Johann Heinrich Lambert

Johann Heinrich Lambert
(Lithographie von Godefroy Engelmann, 1829)

Johann Heinrich Lambert (* 26. August 1728 in Mülhausen (Elsass); † 25. September 1777 in Berlin) war ein schweizerisch-elsässischer Mathematiker, Logiker, Physiker, Astronom und Philosoph der Aufklärung, der u. a. die Irrationalität der Zahl Pi bewies.

Leben

Lambert entstammte einer verarmten hugenottischen Flüchtlingsfamilie, die sich im damals zur schweizerischen Eidgenossenschaft gehörigen Mülhausen im Elsass niedergelassen hatte. Sein Vater war Schneider. Trotz auffallend guter Leistungen musste der Sohn bereits als Zwölfjähriger die Stadtschule verlassen und als Gehilfe des Vaters tätig werden. Er bildete sich aber selbst weiter mit Hilfe aller für ihn erreichbaren Bücher. Später arbeitete er als Buchhalter, danach ab 1746 als Privatsekretär bei Isaak Iselin in Basel und zwei Jahre später als Hauslehrer beim Reichsgrafen Peter von Salis in Chur. Mit dessen Kindern unternahm er zwischen 1756 und 1758 mehrere Bildungsreisen, und er wurde Mitglied der schweizerischen Société scientifique in Basel. 1755 erfolgten seine ersten Veröffentlichungen (über Wärmelehre). Im Rahmen der Grand Tour mit seinen Schülern besuchte er Göttingen (Abraham Kästner, Tobias Mayer), wo er Mitglied der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften wurde, wich vor dem Siebenjährigen Krieg nach Utrecht und den Niederlanden aus, wo er mit seinen Schülern zwei Jahre blieb und er sein erstes Buch (über Optik) 1758 in Den Haag drucken ließ, und Paris, wo er Jean-Baptiste le Rond d’Alembert traf.

1758 war Lambert wohnhaft in Augsburg und trat dem Kreis der Gründungsmitglieder der „Churfürstlichen Akademie der Wissenschaften“, der späteren Bayerischen Akademie der Wissenschaften hinzu, in deren Philosophischer Klasse er 1759 auswärtiges Mitglied wurde. Er unternahm optische Experimente und ließ in Augsburg zwei Bücher drucken (über Photometrie und Kosmologie). Pläne auf eine Professur in Göttingen zerschlugen sich. 1764 wurde er auf Vorschlag von Leonhard Euler (der ihn schon 1760 für eine Astronomie-Professur in Sankt Petersburg vorgeschlagen hatte) zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin ernannt und erhielt 1770 eine gut dotierte Stelle als Oberbaurat und „Membrum honorarium“ beim neugeschaffenen Oberbaudepartement. Anfangs gab es Schwierigkeiten mit Friedrich dem Großen wegen des exzentrischen Auftretens von Lambert, die sich aber legten, als Friedrich dessen wissenschaftliche Bedeutung erkannte. In Berlin kam es zur Eintrübung des Verhältnisses zu Euler über Fragen der Finanzierung der Akademie – Euler ging 1766 nach Sankt Petersburg. Lambert veröffentlichte bis zu seinem frühen Tod mit nur 49 Jahren 150 Abhandlungen in den Mitteilungen der Preußischen Akademie.

Leistungen

Lambert gehörte zu den hervorragendsten Mathematikern und Logikern seiner Zeit. Die Lehre von der Intensitätsmessung des Lichts begründete er als Wissenschaft in seinem Werk Photometria sive de mensura et gradibus luminis, colorum et umbrae (Augsburg 1760). Weiter erforschte er – selbst seit seiner Geburt schwerhörig – die Theorie des Sprachrohrs.

Vor allem in der Photometria, aber auch in seinem Buch Beyträge zum Gebrauche der Mathematik und deren Anwendung (Vol. 1, 1765), verknüpfte er Ideen von Thomas Simpson, Rugjer Josip Bošković und Mayer. Seine Arbeit in der Photometrie und Geodäsie führte ihn zu einer allgemeinen Theorie der Fehler. Er diskutierte das Problem der Anwendung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen auf Fehlerterme und verwendete bereits eine Maximum-Likelihood-Methode für die Bestimmung von Mittelwerten.

Außerdem erwarb sich der aufgeklärte Gelehrte Verdienste um die Erkenntnistheorie, der er sein Werk Neues Organon, oder Gedanken über die Erforschung und Bezeichnung des Wahren (2 Bde., Leipzig 1764) widmete. Das Werk gliederte er in vier Teile: Im ersten Band finden sich Dianoiologie (oder die Lehre von den Gesetzen des Denkens) und Alethiologie (oder die Lehre von der Wahrheit). Im zweiten Band werden die Semantik bzw. Semiotik (Zeichenlehre) und abschließend die Phänomenologie behandelt (worunter Lambert die Lehre des Scheins versteht).

Nach seinen eigenen Worten aus der Einleitung ist das Werk insbesondere von Christian Wolff und John Locke inspiriert, wobei er sich im ersten Teil, der Dianoiologie, besonders an Wolff orientiert habe. Tatsächlich bestehen viele Ähnlichkeiten zu Wolffs Werk Vernünftige Gedanken von den Kräften des menschlichen Verstandes. Jedoch stellt Lambert auch klar, er habe nicht nur Wolffs Ideen übernommen, sondern sie auch um eigene Einsichten erweitert. Anliegen seiner Arbeit war es, mit Hilfe der Mathematik eine bessere Methodik für die Philosophie zu schaffen. Er gilt als ein Wegbereiter des modernen Rationalismus und bedeutender Vorgänger von Immanuel Kant, mit dem er von 1765 bis 1770 korrespondierte.

1759 erschien die erste Auflage seiner Schrift Freye Perspective, die ihn weithin bekannt machte, 1774 die zweite Auflage. Die Schriften zur Perspektive sind 1943 von Max Steck herausgegeben und mit einer ausführlichen Bibliografie aller Werke Lamberts versehen worden.

Ein Kettenbruch für den Tangens von ϕ / ω {\displaystyle \phi /\omega } auf Seite 288 von Lamberts Mémoires sur quelques propriétés remarquables des quantités transcendantes, circulaires et logarithmiques, Mémoires de l'Académie royale des sciences de Berlin (1768), 265–322.

1761 (im Druck 1768) wies Lambert die Irrationalität der Kreiszahl π {\displaystyle \pi } mit Hilfe der Theorie der Kettenbrüche nach. Er bewies darüber hinaus, dass tan ⁡ ( x ) {\displaystyle \tan(x)} und e x {\displaystyle e^{x}} für rationale Argumente x {\displaystyle x} ungleich Null irrational sind. Lambert vermutete ferner, dass e und π {\displaystyle \pi } transzendente Zahlen sind.

Er unternahm die erste systematische Studie der Hyperbelfunktionen, lieferte wichtige Beiträge zur sphärischen Trigonometrie und war ein Pionier der Nichteuklidischen Geometrie: in seiner Theorie der Parallellinien von 1766 bewies er viele Sätze der nichteuklidischen Geometrie, indem er von der Nicht-Gültigkeit des Parallelenaxioms ausging.

1772 entwickelte er mehrere Kartenprojektionen, darunter die häufig verwendete winkeltreue Kegelprojektion. Im selben Jahr veröffentlichte er auch die Lambertsche Farbenpyramide.

1774 begründete er mit Johann Elert Bode das Tafelwerk Berliner Astronomisches Jahrbuch. Seine Methode der Bahnbestimmung von Kometen fand die Bewunderung von Joseph-Louis Lagrange. Sein Buch über Kosmologie (Kosmologische Briefe 1761) stellte das Universum als Ansammlung von Galaxien von Sternen dar.

Nach ihm wurde die angloamerikanische Maßeinheit der Leuchtdichte Lambert benannt. Weiter nach ihm benannt wurden der 1878 entdeckte Asteroid (187) Lamberta sowie jeweils ein Krater (Lambert) auf dem Erdmond und dem Planeten Mars.

Der Mathematiker Georg Faber (1877–1966) schrieb 1959 über Lambert:

„Lambert war in Licht und Schatten das rechte Bild eines Gelehrten des 18. Jahrhunderts, der über Gott und die Welt alles mögliche schreibt, aber nicht von einem Katheder aus doziert. Unter den rund 2500 Mitgliedern, welche die (Münchner) Akademie in den zweihundert Jahren ihres Bestehens hatte, findet sich kein zweiter seinesgleichen.“

Schriften

Primärtexte

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Commons: Johann Heinrich Lambert – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Wikisource: Johann Heinrich Lambert – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. uni-mannheim.de: Daten zur Biografie Johann Heinrich Lamberts (Memento vom 31. August 2017 im Internet Archive).
  2. GStA PK I. HA GD, Abt. 30, I, Nr. 22.
  3. Miklós Laczkovich: On Lambert’s Proof of the Irrationality of π. In: The American Mathematical Monthly. Band 104, Nr. 5, Mai 1997, S. 439–443, doi:10.2307/2974737
  4. Johann Heinrich Lambert im Gazetteer of Planetary Nomenclature der IAU (WGPSN) / USGS
  5. Johann Heinrich Lambert im Gazetteer of Planetary Nomenclature der IAU (WGPSN) / USGS.
Normdaten (Person): GND: 118568876 | LCCN: n50039919 | VIAF: 2548411 |