Péter Nádas

Péter Nádas auf der Frankfurter Buchmesse 2017 Der ungarische Schriftsteller Peter Nadas liest im Stadtgarten Köln Konstantin Kavafis, März 2018 Péter Nádas – Leipziger Buchmesse 2012

Péter Nádas (* 14. Oktober 1942 in Budapest) ist ein ungarischer Schriftsteller und Fotograf.

Leben

Nádas entstammt einer jüdisch-kommunistischen Familie. Die Vorfahren seines Großvaters mütterlicherseits Arnold Tauber waren über zehn Generationen mährische Rabbiner gewesen. Da seine Eltern während des Holocaust in der Illegalität lebten, wurde sein Name in der Geburtsurkunde falsch eingetragen. Seine Mutter starb noch vor der ungarischen Revolution an Krebs, sein Vater wählte 1958 den Freitod. Den Suizid seines Vaters erwähnte er in seinem Werk Aufleuchtende Details. Memoiren eines Erzählers aus dem Jahr 2018. Der Vollwaise studierte zunächst Chemie und arbeitete lange Jahre als Fotograf und Fotoreporter. 1965 veröffentlichte er seine erste Erzählung in einer Zeitschrift, danach erschienen bis 1969 zwei Sammelbände mit Erzählungen. In der Folge wurde ein siebenjähriges Publikationsverbot über ihn verhängt. Seit 1985 betätigt er sich als freier Schriftsteller.
Von Januar 1981 bis Februar 1982 lebte er auf Einladung des DAAD in West-Berlin. Seit dem Jahr 2006 ist Péter Nádas Mitglied der Akademie der Künste in Berlin, Sektion Literatur. Darüber hinaus ist er Mitglied der Académie Européenne des Sciences, des Arts et des Lettres in Paris sowie der Széchenyi Akademie für Literatur und Kunst in Budapest.

Péter Nádas ist seit 1990 mit Magda Salamon verheiratet, mit der er seit 1962 zusammenlebt. Heute wohnt und arbeitet er in Budapest und in Gombosszeg, einem Dorf im Komitat Zala.

Arbeiten

Literatur

Seine Bücher beschäftigen sich hauptsächlich mit der Situation im kommunistischen Ungarn. Seine erste Erzählung Die Bibel erschien 1965 in Budapest und zeige Nádas, so Dirk Schümer, bereits als „veritables Junggenie.“ „In fortlaufend nüchternem und gefühlsarmen Tonfall, der bei aller Detailgenauigkeit sichtlich an Hemingway geschult ist“, lege Nádas schon in seinem Frühwerk „unmerklich Lebenslügen der kommunistischen Oberschicht“ bloß. Die Veröffentlichung seines ersten Romans Ende eines Familienromans wurde in Ungarn über mehrere Jahre von der Zensur verhindert, bevor das Buch schließlich 1977 erschien. 1985 dann wurde der 1.300 Seiten umfassende Roman Buch der Erinnerung veröffentlicht. Péter Nádas hatte seit 1973 an dem Buch gearbeitet. Die Handlung besteht aus drei ineinander verwobenen Erzählsträngen, von denen einer in der DDR der 1970er Jahre, einer im Ostseebad Heiligendamm um die Jahrhundertwende und ein weiterer im Ungarn zur Zeit des Volksaufstands von 1956 spielt. 2005 erschien der dreibändige Roman Parallelgeschichten, an dessen Entstehung Péter Nádas insgesamt achtzehn Jahre gearbeitet hatte, und der die Geschichte einer ungarischen und einer deutschen Familie anhand scheinbar zusammenhangloser Episoden durch das 20. Jahrhundert nachzeichnet. Nach fünfjähriger Übersetzungsarbeit erschien der Roman 2012 auf Deutsch. Er enthält „den wohl längsten Geschlechtsverkehr der Literaturgeschichte“.

In dem Bericht Der eigene Tod schildert er sein Erlebnis einer Nahtod-Erfahrung nach einem Herzinfarkt auf offener Straße am 28. April 1993 in Budapest. Das Buch ist eine Kombination aus Textabschnitten und Fotografien. In einem Interview mit dem Fotopublizisten Ralf Hanselle, erschienen in der Zeitschrift Photonews, nennt Nádas das Buch ein „modernes Stundenbuch“: „Es gibt keinen Gott in diesem Buch. Aber es wird doch über etwas nachgedacht, worüber ein moderner oder ein postmoderner Mensch nicht nachdenken darf: sein Tod.“

Fotografie

Im Kunsthaus Zug kuratierten 2012 Matthias Haldemann und Péter Nádas eine Ausstellung von 150 Fotografien Nádas' und 200 weitere Fotografien ungarischer Künstler unter dem Titel In der Dunkelkammer des Schreibens. Übergänge zwischen Text, Bild und Denken.
Im Literaturmuseum der Moderne fand vom 6. Oktober 2015 bis zum 21. Februar 2016 die Ausstellung fluxus 33: Péter Nádas: Düsteres Idyll. Trost der deutschen Romantik statt. Die Ausstellung entstand durch Nádas’ Auseinandersetzung mit den Landschaftsfotografien des Schriftstellers und Holocaust-Überlebenden H.G. Adler, dessen Fotonachlass sich im Deutschen Literaturarchiv Marbach befindet.

Werke

Aufsätze

Auszeichnungen

Film

Weblinks

Commons: Péter Nádas – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Péter Nádas: An den geheimnisvollen Kreuzwegen der Entselbstung. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 300, 24. Dezember 2022, S. 16.
  2. a b c Lothar Müller: Péter Nádas wird 80 und sein Roman "Schauergeschichten" erscheint. Abgerufen am 4. September 2023. 
  3. F.A.S. Nr. 49, 10. Dezember 2017, S. 52.
  4. Peter Nádas wird 70 ZEIT.de, abgerufen am 14. Oktober 2012
  5. a b FAZ Nr. 94, 23. April 2010, S. 36.
  6. Matthias Haldemann: Péter Nádas In der Dunkelkammer des Schreibens. Übergänge zwischen Text, Bild und Denken, Wädenswil 2012, S. 5.
  7. Sandra Kegel in FAZ, 10. März 2012, S. L2. Der Koch, der Dieb und der Liebhaber oder so ähnlich
  8. https://www.dla-marbach.de/museen/literaturmuseum-der-moderne/wechselausstellungen/archiv-ausstellungsreihe-fluxus/detail-fluxus/news/6-oktober-2015-bis-21-februar-2016/
  9. Buchbesprechung von Andreas Breitenstein: Péter Nádas' Kindheitserinnerungen sind ein Meilenstein der Literatur, in: Neue Zürcher Zeitung, 17. Oktober 2017.
  10. Preis der SWR-Bestenliste 2012: Péter Nádas: "Parallelgeschichten", swr.de.de vom 17. September 2012.
  11. Péter Nádas erhält den Berman Literaturpreis 2022. rowohlt.de, abgerufen am 28. Dezember 2022.
  12. Flugutel Arendt: Europa und seine Schriftsteller E05: Ungarn erzählt von... Péter Esterházy und Péter Nádas (2013) auf YouTube, 17. Juni 2021, abgerufen am 25. Februar 2024 (Danach 1 Woche im Arte-Archiv online. Ton: Ungarisch, Ton und UT: wahlweise Französisch oder Deutsch.; Laufzeit: 52:27 min).
Normdaten (Person): GND: 118899791 | LCCN: n78044024 | NDL: 001246770 | VIAF: 113021549 |