Evelyn Hamann

Evelyn Hamann (1981)

Evelyn Hamann (bürgerlich: Eveline Braun; * 6. August 1942 in Hamburg; † 28. Oktober 2007 ebenda) war eine deutsche Schauspielerin und Synchronsprecherin. Bekannt wurde sie insbesondere durch ihre Zusammenarbeit mit dem Komiker Loriot, mit dem sie fast drei Jahrzehnte in Sketchen und Filmen auftrat.

Leben und Werk

Herkunft, Ausbildung und Engagements

Evelyn Hamann stammt aus einer deutsch-niederländischen Musikerfamilie. Sie wurde als Tochter des Geigers Bernhard Hamann (1909–1968) und dessen erster Frau, der Sängerin und Gesangspädagogin Johanna (Hanni) Hamann, geb. Gesterkamp, in Hamburg geboren und wuchs im Hamburger Stadtteil Harvestehude auf. Ihr Vater war Erster Konzertmeister des NDR-Sinfonieorchesters, Gründer des Hamann-Quartetts und Professor für Violine und Kammermusik an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Ihr niederländischer Großvater Johannes (Jan) Gesterkamp (1880–1963) war Mitglied im Amsterdamer Concertgebouworkest und Zweiter Konzertmeister der Berliner Philharmoniker. Hamanns älterer Bruder Gerhard war Professor für Violoncello an der Musikhochschule Trossingen.

Nach dem Abitur am Gymnasium in Lokstedt (heute Gymnasium Bondenwald) absolvierte Hamann eine Schauspielausbildung an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Hamburg – unter anderem bei Eduard Marks und Annemarie Marks-Rocke – und übernahm kleinere Rollen am Thalia-Theater. 1968 erhielt sie am Deutschen Theater in Göttingen ihr erstes Engagement. 1971 wechselte Hamann an die Städtischen Bühnen in Heidelberg und spielte dort unter anderem an der Seite von Jürgen Prochnow. 1973 kehrte sie nach Norddeutschland zurück und wurde Mitglied des Ensembles am Theater Bremen. Dort gab sie bis 1979 einige große Rollen, so die Marthe Schwerdtlein in Goethes Urfaust und die Alte in Ionescos Die Stühle. Sie arbeitete auch als Synchronsprecherin.

Zusammenarbeit mit Loriot

Evelyn Hamann mit Vicco von Bülow während einer Lesung aus dessen Buch Loriots dramatische Werke (1981)

Der Radio-Bremen-Unterhaltungschef Jürgen Breest entdeckte Evelyn Hamann am Bremer Theater, als bei Radio Bremen eine Schauspielerin für die Loriot-Produktionen gesucht wurde.

Loriot hatte für seine Sketch-Reihe eigentlich „eine blonde, pummelige Hausfrau“ gesucht und sagte zu Hamann, nachdem sie ihm vorgespielt hatte: „Liebe Frau Hamann, wenn Sie auf unsere Kosten mehrere Wochen täglich Schweinshaxen essen, meinen Sie, Sie werden dann fülliger?“ Doch Hamann, die hager und brünett war, überzeugte ihn so sehr, dass er sich trotzdem für sie entschied: „Gut, dann eben nicht pummelig.“ So wurde sie ab 1976 als Loriots Partnerin in zahlreichen Sketchen einem größeren Publikum bekannt. Mit unbewegter Miene und hanseatisch trockenem Humor schrieb sie Fernsehgeschichte, z. B. als Fräulein Dinkel im Liebes-Clinch mit ihrem steifen Chef, in dem Sketch Die Nudel als Hildegard beim Treffen mit einem eitlen Verehrer, dem eine Nudel hartnäckig im Gesicht klebt („Bitte sagen Sie jetzt nichts, Hildegard“), oder als Frau Hoppenstedt im Kosakenzipfel und mit dem Jodeldiplom („Da hab ich was in der Hand, wenn die Kinder aus dem Haus sind – da hab ich was Eigenes“). Englische Ansage, einer ihrer populärsten Sketche, zeigte sie als Fernsehansagerin, die die britische Krimiserie Die zwei Cousinen präsentieren möchte und dabei wegen der anspruchsvollen Artikulation der vielen th-Laute in den englischen Orts- und Personennamen fast einen Nervenzusammenbruch erleidet.

Hamann spielte 1988 und 1991 in den Loriot-Filmen Ödipussi und Pappa ante portas jeweils die weibliche Hauptrolle. Sie selbst sagte von der Zusammenarbeit, dass sie von Loriot jene Detailversessenheit gelernt habe, die für wirkliche Komik unerlässlich sei:

„Die Inszenierung von Humor erfordert Strenge, Kunstfertigkeit und Disziplin.“

Loriot verabschiedete sich von seiner verstorbenen Partnerin Evelyn Hamann in der Sendung Beckmann am 29. Oktober 2007 mit den Worten:

„Ich habe eine treue Partnerin und wir alle eine wunderbare Schauspielerin verloren, der es immer gelang, die heiklen Seiten des Lebens durch Komik zu überwinden.“

An Hamann selbst gerichtet fügte er hinzu:

„Liebe Evelyn, dein Timing war immer perfekt, nur heute hast du die Reihenfolge nicht eingehalten. Na warte…“

Spätere Rollen

In den 1980er-Jahren spielte sie unter anderem die Rolle der Haushälterin Carsta Michaelis in der Serie Die Schwarzwaldklinik. Später war sie regelmäßig in der Rolle der Thea in der wöchentlichen Arztserie Der Landarzt zu sehen.

Von 1993 bis 2005 lief die Fernsehserie Evelyn Hamanns Geschichten aus dem Leben mit ihr in der Hauptrolle. Ab 1993 spielte sie – neben Heinz Baumann, Tilo Prückner, Gisela May, Gerhard Garbers (der bereits seit der Schauspielschulzeit häufig ihren Partner verkörperte) und anderen – die Titelrolle in der erfolgreichen NDR-Fernsehserie Adelheid und ihre Mörder, von der sechs Staffeln (mit insgesamt 65 Folgen) gedreht wurden.

Im Jahr 1999 übernahm sie in Claus-Michael Rohnes Verwechslungskomödie Wut im Bauch eine Travestierolle.

Lesungen und Hörspiele

Hamann hat sich auch durch Literatur-Lesungen und Hörbuch-Produktionen, etwa der Kriminalromane von Patricia Highsmith, einen Namen gemacht. In der Hörspielreihe Jonas – der letzte Detektiv sprach sie in der Episode Eurobaby die Rolle der Dr. Prätorius.

Privatleben

Grab von Evelyn Hamann (2009)

Von 1964 bis 1976 war Evelyn Hamann mit Hans-Walther Braun verheiratet, den sie am Theater in Hamburg kennengelernt hatte. Nach ihrer Scheidung lebte sie in Hamburg, zuletzt mit ihrem Lebenspartner, dem Schauspieler Stefan Behrens. Sie legte großen Wert auf ihre Privatsphäre und lebte eher zurückgezogen in einer Dachgeschosswohnung in Hamburg-Harvestehude.

Evelyn Hamann starb in der Nacht zum 28. Oktober 2007 im Alter von 65 Jahren an den Folgen eines malignen Lymphoms, das zehn Monate zuvor bei ihr diagnostiziert worden war. Sie wurde am 16. November 2007 auf dem Alten Niendorfer Friedhof in Hamburg beigesetzt. Der Grabstein hat als Inschrift den Psalm 23 („Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich mich nicht – denn Du bist bei mir.“).

Filmografie (Auswahl)

Hörspiele (Auswahl)

Die Liste ist nach der Erstausstrahlung (EA) der Hörspiele geordnet.

Ehrungen und Auszeichnungen

Literatur

Weblinks

Commons: Evelyn Hamann – Sammlung von Bildern  Wikinews: Evelyn Hamann im Alter von 65 Jahren gestorben – Nachricht

Einzelnachweise

  1. a b Hamburgische Biografie. Personenlexikon, Bd. 4, hg. v. Franklin Kopitzsch und Dirk Brietzke, Göttingen 2008, S. 130f.; Gabriele Joachim (Hg.): Bernhard Hamann. Dokumente aus seinem Berufsleben, Hamburg 1999, S. 57.
  2. a b Frauenbiografien Hamburg. Abgerufen am 18. Dezember 2023. 
  3. Hans-Walther Braun/Volker Neumann: Icke, Evelyn Hamann und die Beatles. Eine Art Biografie, Norderstedt 2018, S. 125.
  4. Vera Altrock: Evelyn Hamann auf dem Abiturfoto die zweite von links. Hamburger-Abendblatt-Website, 3. November 2007. Abgerufen am 19. Februar 2020.
  5. Hamann, Evelyn in der Synchrondatenbank von Arne Kaul
  6. a b Die „bessere Hälfte“ von Loriot. Epoch Times Europe, 29. Oktober 2007, archiviert vom Original am 12. Dezember 2008; abgerufen am 24. Januar 2016. 
  7. Thomas Lückerath: Danke und auf Wiedersehen, Frau Hoppenstedt. In: DWDL.de. 29. Oktober 2007, abgerufen am 28. Oktober 2023. 
  8. Loriot bei Beckmann: "Na warte, Evelyn!" Süddeutsche Zeitung GmbH, 17. Mai 2010, abgerufen am 9. Februar 2018. 
  9. Christiane Kruse: Wer lebte wo in Hamburg. Stürtz, Würzburg 2011, ISBN 978-3-8003-1996-1
  10. Bericht im Hamburger Abendblatt vom 17. November 2007
  11. Klaus Nerger: Das Grab von Evelyn Hamann. In: knerger.de. Abgerufen am 30. Juni 2021. 
  12. "Polizeifunk ruft" Weiße Rosen um halbzehn (TV Episode 1969) - IMDb. Abgerufen am 11. Januar 2021. 
  13. Quelle: ARD-Hörspeldatenbank. In: hoerspiele.dra.de. ARD, abgerufen am 16. Juli 2021. 
Normdaten (Person): GND: 128532882 | LCCN: no2013125805 | VIAF: 18278839 |