Provinz Schlesien

Die Provinz Schlesien (inoffiziell auch als Preußisch-Schlesien bekannt) war eine Provinz im Südosten Preußens. Zu ihr gehörte der größte Teil der historischen Region Schlesien. Ihre Hauptstadt war Breslau. Die Provinz Schlesien bestand von 1815 bis 1919 und nochmals von 1938 bis 1941. In den Jahren von 1919 bis 1938 und ab 1941 war sie in die Provinzen Niederschlesien und Oberschlesien geteilt.

Geschichte

Den größten Teil des Herzogtums Schlesien und der Grafschaft Glatz hatte 1742 der preußische König Friedrich II. nach dem Ersten Schlesischen Krieg infolge des Friedens von Berlin zu einer Provinz des Staats Preußen gemacht. Nachdem Preußen nach dem Wiener Kongress alle seine Territorien 1815 in neuer Form einheitlich als Provinzen organisiert hatte, kam die nördliche Oberlausitz um Görlitz 1816 zur Provinz Schlesien hinzu. Die historische Teillandschaft Oberschlesien bildete den Regierungsbezirk Oppeln. Niederschlesien wurde in die Regierungsbezirke Breslau und Liegnitz eingeteilt, sowie kurzzeitig auch in den Regierungsbezirk Reichenbach.

Als Teil Preußens gehörte die Provinz bis 1866 zum Deutschen Bund und ab 1871 zum Deutschen Reich. Bei den Reichstagswahlen wählten die überwiegend katholischen Oberschlesier mehrheitlich die Zentrumspartei, die Niederschlesier zunächst überwiegend die Partei der „Deutsch Freisinnigen“, später zunehmend die SPD. Mit der Industrialisierung wurde Oberschlesien mit seinen Steinkohlebergwerken zu einem wichtigen Industriegebiet des Reiches.

Als nach dem Ersten Weltkrieg die Zweite Polnische Republik entstand und Gebietsansprüche auf Teile der östlichen preußischen Provinzen stellte, wurde das Gebiet 1919 in die Provinzen Nieder- und Oberschlesien geteilt, um den vielen slawischsprachigen Oberschlesiern mehr Eigenständigkeit zu geben und sie so in der anstehenden Volksabstimmung in Oberschlesien für das Reich zu halten. Auch infolge der drei polnischen Aufstände in Oberschlesien mussten Teile Oberschlesiens (Ostoberschlesien) 1922 an Polen abgetreten werden. Das Hultschiner Ländchen ging schon 1920 an die Tschechoslowakei.

1938 entstand die Provinz kurzzeitig neu. Nach dem Überfall auf Polen annektiertes Territorium, das im Südosten deutlich über die früheren Grenzen hinausreichte, kam Ende 1939 völkerrechtswidrig dazu.

1941 wieder geteilt, wurde das Gebiet unter Ausschluss militärischer Sperrgebiete 1945 nach dem Zweiten Weltkrieg von der sowjetischen Besatzungsmacht fast gänzlich der Volksrepublik Polen zur Verwaltung unterstellt. Es begann danach die Zuwanderung von Polen. In der Folgezeit wurde die einheimische Bevölkerung mit wenigen Ausnahmen von der polnischen Administration aus dem besetzten Teil der Provinz vertrieben.

Heute verteilt sich das Gebiet auf die polnischen Woiwodschaften Schlesien, Niederschlesien und Oppeln, ferner auch Lebus, Großpolen und Kleinpolen. Ein kleiner Teil verblieb bei Deutschland und verteilt sich heute innerhalb des Freistaates Sachsen auf die Landkreise Bautzen und Görlitz sowie in Brandenburg auf das Gebiet um die Stadt Ruhland.

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohner
1819 2.061.589
1846 3.065.809
1871 3.707.167
1880 4.007.925
1890 4.224.458
1900 4.668.857
1910 5.225.962
1939 4.868.764

Verwaltungseinteilung 1910

Das 1895 erbaute Landeshaus in Breslau war Sitz des Oberpräsidenten der Provinz Schlesien. Stadt- und Landkreise von Schlesien (1905):
  • Regierungsbezirk Liegnitz
  • Regierungsbezirk Breslau
  • Regierungsbezirk Oppeln
  • Sprachensituation in der Provinz Schlesien nach der preußischen Statistik 1905/06.
  • Deutsche Sprache
  • Polnische Sprache
  • Tschechische Sprache
  • Sorbische Sprache
  • Zweisprachig
  • Andere Sprachen
  • Regierungsbezirk Breslau

    → Hauptartikel: Regierungsbezirk Breslau Stadtkreise
    1. Breslau
    2. Brieg (seit 1907)
    3. Schweidnitz
    Kreise und Landkreise
    1. Landkreis Breslau
    2. Landkreis Brieg
    3. Kreis Frankenstein
    4. Kreis Glatz
    5. Kreis Groß Wartenberg
    6. Kreis Guhrau
    7. Kreis Habelschwerdt
    8. Kreis Militsch
    9. Kreis Münsterberg
    10. Kreis Namslau
    11. Kreis Neumarkt
    12. Kreis Neurode
    13. Kreis Nimptsch
    14. Kreis Oels
    15. Kreis Ohlau
    16. Kreis Reichenbach
    17. Landkreis Schweidnitz
    18. Kreis Steinau
    19. Kreis Strehlen
    20. Kreis Striegau
    21. Kreis Trebnitz
    22. Kreis Waldenburg
    23. Kreis Wohlau

    Regierungsbezirk Liegnitz

    → Hauptartikel: Regierungsbezirk Liegnitz Stadtkreise
    1. Görlitz
    2. Liegnitz
    Kreise und Landkreise
    1. Kreis Bolkenhain
    2. Kreis Bunzlau
    3. Kreis Freystadt
    4. Kreis Glogau
    5. Kreis Goldberg-Haynau
    6. Landkreis Görlitz
    7. Kreis Grünberg
    8. Kreis Hirschberg i. R.
    9. Kreis Hoyerswerda
    10. Kreis Jauer
    11. Kreis Landeshut
    12. Kreis Lauban
    13. Landkreis Liegnitz
    14. Kreis Löwenberg
    15. Kreis Lüben
    16. Kreis Rothenburg (Ob. Laus.)
    17. Kreis Sagan
    18. Kreis Schönau
    19. Kreis Sprottau

    Regierungsbezirk Oppeln

    → Hauptartikel: Regierungsbezirk Oppeln Stadtkreise
    1. Beuthen
    2. Gleiwitz
    3. Kattowitz
    4. Königshütte
    5. Neisse (seit 1911)
    6. Oppeln
    7. Ratibor (seit 1904)
    Kreise und Landkreise
    1. Landkreis Beuthen
    2. Kreis Cosel
    3. Kreis Falkenberg
    4. Kreis Groß Strehlitz
    5. Kreis Grottkau
    6. Kreis Hindenburg O.S.
    7. Landkreis Kattowitz
    8. Kreis Kreuzburg
    9. Kreis Leobschütz
    10. Kreis Lublinitz
    11. Landkreis Neisse
    12. Kreis Neustadt
    13. Landkreis Oppeln
    14. Kreis Pleß
    15. Landkreis Ratibor
    16. Kreis Rosenberg
    17. Kreis Rybnik
    18. Kreis Tarnowitz
    19. Kreis Tost-Gleiwitz
    Entwicklung der ethnolinguistischen Struktur Zahl der Polnischsprachigen und Deutschsprachigen Bevölkerung im Regierungsbezirk Oppeln
    Jahr Polnisch Deutsch
    absolut prozentual absolut prozentual
    1819 0377.100 67,2 % 0162.600 29,0 %
    1828 0418.437 0255.383
    1831 0456.348 0257.852
    1837 0495.362 0290.168
    1840 0525.395 0330.099
    1843 0540.402 0348.094
    1846 0568.582 0364.175
    1852 0584.293 0363.990
    1858 0612.849 0406.950
    1861 0665.865 0409.218
    1867 0742.153 0457.545
    1890 0918.728 58,2 % 0566.523 35,9 %
    1900 1.,048.230 56,1 % 0684.397 36,6 %
    1905 1.158.805 56,9 % 0757.200 37,2 %
    1910 1.169.340 53,0 % 0884.045 40,0 %

    Oberpräsidenten

    Siehe auch

    Literatur

    Schrifttum bis 1945

    in umgekehrter Reihenfolge des Erscheinens

    Weblinks

    Commons: Provinz Schlesien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Wikisource: Schlesien – Quellen und Volltexte

    Einzelnachweise

    1. Preußische Provinzen 1910, Gemeindeverzeichnis.de
    2. a b Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich 1939/40 (Digitalisat)
    3. Peter Baumgart: Schlesien als eigenständige Provinz im altpreußischen Staat (1740-1806). In Norbert Conrads (Hrsg.): Deutsche Geschichte im Osten Europas. Schlesien. Siedler, Berlin 2002, ISBN 978-3-88680-775-8, S. 346.
    4. Statistisches Bureau zu Berlin (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des preußischen Staats. Duncker & Humblot, Berlin 1821, Schlesien, S. 86 (Digitalisat). 
    5. Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. (Digitalisat). 
    6. Michael Rademacher: P_schlesien. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900 
    7. Georg Hassel: Statistischer Umriß der sämmtlichen europäischen und der vornehmsten außereuropäischen Staaten, in Hinsicht ihrer Entwickelung, Größe, Volksmenge, Finanz- und Militärverfassung, tabellarisch dargestellt; Erster Heft: Welcher die beiden großen Mächte Österreich und Preußen und den Deutschen Staatenbund darstellt; Verlag des Geographischen Instituts Weimar (1823), S. 34; (Gesamtbevölkerung 1819: 561.203; Mährer: 12.000; Juden: 8.000 und Tschechen: 1.600)
    8. a b c d e f g h i j Paul Weber: Die Polen in Oberschlesien: eine statistische Untersuchung; Verlagsbuchhandlung von Julius Springer in Berlin (1913), S. 8–9
    9. a b c d Paul Weber: Die Polen in Oberschlesien: eine statistische Untersuchung; Verlagsbuchhandlung von Julius Springer in Berlin (1913), S. 27
    Provinzen Preußens

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    Siehe auch: Liste der Provinzen Preußens Normdaten (Geografikum): GND: 4052678-1 | VIAF: 240332550