Horst Bosetzky

Horst Bosetzky (2011)

Horst Otto Oskar Bosetzky (als Pseudonym auch -ky; * 1. Februar 1938 in Berlin; † 16. September 2018 ebenda) war ein deutscher Soziologe und Schriftsteller. Er wurde einer breiteren Öffentlichkeit vor allem durch seine Kriminalromane bekannt.

Ausbildung, Werdegang als Soziologe

Horst Bosetzky kam in einer „Klinik am grünen Strand der Spree“ in der Lindenstraße im Berliner Bezirk Köpenick auf die Welt. Er wuchs im West-Berliner Bezirk Neukölln auf, wo er zwischen 1946 und 1951 die 31. Volksschule besuchte, die heutige Rütli-Schule. Nach abgeschlossener Lehre zum Industriekaufmann bei Siemens studierte er zwischen 1963 und 1968 Volks- und Betriebswirtschaft, Soziologie und Psychologie an der Freien Universität Berlin. Zur Finanzierung seines Studiums schrieb er einige Kriminalgeschichten für Heftserien. 1964 trat er der SPD bei. 1969 wurde er in Soziologie promoviert (Thema: Grundzüge einer Soziologie der Industrieverwaltung – Möglichkeiten und Grenzen der Betrachtung des industriellen Großbetriebes als bürokratische Organisation), war Assistent von Renate Mayntz und forschte zur Soziologie von Verwaltung und Organisation.

Von 1973 bis 2000 war Bosetzky Professor für Soziologie an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege der Stadt Berlin. Er gilt in der Organisationstheorie als ein Hauptvertreter des Ansatzes der Mikropolitik. Dieser Ansatz betont besonders die Rolle von Macht in der Organisation. Er prägte die Organisationsforschung besonders durch die Zusammenfassung mikropolitischer Prozesse in der Organisation in prägnanten Begriffen wie die kameradschaftliche Bürokratie, das Don-Corleone-Prinzip oder dem Prinz-von-Homburg-Effekt.

Literarisches Schaffen

Bosetzkys literarische Schwerpunkte waren Kriminalromane sowie historische Romane mit Bezügen zu seiner Heimatstadt Berlin und der eigenen Biographie. Er nutzte zuweilen die fiktive norddeutsche Kleinstadt Bramme als kleinbürgerlich-dominantes Reihenhausmilieu, in dem er einige seiner Protagonisten des Öfteren auftreten ließ. Bosetzky erklärte dazu: „Ich wollte Karriere machen bei Hans Koschnick im Stab und deshalb die Stadt nicht belasten. Deshalb habe ich den Ort Bramme erfunden, der die soziale Wirklichkeit von Bremen hat.“ Es folgten, parallel zu seiner Fachhochschullaufbahn, viele weitere literarische Werke.

Im Jahr 1971 legte Bosetzky seinen ersten Kriminalroman vor. Bereits dort nutzte er, wie für die nachfolgenden, aus Rücksicht auf seine berufliche Position an einer Hochschule, das Pseudonym „-ky“. Als „-ky“ ließ er in einigen seiner Krimis Oberkommissar Mannhardt die Rolle des Ermittlers einnehmen. Wenn auch unter Pseudonym, so doch den Soziologen nicht verleugnend, sind gerade seine ersten Kriminalromane dem Zeitgeist der 1970er-Jahre verpflichtet und formulieren im „linken“ Jargon Gesellschaftskritik. Horst Bosetzky wurde damit neben Hansjörg Martin, Richard Hey und Michael Molsner stilbildend für die so genannten Sozio-Krimis, die sich in jener Dekade als neue deutsche Krimis von anderer Kriminalliteratur abzuheben und neben der reinen Unterhaltung auch die besonderen sozialen Hintergründe der handelnden Personen sowie allgemeine Aspekte der gesamtgesellschaftlichen Situation und deren Auswirkungen zu beleuchten suchten.

Verfilmt wurden seine Kriminalromane Einer von uns beiden (1972, Regie: Wolfgang Petersen u. a. mit den Schauspielern Jürgen Prochnow und Klaus Schwarzkopf) und Kein Reihenhaus für Robin Hood (1979), der zudem mit dem Preis für den besten deutschsprachigen Kriminalroman und in Frankreich mit dem Prix Mystère de la critique ausgezeichnet wurde. Dessen Filmpremiere nutzte Bosetzky 1981, um nach jahrelangen Spekulationen das Pseudonym „-ky“ offenzulegen. 1984 wurde noch Feuer für den großen Drachen (1982) mit Peter Sattmann, Ulrike Luderer und Erdal Merdan für das Fernsehen verfilmt, 1986 außerdem der Kriminalroman Die Klette, den er zusammen mit Co-Autor Peter Heinrich geschrieben hat.

In den 1970er-Jahren verfasste er zudem Hörspiele und in den 1980er-Jahren Drehbücher für das Fernsehen, unter anderem für Serien wie Detektivbüro Roth, SOKO 5113 und Ein Fall für zwei, aber auch Fernsehspiele wie Die Klette und Happy End durch drei, ferner Kurzerzählungen für die Krimi-Jahresbände der Blauen Reihe des Heyne Verlags.

Horst Bosetzky und Rengha Rodewill Buchvorstellung (2015)

Ein weiterer literarischer Schwerpunkt ergab sich aus seiner Verbundenheit mit Berlin. So begann er 1995 mit dem Roman Brennholz für Kartoffelschalen eine mehrbändige Familiensaga, in der sich autobiographische Elemente des Autors mit der allgemeinen Zeitgeschichte verbinden. Zu dem im frühen 20. Jahrhundert beginnenden und bis in die 1980er reichenden, in Berlin spielenden Kettenroman Es geschah in Berlin, mit der Hauptfigur Kriminalkommissar Kappe (später sein Neffe, dann dessen Sohn), trug Bosetzky elf der 35 Bände bei. Seine Berlin(be)kenntnisse finden sich darüber hinaus in Geschichten über die Berliner Straßen-, S- und U-Bahn, sowie dem Nachschlagewerk Das Berlin-Lexikon (zusammen mit Jan Eik).

Horst Bosetzkys Grabstein auf dem Friedhof Stubenrauchstraße in Berlin-Friedenau

Bosetzkys Erinnerungen an seine Kindheit im Berlin der Nachkriegsjahre: -ky’s Berliner Jugend – Erinnerungen in Wort und Bild, in Zusammenarbeit mit der Fotografin Rengha Rodewill, wurden 2014 veröffentlicht. 2017 erschien ein achtteiliges Video-Interview über seine Erinnerungen an Kindheit und Jugend in der Reihe Berliner Kindheiten, 2018 der 20-minütige Porträtfilm Bosetzky (Regie: Kristof Kannegießer).

Horst Bosetzky wurde am 18. Oktober 2018 auf dem Friedhof Schöneberg III, Berlin Bezirk Tempelhof-Schöneberg beigesetzt. Seine Grabstätte befindet sich auf Feld 17/13.

Ämter und Funktionen

Von 1991 bis 2001 war Bosetzky Vorsitzender und Sprecher des Syndikats, der Vereinigung deutschsprachiger Krimiautoren. Ebenso gehörte er 2002 zu den Gründungsmitgliedern des bundesweiten Autorenkreises Historischer Roman Quo Vadis, dessen erste Vollversammlung im November 2002 in Kulmbach stattfand. Er war Mitglied im Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) und vom Mai 2000 bis Juni 2014 Vorsitzender des Landesverbandes VS Berlin.

Bibliographie

Romanhefte

Silber Kriminalroman

(Zauberkreis Verlag, Rastatt)

Geheimauftrag für John Drake

(Wolfgang Marken Verlag, Köln)

Einzelromane

Geschichte Brandenburgs

  1. Im Feindeslager. Anno 1157. Jaron Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-89773-827-0.
  2. Im Kloster. Anno 1190. Jaron, Berlin 2011, ISBN 978-3-89773-828-7
  1. Im Lotterbett. Anno 1245. Jaron, Berlin 2011, ISBN 978-3-89773-829-4
  2. Im Operationssaal. Anno 1280. Jaron, Berlin 2012, ISBN 978-3-89773-830-0
  3. Im Unterholz. Anno 1325. Jaron, Berlin 2012, ISBN 978-3-89773-831-7
  4. Im Palast. Anno 1348. Jaron, Berlin 2012, ISBN 978-3-89773-832-4
  5. Im Verlies. Anno 1415. Jaron, Berlin 2013, ISBN 978-3-89773-833-1
  6. Im Wasser der Spree. Anno 1448. Jaron, Berlin 2013, ISBN 978-3-89773-834-8

Familiensaga

Diese nicht in chronologischer Reihenfolge erschienene Familiensage umspannt den Zeitraum der Jahre 1717 bis 2005.

Kriminalromane

Kriminalkommissar Hans-Jürgen Mannhardt

Bramme-Krimis

Kommissar Thomas Catzoa

Dokumentarische Kriminalromane

Es geschah in Berlin (Kommissar Kappe)

Es geschah in Preußen (Oberst-Lieutenant Christian Philipp von Gontard)

Es geschah in Sachsen (Journalist Konrad Katzmann)

Fokko von Falkenrede

Weitere Romane und Sammelbände

Berlinerisches und Autobiografisches

Kinder- und Jugendliteratur

Herausgeberschaften (Anthologien)

Sachliteratur

Wissenschaftliche Veröffentlichungen

Fachbücher

Fachartikel

Mitautor und -herausgeber

Alleinautor

Auszeichnungen

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Mein Berlin. In: Süddeutsche Zeitung, 17. September 2018. Es handelte sich um die private (Geburts-)„Klinik Dr. Tismer“ in der Lindenstraße 34, siehe auch Horst Bosetzkys Erlebnisbericht West-Berlin. Erinnerungen eines Inselkindes. Jaron, Berlin 2013, ISBN 978-3-89773-708-2, S. 15; zur einzigen Klinik in der Lindenstraße (Nr. 34): Urte Verlohren: Krankenhäuser in Groß-Berlin. Die Entwicklung der Berliner Krankenhauslandschaft zwischen 1920 und 1939. Be.bra wissenschaft, Berlin 2019, ISBN 978-3-947686-26-1, S. 304.
  2. a b Hendrik Werner: Tatort Bramme. In: Weser-Kurier vom 1. Februar 2018, S. 23.
  3. Sighard Neckel/Monica Titton: Eine Hand wäscht die andere. Horst Bosetzky: »Das Don-Corleone-Prinzip in der öffentlichen Verwaltung« In: Sighard Neckel, Ana Mijić, Christian von Scheve, Monic Titton: Sternstunden der Soziologie. Wegweisende Theoriemodelle des soziologischen Denkens, Campus-Verlag, Frankfurt am Main/New York 2010, ISBN 978-3-593-39181-6, S. 253–267.
  4. Facetten-Magazin Neukölln vom 10. März 2015
  5. Johannes Zillhardt: Horst Bosetzky. In: Berliner Kindheiten. 16. Oktober 2017, abgerufen am 17. September 2018 (8 Video-Interviews, je 1–3 Minuten). 
  6. Kristof Kannegießer (Regie): Bosetzky. Kurzfilm auf YouTube, 1. Februar 2018, abgerufen am 17. September 2018 (19:55 Minuten). 
  7. Horst Bosetzky auf Kulturigo Online-Zeitung, abgerufen am 24. Oktober 2018.
  8. Das Grab von Horst Bosetzky. In: knerger.de. Abgerufen am 24. November 2018. 
  9. Gründung. Quo Vadis – Autorenkreises historischer Roman, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 15. Januar 2012; abgerufen am 17. Juli 2018. 
  10. Biographie. In: horstbosetzky.de. 2. September 2006, archiviert vom Original am 18. September 2018; abgerufen am 14. September 2018. 
  11. Auskunft des Bundespräsidialamtes vergeben am 26. Oktober 2004
  12. Neuköllner Ehrennadel für Krimiautor -ky In: Berliner Morgenpost, 26. Februar 2007, abgerufen am 9. März 2023
  13. Humboldt-Medaille für Horst Bosetzky In: Berliner Woche vom 18. Februar 2018, abgerufen am 24. September 2018
Normdaten (Person): GND: 119557835 | LCCN: n80128976 | NDL: 00822088 | VIAF: 85603186 |