, siebter Sohn des Berliner Rabbiners Judah Bergmann und jüngster Bruder von Alfred, Ernst David und Josef Bergmann, trat 1927 dem Jung-Spartakus-Bund und dem Sozialistischen Schülerbund bei. 1929 schloss er sich dem KJVD-O, der Jugendorganisation der soeben gegründeten KP-Opposition (KPO), an. 1933, unmittelbar nach der Machtübernahme Hitlers, konnte er noch sein Abitur machen, musste aber im selben Jahr emigrieren.

Er floh zunächst über das Saarland ins damalige Palästina, wo er u. a. in einem Kibbuz arbeitete; von dort ging er 1935 in die Tschechoslowakische Republik, wo er in Tetschen ein Studium der Agrarwissenschaften aufnahm. Gleichzeitig leistete er antifaschistische Arbeit, indem er Flugblätter anfertigte, die anschließend über die Grenze nach Deutschland geschmuggelt wurden. Nach dem Münchner Abkommen 1938 floh er weiter nach Schweden. Hier leitete er gemeinsam mit seinem 2005 verstorbenen älteren Bruder Josef Bergmann die Strukturen der KP-Opposition und war außerdem in der Landesgruppe Deutscher Gewerkschafter in Schweden aktiv.

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1946 schloss er 1947 in Bonn ein Studium der Agrarwissenschaften ab und promovierte 1955 an der Universität Hohenheim zum Strukturwandel in der Landwirtschaft Schwedens. Ab 1956 war er bei der Landwirtschaftskammer Hannover angestellt. 1965 wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hohenheim in Stuttgart. Nach der Habilitation 1968 und einer Gastprofessur von 1971 bis 1972 an der University of New England in Armidale/Australien wurde er 1973 in Hohenheim zum außerplanmäßigen Professur für international vergleichende Agrarpolitik ernannt.

An der Universität Hohenheim zählte er in den Jahren um 1975 zu der kleinen Gruppe von Professoren, die sich für marxistische Studenten einsetzte, die vom Radikalenerlass betroffen waren. So hatten Winfried Kretschmann und Jörg Hofmann vor allem seiner Fürsprache den Verbleib an der Universität zu verdanken. Nach seiner Emeritierung 1981 widmete sich Theodor Bergmann verstärkt der Geschichte der Arbeiterbewegung im Allgemeinen und der Geschichte der KPO im Besonderen.

In der Nachkriegszeit gehörte er viele Jahre zu den leitenden Mitgliedern der KPO-Nachfolgeorganisation Gruppe Arbeiterpolitik (Arpo), von 1948 bis 1952 fungierte er als Herausgeber ihrer Zeitschrift Arbeiterpolitik.

Bergmann war aktives Mitglied der Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken und Redaktionsmitglied des Netzwerk-Info Gewerkschaftslinke sowie ab 1990 Mitglied der PDS, für die er 1990 bei den Bundestagswahlen kandidierte und deren Landesverband in Baden-Württemberg er 1990/1991 vorstand. Seit 2007 war Bergmann Mitglied der Partei Die Linke. Bergmann war Ehrenmitglied der Linksjugend solid Stuttgart.

Außerdem war er Autor, Herausgeber und Übersetzer von 50 Büchern zur Agrarpolitik und zur Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung. Seine Publikationen zur Geschichte der Arbeiterbewegung sind im VSA-Verlag erschienen. In der Zeitschrift Sozialismus hat er Artikel zur Arbeiterbewegung veröffentlicht. Für das Historisch-kritische Wörterbuch des Marxismus schrieb Bergmann mehrere Artikel.

Bergmann lebte zuletzt in Stuttgart, wo er im Juni 2017 im Alter von 101 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit starb.

Publikationen

Eine ausführliche Bibliographie findet sich in dem Heft Theodor Bergmann: Die Tradition kritischer Solidarität von Luxemburg bis Gorbatschow. Pankower Vorträge, Heft 200, hrsg. v. Helle Panke, Berlin 2016, S. 24–60.

Literatur

Film

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Tom Strohschneider: Theodor Bergmann ist tot. Neues Deutschland, 13. Juni 2017, abgerufen am 13. Juni 2017.
  2. Anja Waller: Erschreckend einwandfrei. Die NS-Zeit und ihre Folgen an der Universität Hohenheim, Ulmer, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-8186-0538-4, S. 261–269.
  3. Autorenverzeichnis HKWM
  4. Viviane Thill, Michel Pauly: „Dann fangen wir von vorne an“. Interview mit der Filmemacherin Danièle Weber. In: forum. Nr. 263, Februar 2007, S. 53–55 (PDF; 994 kB).
Normdaten (Person): GND: 119332779 | LCCN: n80156255 | NDL: 00433028 | VIAF: 32029271 |