Schwäbische Dialekte

Schwäbisch

Gesprochen in

Deutschland Deutschland Baden-Württemberg Baden-Württemberg Bayern Bayern (Teile von Schwaben)

Osterreich Österreich

Tirol Tirol (nur Außerfern)
Sprecher 820.000
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in -
Sprachcodes
ISO 639-1

ISO 639-2

ISO 639-3

swg

Schwäbische Dialekte (auch singular als schwäbischer Dialekt oder schwäbische Mundart; kurz Schwäbisch) bilden zusammen eine Dialektgruppe, die im mittleren und südöstlichen Bereich Baden-Württembergs, im Südwesten Bayerns sowie im äußersten Nordwesten Tirols gesprochen wird.

Die westoberdeutsche (schwäbisch-alemannische) Dialektgruppe. Die hellblau eingefärbten schwäbischen Mundarten bilden eine der großen westoberdeutschen Untergruppen.

Linguistisch gesehen gehören sie zu den schwäbisch-alemannischen Dialekten und damit zum Oberdeutschen. Von den anderen schwäbisch-alemannischen Dialekten hat es sich durch die vollständige Durchführung der neuhochdeutschen Diphthongierung abgetrennt. „Mein neues Haus“ lautet im Schwäbischen deshalb „Mae nuis Hous“ (je nach Region) und nicht wie in anderen alemannischen Dialekten „Miis nüü Huus“.

In arealtypologischer Hinsicht ist Schwäbisch innerhalb des hochdeutschen Raumes als Ganzes vergleichsweise isoliert, zugleich aber auch (anders als das benachbarte ostoberdeutsche Mittelbairisch) intern sehr heterogen.

Dialekträume und Verbreitung

Die innerschwäbischen Dialekträume werden herkömmlich in West-, Mittel- und Ostschwäbisch unterteilt. Die Grenzen dieser drei Regionen werden im Einzelnen leicht unterschiedlich gezogen. In einer ersten groben Annäherung liegen Westschwäbisch und Mittelschwäbisch in Baden-Württemberg, Ostschwäbisch im bayerischen Regierungsbezirk Schwaben.

Im Sinne eines Dialektkontinuums gibt es sowohl fließende Übergänge innerhalb des schwäbischen Sprachraums, als auch nach außen hin zu den Nachbarmundarten, insbesondere im Süden zum Alemannischen und Nordwesten und Norden zum Südfränkischen.

Mittelschwäbisch (auch: Neckarschwäbisch, Niederschwäbisch) wird in den einwohnerstarken Gebieten Stuttgart/Ludwigsburg, Böblingen/Sindelfingen, Tübingen/Reutlingen, Esslingen am Neckar, Kirchheim/Nürtingen, Waiblingen/Backnang und Göppingen gesprochen, einschließlich der angrenzenden Gebiete des nördlichen Nordschwarzwalds im Westen und der Schwäbischen Alb im Süden, sofern noch nicht die Verneuhochdeutschung eingegriffen hat. Als Leitwort für Mittelschwäbisch kann gwäa ‘gewesen’ gelten, sowie der oe-Laut wie z. B. in noe ‘nein’, Boe ‘Bein’, Schdoe ‘Stein’.

Westschwäbisch oder Südwestschwäbisch (da im westlichen und nordwestlichen Grenzbereich mit Calw und Pforzheim das Mittelschwäbische ohne westschwäbischen Anteil direkt an das Südwestfränkische angrenzt) hat als Charakteristikum den oa-Laut, z. B. Boa ‚Bein‘, noa ‘nein’, Schdoa ‘Stein’ usw. Das südwestschwäbische Gebiet beginnt mit einem sehr schmalen Streifen einzelner Dörfer südwestlich von Calw und wird weiter südlich immer breiter. Es umfasst die Bereiche Rottenburg, Freudenstadt, Horb, Sulz, Hechingen, Balingen, Albstadt und Sigmaringen. Im Norden noch mit gwäa beginnend, ersetzt nach Süden hin ab Horb gsae das gwäa ‘gewesen’. Ab Horb kommt ein charakteristischer Singsang in der Sprachmelodie dazu, der bei Balingen und Albstadt am deutlichsten hervortritt. Weiter südlich (ab Sigmaringen) geht das Südwestschwäbische in das Bodenseealemannische über, wobei der Pfeil auf der Karte darauf hinweist, dass das Schwäbische die einheimischen Mundarten im Raum Ravensburg – Friedrichshafen im Lauf des 20. Jahrhunderts teilweise verdrängt hat.

Ostschwäbisch wird in den württembergischen Gebieten Aalen, Heidenheim und Ulm gesprochen, sowie nahezu im ganzen bayrischen Regierungsbezirk Schwaben, von Nördlingen im Norden über Augsburg in der Mitte bis ins Allgäu im Süden. Ostgrenze zum Bairischen ist weitgehend der Lech. Als Leitvokal des Ostschwäbischen kann der Diphthong 'oa' an Stelle des mittel- und westschwäbischen Monophthongs å gelten: Schloaf statt Schlåf ‘Schlaf’, Schdroas statt Schdrås ‘Straße’ usw.

Das viel zitierte Älblerisch als eigenen Dialektraum gibt es sprachwissenschaftlich gesehen nicht. Es ist eine Erfindung der schwäbischen Jux- und Spaßliteratur. Der bei weitem größte Bereich der Schwäbischen Alb (Reutlinger, Uracher, Münsinger, Laichinger, Nürtinger, Kirchheimer, Göppinger Alb) gehört zum Mittelschwäbischen. Der deutlich kleinere Bereich der Südwestalb (Balingen, Albstadt und Teilbereiche des Großen Heubergs) gehört zum Südwestschwäbischen. Der Unterschied zu den tiefer gelegenen Gebieten der beiden Dialekträume liegt nur in der etwas weniger fortgeschrittenen Verneuhochdeutschung.

Innerhalb der genannten drei Haupträume werden immer wieder, meist aus lokalem Interesse heraus, weitere Dialekte postuliert: Sie begründen aber keine weiteren Dialekträume, sondern bleiben den drei Großräumen untergeordnet. Beispiele dafür:

Phonologische Merkmale

Der Lautbestand des Schwäbischen, insbesondere an Vokalen, ist sehr viel reicher als der des heutigen Standarddeutschen. Er umfasst erheblich mehr Monophthonge und Diphthonge, dazuhin eine erhebliche Anzahl an Nasallauten und Schwa-Lauten, die weit über das vergleichsweise geringe Inventar der deutschen Hochsprache hinausgehen. Darin liegt zugleich das Grundproblem jeder Art von Schreibung des Schwäbischen: „Die 26 Buchstaben unseres lateinischen Alphabets reichen vorn und hinten nicht aus, den Reichtum des schwäbischen Vokalismus wiederzugeben“. Um der Eigenart des Schwäbischen gerecht zu werden, scheint es zuerst notwendig zu sein, es wie eine eigene Sprache empirisch zu erfassen. Erst danach kann es angemessen mit dem heutigen Deutsch verglichen werden.

Schwäbisches Vokaldreieck nach J. K. Brechenmacher

Vokale in Stammsilben

Da das Schwäbische als Dialekt des Deutschen keine eigene schriftliche Notation besitzt, können die Grundvokale entweder nur empirisch oder durch Orientierung am Hochdeutschen festgelegt werden.

Die Grundvokale sind mit den Vokalen a, e, o, i zu Diphthongen kombinierbar. Bei Bildung der Umlaute, wie etwa in der Pluralbildung, bestehen folgende Beziehungen Grundvokal>Umlaut: a>e/ä, â>ä, å>ä, o>e, u>i (d. h. dem hochdeutschen ö entspricht das schwäbische e, dem ü das i).

Die Grundvokale haben teilweise eine große Zahl an Realisierungen (Allophone). Beispielsweise hat das a mindestens folgende Allophone:

Innerhalb von Diphthongen können aus den Allophonen und tatsächliche Phoneme werden, d. h. Laute, die bedeutungsunterscheidend sind:

Umlaute

Die standarddeutsche Sprache kennt drei Umlaute: a/ä, o/ö, u/ü. Diese drei Umlaute kommen aber in der schwäbischen Sprache so gut wie nicht vor. Der Vokal ä wird im Schwäbischen sehr genau vom Vokal e unterschieden und wird im Regelfall als eigenständiger Grundvokal gebraucht. Nur in wenigen Ausnahmefällen dient er als Umlaut zu a. Die Vokale ö und ü des Standarddeutschen entsprechen dem Lautstand des Mittelhochdeutschen; im Schwäbischen (wie in den meisten anderen ober- und mitteldeutschen Mundarten) wurden sie zu e und i entrundet, vgl. standarddeutsch Einzahl Ofen / Mehrzahl Öfen = schwäbisch Einzahl Ofa / Mehrzahl Efa und standarddeutsch Fuß/Füße = schwäbisch Fuaß/Fiaß.

Diphthonge

Die Anzahl der Diphthonge ist erheblich höher als im Standarddeutschen und liegt bei insgesamt 15. Im Lauf der Entwicklung des Schwäbischen wurden, ähnlich wie in der Entwicklung des Standarddeutschen, sowohl mittelhochdeutsche Monophthonge diphthongiert, als auch bereits bestehende Diphthonge weiterentwickelt, letztere aber fast immer in anderer Richtung als im Standarddeutschen. Die Entwicklungsprozesse der Diphthonge und ihre Ergebnisse sind im Schwäbischen derart kompliziert, dass hier für Einzelheiten auf die Fachliteratur verwiesen werden muss. Hier können der Übersichtlichkeit halber nur einige wenige Details aufgeführt werden:

Nasallaute

Ein Charakteristikum des Schwäbischen ist sein etwas nasaler Klang, denn viele Vokale werden im Schwäbischen nasaliert. Vokale vor den Mitlauten m, n und ng werden grundsätzlich (leicht) nasaliert, auch wenn sie kurz sind, zumindest werden sie etwas weniger klar artikuliert. Entsprechend internationalem Gebrauch werden nasalierte Vokale mit einer Tilde geschrieben: ã, ẽ, õ usw. Besonders häufig kommen solche Nasallaute im Portugiesischen vor. Schwäbische Schüler haben meist weniger Probleme als andere deutsche Schüler, Französisch korrekt auszusprechen, da ihnen die vier Nasale des Französischen zumindest näherungsweise vertraut sind.

Vokale in Nebensilben

Im Gegensatz zum Neuhochdeutschen kennt das Schwäbische den Schwa-Laut genannten mittleren Zentralvokal nicht. Im Neuhochdeutschen kommt er vor allem in der Infinitivendung -en (lesen, schreiben, rechnen) vor. Für die Infinitivendung -en wie auch für den Plural der Verkleinerungsform -le (siehe auch sodele) wird im Schwäbischen der fast offene Zentralvokal (bzw., fast identisch, der ungerundete halboffene Zentralvokal ), teilweise auch seiner nasalierten Variante , benutzt, manchmal aber auch nur ein sehr kurzer ungerundeter offener Zentralvokal ; beispielsweise wird heben als oder , der Plural von Mädle als oder ausgesprochen.

Manche Autoren sprechen in diesem Zusammenhang von „Leichtvokalen“: Das Schwäbische kenne, über das Neuhochdeutsche hinaus, nicht nur kurze oder lange Ausgaben von Vokalen, sondern auch drei nur äußerst leicht ausgesprochene Ausgaben der Vokale „geschlossenes e“ , „kurzes, nasaliertes a“ und „geschlossenes o“ . Für hochdeutsche Ohren sind diese „Leichtvokale“ kaum erkennbar.

Von größerer Bedeutung ist die Unterscheidung der beiden Leichtvokale und für Singular und Plural des Diminutivs, z. B. Mädle = Singular und Mädla = Plural.

Der Leichtvokal ǒ kommt immer dort vor, wo das Neuhochdeutsche vor einem r ein e schreibt. Dies betrifft z. B. den bestimmten Artikel Maskulinum Singular der. Er wird im Schwäbischen dor gesprochen. Das ǒ ist in diesem Falle so leicht, dass viele Mundartautoren nur noch dr schreiben.

Konsonanten

a) k-, p- und t-Laute: Diese drei Fortis-Laute werden im Allgemeinen im Schwäbischen als weiche Lenis-Laute ausgesprochen: b, d und g. . Eine ähnliche Abschwächung ist als sogenannte binnendeutsche Konsonantenschwächung in vielen Gegenden Deutschlands verbreitet. Beispiele: Schdual statt Stuhl und Dabeda statt Tapeten. Im Süden des schwäbischen Sprachraums ist die Abschwächung allerdings nicht so weit fortgeschritten und betrifft in der Regel nur den Anlaut: Dag statt deutsch Tag, aber Decke statt wie im Norden Degge. Auslautverhärtung ist dem Schwäbischen hingegen fremd; so bleibt im Unterschied zur Standardsprache das auslautende -d etwa in Rad oder Wind erhalten und wird nicht zu einem -t.

b) r-Laute: Bei vielen Sprechern weicht die Lautung des r-Lautes von der im Standarddeutschen am häufigsten vorkommenden uvularen Aussprache , dem Zäpfchen-R, ab. Dabei wird der Laut velar, gesprochen (). Dieses r klingt ähnlich einem ch wie im Wort Dach, das gehaucht wird. Am Silbenende, z. B. bei wieder oder Wengerter, und vor dental-alveolaren Konsonanten (im Deutschen d, n, s und l), z. B. im Wort Erde, wird das r besonders tief im Rachen gesprochen (pharyngal, ), dieses r klingt einem nasalierten A (å) sehr ähnlich.

c) s-Laute: Das Schwäbische kennt wie andere süddeutsche Dialekte nur das stimmlose s; ein stimmhaftes s, das aus dem Niederdeutschen in die deutsche Standardsprache eingedrungen ist (z. B. in Rose oder auch am Wortanfang), gibt es nicht. Die besondere Kennzeichnung eines stimmlosen s etwa durch den Buchstaben <ß> ist deshalb im Schwäbischen überflüssig.

d) sch-Laut: Dieser Laut kommt im Schwäbischen deutlich häufiger als im Deutschen vor, so gut wie immer vor d/t und b/p, auch im Inneren eines Wortes. So werden z. B. Raspel und Angst im Schwäbischen als Raschbl und Angschd ausgesprochen. Er wird im Schwäbischen tendenziell eher im hinteren, im Deutschen tendenziell eher im vorderen Zungenbereich gebildet. Ganz am östlichen Rand des Schwäbischen wird der sch-Laut darüber hinaus sogar vor g/k verwendet, z. B. Bruschtmuschkel für Brustmuskel. Die Lautfolge „st“ wurde im deutschen Südwesten einschließlich Schweiz und Elsass um das 11. Jahrhundert in allen Positionen zu /scht/. Die Lautfolge /st/ ist im Schwäbischen deswegen generell sehr selten, sie kommt aber vor, insbesondere in Verbformen der 3. Person Singular wie er hoißt/er håßt oder s(i)e lesst „er heißt“, „sie lässt“. Dies erklärt sich dadurch, dass zum Zeitpunkt der Entwicklung von st zu scht diese Verbformen noch zweisilbig waren („er heißet“) und erst später das Schwa in der zweiten Silbe geschwunden ist. Aus demselben Grund hört man auch aus dem Munde waschechter Schwaben die Wochentagsbezeichnung Samsdag (aus mhd. samestag, geschrieben sameztac!) neben häufigerem Samschdag, in dem der Wandel st > scht sekundär und analog nachvollzogen wurde (kein Schwabe würde Sonnabend sagen). Allerdings wird der Wochentag in Teilen Schwabens nicht Samschdag, sondern Samschdig genannt. Dies scheint bereits eine Weiterentwicklung zu sein, aufgrund der fortlaufenden deutschen Lautverschiebung.

Als Verbalendung der 2. Person Singular (im modernen Schwäbisch -sch, im klassischen Schwäbisch -scht) ist dieser Laut eines der klassischen Merkmale aller Schwäbisch-Sprecher: Du musch(t), du schreibsch(t) usw., tritt aber auch in anderen Dialekten auf.

Weitere Merkmale

1 oes, regional oas; ois (siehe „Anm. zur Zahl 1“) 11 ålf
2 zwåe, zwoi (siehe „Anm. zur Zahl 2“) 12, 20 zwelf; zwanzich/zwanzg
3 drei (siehe „Anm. zur Zahl 3“) 13, 30 dreizäa; dreisich/draißg
4 vir, regional viar 14, 40 virzäa, virzich/virzg
5 faef 15, 50 fuffzäa, fuffzich/fuchzg
6 seggs 16, 60 sächzäa, sächzich/sächzg
7 siba 17, 70 sibzäa, sibzich/sibzg
8 achd, aachd 18, 80 achzäa, achzich/achzg
9 nae, nei 19, 90 naezäa, naenzich/naenzg
10 zäa 100, 1000 hondord, daused

Grammatische Merkmale

→ Hauptartikel: Schwäbische Grammatik

Wortschatz

Falsche Freunde

Die Bezeichnung falsche Freunde wird für Wörter aus unterschiedlichen Sprachen verwendet, die sich geschrieben oder klanglich ähneln, aber eine jeweils andere Bedeutung haben. Falsche Freunde führen leicht zu Übersetzungsfehlern. Auch im Verhältnis von Deutsch und Schwäbisch gibt es zahlreiche false friends. Ein bekanntes Beispiel sind die deutsch/schwäbischen Wortpaare heben/heba bzw. halten/halda. Deutsch halten entspricht schwäbisch nicht halda, sondern heba; deutsch heben entspricht schwäbisch nicht heba, sondern lubfa.

In der nachfolgenden Auflistung finden sich weitere Beispiele für deutsch/schwäbische „falsche Freunde“:

Eigenständiges Vokabular im Schwäbischen

Aufkleber einer Werbekampagne des Landes Baden-Württemberg

Eine Vielzahl an schwäbischen Wörtern/Vokabeln (vor allem von der älteren Generation gebraucht) haben in der Standardsprache keine Entsprechung. (Daher rühren die Wörterbücher „Schwäbisch – Deutsch“). Von den nachfolgenden zahlreichen Beispielen sind allerdings eine größere Anzahl nicht im gesamten schwäbischen Sprachraum, sondern nur regional verbreitet. Die nachfolgende Liste kann nur eine kleine Auswahl des eigenständigen schwäbischen Vokabulars darstellen.

(f = weiblich , m = männlich , n = sächlich , pl = Plural)

Substantive

Verben

Pronomina, Adjektive, Adverbien und Modalpartikel

Präpositionen, Orts- und Richtungsangaben (welche öfters Adverbien sind)

Hinweisschild auf Schwäbisch: „Den Kreuzweg dürfen wir nicht hinunter (reiten)“

Bewegungsrichtungen und Ortsbestimmungen im Schwäbischen:

Wenn sich etwas nah bei jemandem befindet bzw. sich wegbewegt Wenn etwas entfernt ist bzw. sich herbewegt
dô = da/hier de(r)t = dort
dô hanna = hier/ genau hier det danna/dranna = dort dran/ genau dort
gi / uff = nach / auf vu / ous = von / aus
nab/nah = hinab rab/rah= herab
nondr = hinunter rondr = herunter
honna = herunten/ hier unten donna = drunten/ dort unten
nuff/nauf = hinauf ruff/rauf = herauf
hob/hoba = heroben/ hier oben dob/doba/drob/droba = droben/ dort oben
herna/hiba = herüben/ hier drüben derna/diba/driba = drüben/ dort drüben
nomm/niibr = hinüber romm/riibr = herum/ herüber
nei = hinein rei = herein
henna = herinnen/ hier drinnen denna/drenna = drinnen/ dort drinnen
naus = hinaus raus = heraus
huss/ hussa = heraußen/ hier draußen duss/dussa = draußen/ dort draußen

Befindet sich zum Beispiel Person A im Inneren eines Hauses und Person B außerhalb, dann sagt A: „I bee henna, ond du bisch dussa“, während B in derselben Situation sagt: „I bee hussa, on du bisch drenna.“

Französische Lehnwörter

Ins Schwäbische haben zahlreiche Lehnwörter aus dem Französischen Eingang gefunden. Beispielhaft seien genannt:

Kuriosa

Werbung auf schwäbisch: „Halten Sie sich links, wenn Sie nach Stuttgart wollen.“

Die in dieser Rubrik aufgeführten Redewendungen und Sprüche gehören in aller Regel zur Jux- und Spaßliteratur. Das heißt, sie gehören nicht zur tatsächlichen Alltagssprache, sondern sind künstlich zurechtgemacht und wollen erheitern oder verwirren. Als Stilmittel dienen bevorzugt Alliterationen, zungenbrecherische Wortkombinationen oder das Spielen mit den zahlreichen schwäbischen Vokalvariationen, die über den Vokalbestand des standardisierten Deutsch hinausgehen. Für deren Schreibung gibt es keine Regeln. Einige wenige Formulierungen kommen dagegen durchaus in der Alltagssprache vor und werden jeweils situationsangepasst variiert.

Formulierungen aus der Alltagssprache:

Althergebrachte volkstümliche Formulierungen:

Formulierungen aus der Spaßliteratur:

Honoratiorenschwäbisch

Beim so genannten Honoratiorenschwäbisch, zunächst auch Salondialekt genannt, handelt es sich um eine „gehobene, dem Schriftdeutschen angenäherte Sprachform, wie sie vor allem von den württembergischen Beamten und dem Stuttgarter Bürgertum entwickelt wurde.“ Diese Ausgleichssprache oder Halbmundart, auch Regiolekt, die schwäbische und standardsprachliche Elemente in verschiedenen und wechselnden Anteilen mischt, führt zu fließenden Übergängen zwischen reinem Ortsdialekt, regionalen Dialektformen, regional gefärbtem Hochdeutsch und reinem Hochdeutsch. Der Germanist Hermann Fischer urteilt: „Das ‚Honoratiorenschwäbisch‘ namentlich im protestantischen Altwürttemberg bringt den schweren Mangel mit sich, dass unter Hunderten nicht einer die reine Lokalmundart genau kennt und braucht.“. Der Begriff „Honoratiorenschwäbisch“ wird seit Ende des 19. Jahrhunderts verwendet.

Neuere Tendenzen

Schwäbische Schreibweisen

„Eine der größten Schwierigkeiten, das Schwäbische anderen zu vermitteln, besteht darin, dass es dafür keine geeignete Schrift gibt.“

– Eduard Huber (2008)

Für die Schreibung des Schwäbischen kann die Vorgehensweise der Mundart-Autoren grundsätzlich in drei Gruppen eingeteilt werden.

Dies gilt auch für viele selbst ernsthafte Autoren, die ihre Schreibung innerhalb ein und desselben Werkes inkonsequent handhaben. Es scheint oft sowohl vor dem Schreiben eine tiefer gehende Reflexion über die Schreibweise zu fehlen, wie auch nach Vollendung eines Werkes eine abschließende selbstkritische Durchsicht. Besonders häufig ist dieses Phänomen bei den Werken kommerzorientierter schwäbischer Juxliteratur anzutreffen.

1. Die Autoren verwenden ausschließlich den schriftdeutschen Zeichensatz,

versuchen aber gleichzeitig das, was sie (aus ihrer jeweiligen Sicht) für die schwäbische Eigenart halten, mit diesem Zeichensatz irgendwie auszudrücken. (Rosemarie Bauer, Kurt Dobler, Manfred Merkel, Bernd Merkle, Doris Oswald, Bernhard Reusch, Lina Stöhr, Winfried Wagner u. v. a. m.).

Dies führt zu sozusagen hochdeutschen Falschschreibungen verschiedener Art, die der tatsächlichen schwäbischen Aussprache mehr oder weniger nahekommen sollen. Beispiele: „är hoat“, „r hot“ u. ä. m. für schriftdeutsch „er hat“; „mr sind“, „mir/mer/mor send/sänd“ u. ä. m. für schriftdeutsch „wir sind“.

2. Die Autoren verwenden zusätzliche selbst erfundene diakritische Zeichen.

Sie gehen zwar ebenfalls vom schriftdeutschen Zeichensatz aus, ergänzen aber ihre Zeichen bei solchen Vokalen, die es im Hochdeutschen nicht gibt.

Die selbst erfundenen Zeichen führen bezüglich des dunklen a zu Schreibungen wie „ar gòht“ (Sebastian Sailer), „är gòòt/är hòt“ (Friedrich E. Vogt) „är gôôt“ (Polyglott Sprachführer Schwäbisch), „blô“ ,blau (Michel Buck und Carl und Richard Weitbrecht) bzw. „blôô“ (Hans G. Mayer) oder „ho͗t“ (Roland Groner). Bezüglich des auslautenden Schwa-Lautes führen sie zu Schreibungen wie „schreibâ“ (zahlreiche Autoren), „schreibå“ (Roland Groner) und „schreibα“ (Eduard Huber). Meist aber wird dieser unbetonte Auslaut als einfaches a geschrieben (siehe unter Gruppe 1), öfters auch als einfaches e. Das nasalierte a und das nasalierte o wird oftmals mit einem nachfolgenden Auslassungszeichen („i ka'“, „dr Moo'“ (Mond)) gekennzeichnet (viele Autoren); ganz außergewöhnlich mit „àà“ bei Willi Habermann.

3. Die Autoren übernehmen international definierte diakritische Zeichen aus anderen Sprachen.

Häufigster Fall ist die Verwendung der Tilde (~) über einem Vokal, um dessen Nasalierung zu kennzeichnen, z. B. häufig bei ã oder õ, seltener bei ẽ. (Polyglott Sprachführer Schwäbisch; Karl Götz, Roland Groner)

Ein weiteres diakritisches Zeichen ist das dänische (nicht schwedische) ° über dem a, um dessen dunkle Aussprache zu charakterisieren, z. B. „er gåht“ für schriftdeutsch „er geht“. (u. a. bei Eduard Huber, Hubert Klausmann)

Bistro am Eingang zur Insel Mainau

Weiteres:

Quer durch Einteilung in drei Gruppen lässt sich bei nicht wenigen Autoren (u. a. bei Sebastian Blau) beobachten, dass sie die im Schwäbischen unterschiedlich ausgesprochenen Diphthonge „ao“ und „au“ auch differenziert schreiben. Seltener anzutreffen ist eine ebensolche phonologische und schriftliche Differenzierung bei den beiden Diphthonge „ei“ und „ai“ (schwäbisch meist ). Solche Differenzierungen sind umso bemerkenswerter, weil sie bei den Autoren die Erkenntnis voraussetzen, dass mit der differenzierten Aussprache dieser Diphthonge im Schwäbischen öfters auch ein Sinnunterschied der Worte verbunden ist (z. B. schwäbisch Raub (dt. Raupe) und Raob (dt. Raub)), was im Hochdeutschen nirgends der Fall ist. In eindrucksvoller Weise konsequent durchgeführt hat diese Unterscheidung Rudolf Paul in seiner Bibel für Schwoba.

Die Schreibung eines Dehnungs-h, eine (im europäischen Vergleich unübliche) Eigenart des Schriftdeutschen wird von so gut wie allen schwäbischen Mundartautoren beibehalten.

Hubert Klausmann schlägt aber zumindest in den Fällen, in denen das Schwäbische einen langen Vokal spricht und das schriftdeutsche Pendant einen kurzen, die Doppelschreibung des betreffenden Vokals vor. Durch eine solche Schreibung wird die speziell schwäbische Aussprache dieser Wörter gestützt.

Eine breite und bunte, regional differenzierte Zusammenstellung klassischer schwäbischer Poesie und Prosa findet sich in der anthologischen Zusammenstellung von Friedrich E. Vogt, Oberdeutsche Mundartdichtung.

Schwäbische Mundartautoren

Literatur

Wörterbücher

(Auswahl, chronologisch sortiert)

Sprachwissenschaftliche Beschreibungen

Mundartbelletristik, Bibelübersetzung

Populäre Publikationen

Quellen

  1. z. B.
    • Hermann Fischer: Ueber den schwäbischen Dialekt und die schwäbische Dialektdichtung. Vortrag, gehalten am 18. Januar 1883 im Kaufmännischen Verein zu Stuttgart. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Jahrgang 7, Stuttgart 1884, S. 56–61
    • Janine Albrecht auf dw.com: Schwäbisch. 22. Januar 2008
    • Winfried Kretschmann (als Ministerpräsident von Baden-Württemberg): Dialekt in der Gesellschaft. Vortrag von Ministerpräsident Winfried Kretschmann in der Kreissparkasse Reutlingen am 20. Oktober 2016 in Reutlingen, Deutschland. Herausgegeben vom Staatsministerium Baden-Württemberg. 2016, S. 3 (baden-wuerttemberg.de)
  2. z. B.
  3. Alfred Lameli: Strukturen im Sprachraum. Analysen zur arealtypologischen Komplexität der Dialekte in Deutschland. (= Linguistik – Impulse & Tendenzen. 54). Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2013, passim, besonders S. 168 ff.
  4. Fritz Rahn: Der schwäbische Mensch und seine Mundart. Stuttgart 1962. (vgl. vordere und hintere Umschlagseite); Friedrich E. Vogt: Schwäbisch in Laut und Schrift. 2. Auflage. Stuttgart 1979. (vgl. vordere und hintere Umschlagseite); Eduard Huber: Schwäbisch für Schwaben. Tübingen 2008, S. 127.
  5. Karl Bohnenberger: Die Mundarten Württembergs. Eine mundartliche Sprachlehre. Silberburg-Verlag, Stuttgart 1929, S. 4f.
  6. Eduard Huber: Schwäbisch für Schwaben. 2008, S. 17.
  7. a b J. K. Brechenmacher, Schwäbische Sprachkunde, Stuttgart 1925, S. 143
  8. Friedrich E. Vogt, Schwäbisch in Laut und Schrift, 2. Aufl. Stuttgart 1979, S. 66, alle Diphthonge im Einzelnen S. 67–71.
  9. Eduard Huber: Schwäbisch für Schwaben. 2009, S. 21–23; Friedrich Vogt: Schwäbisch in Laut und Schrift. 2. Auflage. 1979, S. 37 ff. und passim.
  10. Polyglott Sprachführer Schwäbisch. 2004, S. 5.
  11. B. Rues u. a.: Phonetische Transkription des Deutschen. Tübingen 2007, S. 101.
  12. Die schwäbische Stellung des „l“ und des „r“ stimmt mit der in den anderen germanischen Sprachen (Schwedisch, Dänisch, Alemannisch usw.) überein. Das Standarddeutsche steht hier allein.
  13. Deutsches Wörterbuch. Band XIV 2, Spalte 534, Artikel wir; Damaris Nübling: Klitika im Deutschen. Tübingen 1992, S. 253.
  14. Hermann Fischer: Schwäbisches Wörterbuch. Band 5, Sp. 1.
  15. Hermann Fischer: Schwäbisches Wörterbuch. Band 7/1, Sp. 914.
  16. Z. B. Psalm 103 Verse 11+13 in der Originalfassung Luthers (nicht mehr in den Ausgaben ab 1912)
  17. Uni Augsburg zum Begriff mittags (Memento vom 18. März 2012 im Internet Archive)
  18. DWDS: Aftermontag ; Duden: Aftermontag
  19. Babette Knöpfle: Schwätz koin Bäpp. Schwäbischer Dolmetscher. Silberburg Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 3-87407-101-4.
  20. DWDS: Gaudi; Duden: Gaudi
  21. Hermann Wax: Etymologie des Schwäbischen. 3. Auflage, S. 559.
  22. Aufm Wasa graset d Hasa. In: Volksliederarchiv. kostenlose Datenbank zum Volkslied. Abgerufen am 7. Mai 2018.
  23. Friedrich E. Vogt: Schwäbisch in Laut und Schrift. 2. Auflage. Steinkopf-Verlag, Stuttgart 1979, S. 149–152.
  24. Eduard Mörike: Die Historie von der schönen Lau. 1858, Kap. 3, dort als „ein altes Sprüchlein …, von welchem kein Gelehrter in ganz Schwabenland Bescheid zu geben weiß, woher und wie oder wann erstmals es unter die Leute gekommen“ bezeichnet.
  25. Deutsches Kinderlied und Kinderspiel. In: Kassel aus Kindermund in Wort und Weise gesammelt von Johann Lewalter. Kassel 1911.
  26. Holder, August, Geschichte der schwäbischen Dialektdichtung, 1896 Heilbronn, reprografischer Nachdruck Kirchheim/Teck 1975, S. 4
  27. Huber, Eduard, Schwäbisch für Schwaben, 2008, Silberburg-Verlag Tübingen, ISBN 978-3-87407-781-1, S. 27
  28. Helmut Glück: Metzler Lexikon Sprache. Springer, 2016, ISBN 978-3-476-03486-1, S. 251 (google.de ). 
  29. Mayer, Hans G., Mehr als landschaftliche Reize, Mehrstetten 2004, HGM-Verlag, ISBN 3-00-013956-7, S. 152f.
  30. Hermann Fischer, Schwäbisches Wörterbuch, Tübingen 1904, Band I, S. XI, Anm. ****
  31. Fischer: Beiträge zur Litteraturgeschichte Schwabens. Laupp, 1891, S. 218 (google.de ). 
  32. Eduard Huber: Schwäbisch für Schwaben. 2008, S. 17.
  33. Schwäbisch, 2014, S. 8.
  34. Hubert Klausmann: Schwäbisch. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2014, S. 7.
  35. Oberdeutsche Mundartdichtung. Ernst Klett Verlag, 1968, DNB 457721383, S. 29ff.

Weblinks

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