Lobkowitz (Adelsgeschlecht)

Stammwappen der Familie Popel von Lobkowitz Wappen derer von Lobkowitz seit 1479

Die Familie Lobkowitz (tschechische Schreibung Lobkowicz oder Lobkovic) gehört zu den ältesten böhmischen Adelsgeschlechtern. Der heutige noch in Tschechien und sonstigen europäischen Ländern durch zahlreiche Personen vertretene Zweig des altböhmischen Geschlechts hatte ursprünglich den Familiennamen Popel (deutsch: Asche). Sie waren Ritter und Grundherren, dienten der Dynastie der Přemysliden und dem Haus Luxemburg. Das Adelsprädikat von Lobkowitz (tschechisch z Lobkovic) nahmen sie an, als Nicolaus de Újezd 1408 die Herrschaft Lobkowitz (Lobkovice) mit der gleichnamigen Burg kaufte.

Mit der Person von Zdeněk Vojtěch Popel von Lobkowitz wurde seine Linie der Popel von Lobkowitz 1623 von Kaiser Ferdinand II. in den Reichsfürstenstand erhoben. Sie nannten sich fortan nur Fürsten von Lobkowitz.

Geschichte

Im 15. Jahrhundert teilte sich das Geschlecht in zwei Linien: Lobkowitz-Hassenstein (Hasištejnský z Lobkovic) und die Linie Popel-Lobkowitz (Popel z Lobkovic). In der westeuropäischen Literatur ist auch die alttschechische Schreibweise Lobkowicz des Geschlechternamens üblich.

Einzelne Familienmitglieder

Das älteste schriftlich erwähnte Familienmitglied war der Ritter Mareš z Újezda (Maresch von Aujest). Er stammte aus dem Dorf Újezd u Jestřebí (deutsch Aujest bei Habstein) unweit von Böhmisch-Leipa und lebte zu Zeiten des Kaisers und böhmischen Königs Karls IV.

Schloss Lobkovice Burg Hassenstein (Hasištejn)

Sein Sohn Nikolaus I. von Lobkowitz, Nikolaus (der Arme) (Mikuláš Chudý Hasištejnský z Lobkovic oder Mikuláš I. „Chudý“ z Újezda a z Lobkowic, Nikolaus „der Arme“ von Aujest und Lobkowitz), verheiratet mit Anna z Nechvalic († vor 1411) und Žofka (* 1412), war im Gegensatz zu seinem Beinamen einer der reichsten und einflussreichsten Männer Böhmens. Er wurde 1401 Schreiber in Kuttenberg und erhielt für seine Verdienste von König Wenzel IV. mehrere Güter, unter anderen Lobkovice nad Labem (Lobkowicz), die die Grundlage für das weitere Wachstum waren. 1417 wurde er zum obersten Landschreiber Böhmens ernannt, 1418 erhielt er von König Wenzel auch die Herrschaft Hassenstein (Hasištejn) zunächst als Pfand, seit 1419 als erbliches Kronlehen, da der König erst durch seine Unterstützung die Belagerung der dortigen Burg zum Erfolg bringen konnte.

Unter Kaiser Sigismund von Luxemburg, bei dem er gleichfalls in hoher Gunst stand, erwarb Mikuláš Hasištejnský z Lobkovic die königlichen Burgen Pfraumberg (Přimda) und Brüx (Most) sowie in Mähren das Schloss Fürchtenberg und die Stadt Mährisch Schönberg (Šumperk). Diesen Besitz trat er aber 1421 im Austausch gegen die Kronherrschaft Frauenberg (Schloss Hluboká nad Vltavou) wieder an den böhmischen König Sigismund ab. Weiterhin wurde er mit der Burg Leitmeritz, der Burg Platten, Teilen der Herrschaft Klingenberg und der Stadt Komotau (Chomutov) belehnt.

Seine beiden Söhne begründeten zwei Linien der Familie. Beide Brüder, Nikolaus und Johann von Lobkowicz, wurden 1459 durch Kaiser Friedrich III. in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Erst 1479 wurde das Geschlecht in den böhmischen Herrenstand (panský stav) erhoben. In diesem Stand wurden im Königreich Böhmen formell keine weiteren Unterscheidungen des Ranges getroffen.

Der ältere Nikolaus II. erhielt als Erbe die Burg Hassenstein (Hasištejn) und nannte sich fortan Nikolaus Lobkowitz von Hassenstein (Mikuláš II. Hasištejnský z Lobkovic). Der jüngere Bruder Johann erhielt den Familiennamen Popel von Lobkowitz (Jan I. Popel z Lobkovic). Burg Frauenberg (Hluboká nad Vltavou) bei Budweis (České Budějovice). Beide Familienzweige gehörten zunächst der utraquistischen Partei des böhmischen Adels an. Die Popel von Lobkowitz traten Ende des 16. Jahrhunderts aber zum Katholizismus über.

Linie Lobkowitz von Hassenstein

Linie Popel von Lobkowitz

Christoph Popel von Lobkowitz (1545–1609) Ladislav III. Baron Lobkowicz (von Hans Krell)

Die Linie Popel-Lobkowitz zerfiel im 16. Jahrhundert durch Teilung und den Erwerb neuer Güter in mehrere Familienzweige, die sich nach ihrem Besitz Herren von Dux, von Bilin, von Tachau und von Zbiroh nannten. Der jüngste Zweig der Popel-Lobkowitz nannte sich nach dem seit 1474 im Besitz befindlichen Schloss Chlumec Chlumetzer Zweig. Aus diesem Zweig entstanden der Neustädter, der Raudnitzer und der Hořín-Mělníker Zweig. Sämtliche Fürsten entstammen der Linie Popel von Lobkowitz.

Mit der Machtübernahme der Kommunisten 1948 wurden alle Zweige der Familie Lobkowitz in der Tschechoslowakei, wie zuvor schon teilweise vom NS-Besatzungsregime, weitgehend enteignet. Nach 1948 emigrierten einige Mitglieder der Familie daher u. a. in die USA, später nach Deutschland oder in die Schweiz. Alle zurückgekehrten wie auch die in der Heimat stets verbliebenen Mitglieder der weitverzweigten Familie Lobkowitz konnten aufgrund der Restitutionsgesetze von 1991 Teile ihres einstigen Besitzes wiedererlangen.

Fürsten von Lobkowitz

Hauptlinie (1623–1918) Zdeněk Vojtěch (Zdenko Adalbert), 1. Fürst Lobkowitz (1568–1628) Václav (Wenzel) Eusebius, 2. Fürst Lobkowitz (1609–1677) Zweite Linie (1722–1802)

Inhaber des Familienbesitzes seit 1918

Die Tschechoslowakische Republik hob die Adelstitel am 10. Dezember 1918 auf. Nach deutschem Adelsrecht, das entsprechend auch für die früheren Kronländer der Habsburgermonarchie gilt und im Genealogischen Handbuch des Adels offiziell dokumentiert wird, führt der Chef des Hauses jedoch weiterhin den Adelstitel Fürst Lobkowicz, Herzog von Raudnitz und die übrigen Mitglieder des Hauses die Titel Prinz bzw. Prinzessin (mit der Anrede Durchlaucht). In Belgien gehören die Lobkowicz mit der gleichbedeutenden Anrede „Altesse Sérénissime“ durch königlich belgisches Dekret vom 31. August 1957 und Diplom vom 12. Februar 1958 zu den fürstlichen und herzoglichen Adelsfamilien.

Chefs des Hauses Lobkowicz

Wappen

  1. Feld des Hauptschildes zeigt das Wappen der mit den Lobkowitz verschwägerten von Pernstein (Stammmutter des fürstlichen Hauses Lobkowitz Polyxena von Lobkowicz geb. von Pernstein) – in Gold, ein vorwärts gekehrter, schwarzer Auerochsenkopf mit goldener Wiede und roter Zunge.
  2. Feld: (Herzogtum Sagan, das Wenzel Eusebius von Lobkowicz 1646 gekauft hatte): in Rot ein vorwärts gekehrter, die Hände aufstützender, goldgekleideter, goldgelockter, sonst naturfarbener Engel mit grünen Flügeln, aufgeschürzten weiten Ärmeln und silbernem Gürtel (ursprüngliches Helmkleinod aus dem Wappen des Herzogtums).
  3. Feld: In Blau, über silbernem Dreifelsen drei goldene Sterne als neues Wappen der seit 1641 gefürsteten Grafschaft Sternstein, der vormaligen Herrschaft Neustadt (an der Waldnaab).
  4. Feld: In Blau, ein gekrönter goldener Löwe (ursprüngliches Wappen des Herzogtums Sagan, mit einem Engel als Helmkleinod); bereits Albrecht von Waldstein (Wallenstein) verband die beiden Zeichen im Schild als Herzog von Sagan.
  5. Feld: In Gold, drei schwarze Pfähle, angeblich wegen der Reichsfürstenwürde verliehen. Sterne, Dreifelsen und Pfähle waren jedoch schon früher das Wappen der gefürsteten Grafschaft Sternstein (Störnstein und Neustadt).
  6. Feld: In Gold, ein schwarzer Adler (der Schlesische Adler), mit silbernem Brusthalbmond, der in der Höhlung mit silbernen Kreuzchen besetzt ist und in kleeblattbesetzten Spitzen verläuft, wegen des früher mit Sagan vereinigten Herzogtums Glogau.

Auf dem Schilde ruhen vier goldene, gekrönte Helme. Helm 1: die Lobkowitzsche Helmzier. Helm 2: der Pernsteinsche Auerochsenkopf. Helm 3: zu Sternstein gehörig: sechs rot bordierte, silberne Fähnlein, an roten Stäben, und Helm 4: ein von Rot und Silber geschachtes, oben mit Pfauenwedel von drei Federn bestecktes Schildchen (Schirmbrett), zum schlesischen Sagan gehörig (aus dem Wappen des Herzogtums Glogau).

Bekannte Namensträger

Namensträger der Vergangenheit

Namensträger der Gegenwart

Palais der Familie Lobkowicz

Das Palais Lobkowitz in Wien Palais Lobkowitz, Prager Kleinseite, Sitz der Deutschen Botschaft

Gegenwärtig sind folgende Lobkowicz-Schlösser zu besichtigen:

Nach 1990 an die Familie zurückgegebene Besitzungen in Tschechien

Nach der Samtenen Revolution wurde verschiedenen Zweigen der Familie eine Reihe von Besitztümere zurückübertragen, insbesondere das Palais Lobkowicz in der Prager Burg (heute Museum), Schloss Nelahozeves (Mühlhausen; heute Museum), Schloss Roudnice (Raudnitz), Burg Střekov (Schreckenstein), Schloss Křimice (Krimitz) in Pilsen, Schloss Mělník (Weingut) mit Schloss Hořín (Horschin), Schloss Bílina (Bilin) und Schloss Drahenice (Drahenitz), Schloss Dolní Beřkovice (Unter Berschkowitz; heute im Besitz der Familie Thurn und Taxis), sowie die später wieder veräußerten Schloss Jezeří (Eisenberg) und Burg Vysoký Chlumec.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lobkowicz'sches Archiv in Raudnitz a.d. Elbe.
  2. František Palacký: Archiv český.
  3. Kleine Chronik. (…) Friedrich Lobkowitz †. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 21051/1923, 19. April 1923, S. 7, Mitte oben. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  4. Elisabeth Th. Hilscher, Elisabeth Maier, Christian Fastl: Lobkowitz (Lobkowicz), Familie. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 3, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2004, ISBN 3-7001-3045-7.
  5. Joseph von Riegger: Archiv der Geschichte und Statistik, insbesondere von Böhmen, Band 1, Dresden 1792, S. 440 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  6. Liste korrigiert nach: Die Kunstsammlungen des Hauses Lobkowicz. Scala Publishers in Zusammenarbeit mit den Kunstsammlungen des Hauses Lobkowicz, London 2007, ISBN 978-1-85759-525-3, S. 4.
  7. Till Janzer: Zeit des Niedergangs – der böhmische Adel im 20. Jahrhundert. Website von Radio Praha, Beitrag vom 27. Dezember 2008.
  8. Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band VII, Band 97 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1989, vgl. auch Heraldry in Belgium, Abschnitt Titles and Nobility (Memento vom 1. September 2013 im Webarchiv archive.today)
  9. Die Kunstsammlungen, S. 4.
  10. Johann Matthias Steidlin: Genealogisch-heraldischer Staats-Calender: Auf das Jahr 1720, Augsburg 1720, S. 17 (Erklärung des Wappens; Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  11. J. Siebmachers Wappenbuch, 1. Band, 3. Abt., 1. Reihe, Nürnberg 1878.
  12. Lokales. Prinzessin Caroline Lobkowicz †.. In: Badener Zeitung, 18. Dezember 1929, S. 2 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/bzt
  13. Die Kunstsammlungen, S. 65.
Normdaten (Person): GND: 119531402 | LCCN: sh2004006445 | VIAF: 67278180 |