Marguerite Duras

Marguerite Duras (1993)

Marguerite Duras (* 4. April 1914 in Gia Định bei Saigon, Vietnam (damals Französisch-Indochina) als Marguerite Donnadieu; † 3. März 1996 in Paris) war eine französische Schriftstellerin, Dramatikerin, Drehbuchautorin und Filmregisseurin. Sie feierte Erfolge mit Filmen wie Hiroshima, mon amour (1959), für den sie das Drehbuch verfasste.

Leben

Marguerite Donnadieu, Tochter eines Lehrerehepaars, nahm den Künstlernamen Marguerite Duras nach dem Familiensitz ihres Vaters im Département Lot-et-Garonne an. Sie wuchs in Vietnam in ärmlichen Verhältnissen auf. Die Mutter zog sie und die zwei Geschwister alleine auf und kämpfte mit den Folgen einer Fehlinvestition in Reisfelder im heutigen Kambodscha. Duras verarbeitete diese Erfahrung in dem erstmals 1950 auf Französisch veröffentlichten Roman Un barrage contre le Pacifique (1988, dt. Heiße Küste).

1931 ging Duras nach Frankreich, um in Paris zunächst Mathematik, dann Jura und Politikwissenschaft zu studieren. Sie engagierte sich mit Philippe Roques für ein Wiedererstarken des französischen Kolonialreichs, schloss sich dann ab 1940 aber einer Résistancegruppe von Buchhändlern an, wodurch sie Zugang zu rationiertem Papier hatte und auch den späteren französischen Präsidenten François Mitterrand kennenlernte. Ihr Ehemann Robert Antelme, der ebenfalls in der Résistance aktiv war, wurde von der Gestapo verhaftet und ins KZ Dachau verschleppt. 1985 publizierte Duras die während dieser Zeit entstandenen Tagebucheinträge unter dem Titel La Douleur. 1944 trat Duras der Kommunistischen Partei Frankreichs bei. Später protestierte sie gegen die Behandlung von Schriftstellern in der Sowjetunion, was 1950 zu ihrem Parteiausschluss führte. Dennoch blieb sie zeitlebens Kommunistin. Während der Zeit ihrer Partizipation in der Résistance lernte Duras Dionys Mascolo kennen, der 1947 ihr zweiter Ehemann und Vater ihres Sohnes, Jean (Outa, geb. 1947), wurde.

Ähnlich wie ihre Mutter Marie Donnadieu mit der Erziehung ihrer Kinder Pierre, Paul und Marguerite überfordert war, hatte auch Marguerite Duras, die unter Alkoholismus litt, bei der Erziehung ihres Sohns Jean größte Schwierigkeiten, die dazu führten, dass ihre Umgebung sie drängte, Jean auf ein Internat zu schicken.

Die letzten sechzehn Jahre ihres Lebens verbrachte Duras mit dem knapp 40 Jahre jüngeren Schriftsteller Yann Andréa (eigentlich Yann Lemée). Ihm hat sie das Buch Yann Andréa Steiner (1992) gewidmet. Andréa selbst widmete seinem Leben mit Duras mehrere autobiographische Werke, darunter M. D. (1983) und Cet amour-là von 1999 (2000, dt. Diese Liebe), das im Jahr 2001 von Josée Dayan mit Jeanne Moreau verfilmt wurde.

Wirken

Ihr Erstlingsroman Les impudents (1943) wurde von der Öffentlichkeit mehr oder weniger übersehen. Bereits ihr zweites Werk jedoch, Un barrage contre le Pacifique (1950), war ein Erfolg und brachte ihr beinahe den Prix Goncourt ein. Internationale Bekanntheit erlangte sie schließlich 1959 mit dem Drehbuch zu dem Film Hiroshima, mon amour, das zum ersten Mal die noch bis in die 1990er Jahre als Tabu behandelte Demütigung und Ächtung französischer Frauen thematisierte, denen sogenannte „horizontale Kollaboration“ vorgeworfen wurde, in erster Linie Liebesbeziehungen mit deutschen Besatzungssoldaten.

Ihre Romane waren fast alle autobiographisch geprägt, so beispielsweise L’amant (1984, dt. Der Liebhaber), für den sie 1984 den Prix Goncourt erhielt, oder L’amant de la Chine du Nord (1991, dt. Der Liebhaber aus Nordchina). In beiden Werken beschrieb sie ihre turbulente Kindheit und ihre frühen Liebeserfahrungen im Indochina der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Die Autorin war auch für das Theater tätig und verfasste 1965 z. B. das Drama La musica. In den 1970er und frühen 1980er Jahren trat sie auch als Filmregisseurin in Erscheinung, wobei sie nicht nur bereits erschienene eigene Texte (India Song, 1975; Les enfants, 1984) auf die Leinwand brachte, sondern auch eigenständige Arbeiten für das Kino produzierte (Le Camion, 1977). Während dieser Zeit erschienene literarische Publikationen von Duras standen immer im Zusammenhang mit ihrem filmischen Schaffen – L’amant ist die erste wieder „rein“ literarische Publikation nach dieser Phase.

Charakteristisch für ihre Sprache ist eine große Schlichtheit in Vokabular und Satzbau, die sich zudem auszeichnet durch zahlreiche Ellipsen, Anspielungen, Unausgesprochenes, das jedoch im Hintergrund steht, sowie fragmentarisch zusammengefügte Sätze. Ihr Gesamtwerk ist keiner der großen literarischen Strömungen des 20. Jahrhunderts zuzuordnen.

Gegenüber der Tendenz, Duras wegen der häufigen Wiederholung von Motiven und Topoi in ihren zahlreichen Büchern für eine oberflächliche Schriftstellerin zu halten, äußert sich Duras in einem kurzen Interview mit Leslie Kaplan von 1988 zu ihrer eigenen Schriftstellerei, gibt aber auch ihre Meinung über das entfremdete Leben in der Neuzeit wieder:

„Der Wahnsinn selbst ist auf ewig offen für den Verlauf des Wahnsinns. … Das Nichts ist sich selbst gegenüber offen. … Ich glaube, das Offene schafft sich selbst gegenüber einen religiösen Raum. Ich habe an dem Horror teil, aus dem das Ganze besteht, aber ich spüre es nicht. Das könnte eine Definition der Arbeiterklasse sein. Die Fabrik ist eine Art Luftschiff, wo innerhalb und außerhalb das gleiche Luftmaterial ist, mit einem winzigen Unterschied jedoch. Dieser Unterschied ist die Unendlichkeit des Menschen, der neun Stunden am Tag Kabel herstellt, ohne es zu spüren. … Wie das Gedicht kommt dieser Gedanke aus dem Grund der Zeiten, aus einer Art fundamentaler Wiederholung, derjenigen des Lebens, aus einer Art ozeanischer Ewigkeit, die jene des Todes wäre, verneint und erfaßt durch die Zeit.“

Diese Unendlichkeit des Menschen war letztendlich ihr Thema.

Werke

Romane

Bühnenstücke

Sammelbände

Filmografie

Literarische Vorlage

Drehbuch (und soweit nicht anders angegeben auch Regie)

Preise und Auszeichnungen

Siehe auch

Literatur

Filme

Weblinks

Commons: Marguerite Duras – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Björn Hayer: Die Eisheilige der Liebenden | NZZ. 29. März 2014, ISSN 0376-6829 (nzz.ch ). 
  2. „Die Rechte, das ist die Hölle“. In: Taz. 25. März 1993, abgerufen am 28. Januar 2024. 
  3. Björn Hayer: Die Eisheilige der Liebenden | NZZ. 29. März 2014, ISSN 0376-6829 (nzz.ch ). 
  4. Der letzte Begleiter von Marguerite Duras | NZZ. 20. Juli 2014, ISSN 0376-6829 (nzz.ch ). 
  5. Schriftsteller: Ihre Liebhaber. In: Spiegel Online. Band 47, 19. November 1984 (spiegel.de ). 
  6. Heftarchiv – Autoren :: Marguerite Duras :: SINN UND FORM. Abgerufen am 23. April 2024. 
  7. Unter Verwendung des Nachlasses
Normdaten (Person): GND: 118528254 | LCCN: n79090133 | NDL: 00438450 | VIAF: 97785734 |