Wilhelm Fabry

Guilielmus Fabricius Hildanus, Observationum et Curationum Chirurgicarum Centuriae, 1641

Wilhelm Fabry (von Hilden), auch Fabri van Hilden, (Guilhelmus) Fabricus Hildanus, Guil(i)elmus Fabricius Hildanus und Fabricius von Hilden (* 25. Juni 1560 in Hilden; † 15. Februar 1634 in Bern) war Stadtarzt in Bern, gilt als der bedeutendste deutschsprachige Wundarzt der Renaissance und als Begründer der wissenschaftlichen Chirurgie.

Leben

Wilhelm Fabry, Bronzebüste auf dem Marktplatz in Hilden Hilden, Markt an der Mittelstraße mit Fabry-Büste

Geboren wurde Fabry als Sohn des Gerichtsschreibers Peter „Drees“ und dessen Ehefrau Margarethe „auf dem Sand“ in Hilden bei Düsseldorf. Familiennamen im heutigen Sinne waren damals erst im Aufkommen; Peter nannte sich vermutlich nach seinem Vater Drees (= Andreas) und seine Frau wurde nach ihrer Herkunft benannt – eine Straße „Auf dem Sand“ gibt es noch heute in Hilden. Wilhelms Mutter war aus erster Ehe verwitwet und wohnte „in der Schmitten“ (in der Schmiede), einem Anwesen, das sie vermutlich als Witwensitz von ihrem ersten Mann geerbt hatte.

Von einem heute nicht mehr bestimmbaren Zeitpunkt an nannte sich Wilhelm „Fabricius“, vermutlich als Hinweis auf sein Geburtshaus „Schmitten“ (lateinisch faber = Schmied), nach dem Brauch der Renaissance latinisiert. Das Geburtshaus wurde später abgerissen.

Bis 1573 besuchte er in Köln eine höhere Schule, musste diese aus finanziellen Gründen jedoch wieder verlassen. 1576 bis 1580 absolvierte er eine Ausbildung bei dem Bader und Wundarzt Johannes Dümgens in Neuss. 1580–1585 arbeitete er als Badergeselle in Düsseldorf bei dem angesehenen Chirurgen Cosmas Slot (einem Schüler des Andreas Vesalius) am Hof Herzog Wilhelms des Reichen. 1585 zog er nach Genf, um bei seinem Vorbild Jean Griffon Studien zu betreiben. Am 30. Juli 1587 heiratete er in der Genfer Kirche St. Gervais Marie Colinet, die Tochter des Genfer Buchdruckers Eustache Colinet, die seine Mitarbeiterin wurde. 1589 kehrte er nach Hilden zurück und 1593 verlegte er seine Praxis nach Köln, bevor er sich 1596 in Lausanne niederließ. Er ging erneut nach Köln, kehrte jedoch nach Lausanne zurück.

1602–1615 war er Stadtchirurg in Payerne (Schweiz) und Lausanne. Diese Position ist einem heutigen Amtsarzt keineswegs vergleichbar; sie war auf die damaligen Funktionen des Wundarztes/Chirurgen beschränkt, umfasste also nicht die akademische Medizin damaliger Definition. Der Stadtchirurg musste – gegen festgesetztes Jahresentgelt – bestimmte Personen (z. B. Arme) unentgeltlich behandeln und mit Medikamenten versorgen, war aber ansonsten frei, eine eigene Praxis zu führen und dafür Honorare zu fordern. Von 1614 bis zu seinem Tod arbeitete er als Städtischer Chirurg in Bern im Auftrag des Rates und war ab 1618 auch Leibarzt des Markgrafen Georg Friedrich von Baden.

Ab ca. 1585, also für die größte Zeit seines Berufslebens, ist es für Fabry bezeichnend, dass er zwar hin und wieder als Bürger einer Stadt erwähnt wird oder sogar feste Aufträge erhielt, aber dennoch nicht als hier oder dort „sesshaft“ gelten kann. Sesshaft war allenfalls seine Familie. Er selbst unterhielt eine weit ausgedehnte Reisepraxis als Konsiliarchirurg und stand mit vielen bekannten Medizinern seiner Zeit in lebhaftem Briefwechsel.

Fabry war führender deutscher Chirurg seiner Zeit, weshalb er heute auch „Vater der deutschen Chirurgie“ genannt wird. Zu Lebzeiten forderte er umfassende Ausbildung in Botanik, Chemie und Anatomie und galt als von Humanität geprägter Arzt. Folter kritisierte er gegenüber Politikern als sinnlos.

Er starb an Gicht und Asthma leidend.

Werk

Neurochirurgisches Instrumentarium zur Anhebung der Schädeldecke

Fabry verfasste etwa 20 medizinische Werke, darunter die Observationum et Curationum Chirurgicarum Centuriae (1606–1641), eine Sammlung von über 600 Fallberichten, die zu seinen Lebzeiten in 100er-Lieferungen erschienen waren und insgesamt postum 1641 veröffentlicht wurden. Von den Vorarbeiten zeugen drei umfangreiche Manuskripte in der Burgerbibliothek Bern, die etwa 450, teils mit Illustrationen versehene Briefabschriften enthalten. Dazu zählt die Schilderung einer Entfernung eines durch ein malignes Melanom zerstörten Auges eines Bürgermeisters und der Bericht über die von seiner Frau Marie Colinet 1624 erfundene Magnetextraktion metallischer Fremdkörper aus dem Auge.

In seinem Werk De Gangraena Et Sphacelo schlug er 1593 die Amputation von Gliedmaßen oberhalb der Verletzung vor. Der Klassifizierung von Verbrennungen widmete er sich in seinem Werk De Combustionibus von 1607.

Der auch als der „deutsche Ambroise Paré“ bezeichnete Chirurg, der sich zudem mit zahnärztlichen und kieferchirurgischen Fragestellungen befasste, beschreibt beispielsweise auch die Entfernung von Kiefergeschwülsten.

Wilhelm Fabrys gesammelte Werke: Opera quae extant omnia .... Frankfurt 1646

Schriften

Ehrungen

In Hilden

In Bern

In Remscheid

Literatur

Weblinks

Commons: Wilhelm Fabry – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gernot Rath: Fabricius Hildanus, Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, ISBN 3-428-00185-0, S. 738 f. (Digitalisat)., hier: S. 739.
  2. Vgl. auch Hans Remmen: Die Beziehungen des Fabricius Hildanus zu Köln an Hand seiner Observationes et Curationes. Medizinische Dissertation Köln 1963.
  3. a b c d e Barbara I. Tshisuaka: Enzyklopädie Medizingeschichte. Hrsg.: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner. Walter de Gruyter, Berlin / New York 2007, ISBN 978-3-11-019703-7, S. 387. 
  4. Vgl. Wolfgang Seeger, Carl Ludwig Geletneky: Chirurgie des Nervensystems. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 229–262, hier: S. 242–244 (Die V. Observation oder Wahrnehmung).
  5. Cod. 495 im Katalog der Burgerbibliothek Bern
  6. Cod. 496 im Katalog der Burgerbibliothek Bern
  7. Cod. 497 im Katalog der Burgerbibliothek Bern
  8. 5. Centurie, Observatio 21.
  9. Vgl. etwa Roger Naef: Fabricius Hildanus, 1560-1634: Sein Leben und seine zahnärztlichen Leistungen. Dissertation 1994.
  10. Ullrich Rainer Otte: Jakob Calmann Linderer (1771–1840). Ein Pionier der wissenschaftlichen Zahnmedizin. Medizinische Dissertation, Würzburg 2002, S. 18.
  11. Insel Gruppe AG: Insel Gruppe ehrt historische Berner Persönlichkeiten mit Gebäudebezeichnungen. 28. März 2022, abgerufen am 20. April 2022. 
  12. Entwicklung der Fabricius-Klinik. (Memento vom 11. April 2016 im Internet Archive; PDF; 1,3 MB) In: Arenberger Dominikanerinnen Fabricius-Klinik Remscheid GmbH (Hrsg.): Festschrift 100 Jahre Arenberger Dominikanerinnen in der Fabricius-Klinik, Remscheid 2004, S. 18.
  13. Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins. Band 75, 1958, S. 17.
Normdaten (Person): GND: 118531751 | LCCN: n82039841 | VIAF: 29640609 |