Formgeschichte

Formgeschichte ist eine Methode innerhalb der historisch-kritischen Methode der biblischen Exegese. Der Begriff stammt aus der von Goethes Blick auf die Morphologie („Gestaltenlehre ist Verwandlungslehre“) beeinflussten Naturwissenschaft: Der Botaniker Franz Joseph Schelver hat ihn geprägt. Die Formgeschichte untersucht den biblischen Text nach dem Theologen Karl Ludwig Schmidt im Hinblick auf die dort enthaltenen Textgattungen. Statt Formgeschichte sind auch, mit leichten Bedeutungsnuancen, die Begriffe Formkritik und Gattungskritik gebräuchlich.

So ergibt sich beispielsweise für den ersten Schöpfungsbericht in 1. Mose 1,1–2,4a  eine grundsätzlich andere Betrachtungsweise und ein anderes Verständnis, wenn dieser Text als zum Teil polemische Abgrenzung von den mesopotamisch-vorderasiatischen Nachbarstaaten Israels gesehen wird und nicht als naturwissenschaftlicher Faktenbericht.

Die Formkritik unterscheidet also zwischen hymnenartigen Texten wie dem Psalter, die stärkeren Akzent auf Glaubens- denn auf Geschichtsaussagen legen, und Büchern mit größerer historischer Aussagekraft wie den Büchern der Könige oder der Chronik.

Gattungen im Alten Testament (Tanach)

Poetische Formen

Lieder machen den Hauptteil des Psalters aus. Als Grundunterscheidungen sind zu nennen:

Klagelieder bilden den Grundstock und Hauptanteil des Psalters. Sie enthalten als regelmäßig vorkommende Elemente:

Bei den Klageliedern des Einzelnen (zum Beispiel Psalm 3, 5, 6, 7, 13, 17, 22, 25) kann man als Untergruppen unterscheiden: Gebete von unschuldig Angeklagten (Ps 4, 7, 11 u. a. m.); Bußpsalmen (Ps 6, 32, 38, 51, 102, 130, 143), die in der christlichen Liturgie eine spezielle Rolle spielen; Vertrauenslieder des Einzelnen (Ps, 16, 23, 62, 131 u. a. m.).

Klagelieder des Volkes wurden bei öffentlichen Klagefeiern gesungen, wie sie in Joel 1–2 beschrieben werden. Krieg, Seuche, Missernte, Hungersnot sind Gründe, die zu solchen kollektiven Klageliedern führen können.

Weitere Liedformen:

Prosaische Formen

Nicht-erzählende Prosa Erzählende Prosa

Die meisten größeren Einheiten des Alten Testaments sind erzählende Prosa, in die dann einzelne Passagen nicht-erzählender Prosa oder poetische Passagen eingegliedert sind. Es finden sich aber auch kleinere Erzähleinheiten.

Zwischen Poesie und Prosa: Der „Spruch“

Botenspruch, Prophetenspruch

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. dazu Reinhard Breymayer: Vladimir Jakovlevič Propp (1895–1970) – Leben, Wirken und Bedeutsamkeit. In: Linguistica Biblica 15/16 (1972), S. 36–77 (S. 67–77 Bibliographie); hier S. 64.
  2. Étienne Charpentier: Führer durch das alte Testament. Patmos, Düsseldorf 1984, ISBN 3-491-77288-5, S. 31–32
  3. Hedwig Jahnow: Das hebräische Leichenlied im Rahmen der Völkerdichtung. Gießen 1923.