Vladimir Drinfeld

Vladimir Drinfeld (ukrainisch Володимир Гершонович Дрінфельд Wolodymyr Herschonowytsch Drinfeld; russisch Владимир Гершонович Дринфельд Wladimir Gerschonowitsch Drinfeld; * 14. Februar 1954 in Charkiw, Ukrainische SSR) ist ein in die USA ausgewanderter ukrainischer Mathematiker.

Leben und Werk

Vladimir Drinfeld wurde 1954 als Sohn des ukrainisch-jüdischen Professors für Mathematik der Universität Charkow Gerschon I. Drinfeld (1908–2000) geboren.

Als Fünfzehnjähriger repräsentierte Drinfeld 1969 auf der Internationalen Mathematik-Olympiade in Bukarest die Sowjetunion und gewann dort die Goldmedaille. Zwischen 1969 und 1974 studierte er Mathematik an der Lomonossow-Universität in Moskau. Nach dem erfolgreichen Diplom-Abschluss schloss sich 1977 eine Aspirantur an. Seine Kandidaten-Dissertation, mit der er 1978 promoviert wurde, entstand unter Anleitung von Yuri Manin.

Da er wegen seiner jüdischen Abstammung keinen entsprechenden Arbeitsplatz in Moskau bekommen konnte, ging er in die Autonome Republik Baschkirien, um dort in der Provinzhauptstadt Ufa an der Staatlichen Baschkirischen Universität sowie an weiteren Hochschulen in Ufa als Mathematiklehrer zu arbeiten.

Im Jahre 1981 kehrte er nach Charkow zurück und fand schließlich einen Arbeitsplatz am Werkin-Institut für Tieftemperaturphysik und -Ingenieurwesen der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften. Er lehrte auch an der Universität Charkiw.

Im Jahre 1988 habilitierte er sich am Steklow-Institut in Moskau (russischer Doktortitel).

Im Jahr 1990 erhielt er die Fields-Medaille für seine Arbeiten über Quantengruppen und in der Zahlentheorie. 1992 wurde er zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften der Ukraine berufen.

Im Jahr 1998 wanderte er in die USA aus und im Dezember 1998 wurde er Distinguished Service Professor an der University of Chicago, wo er unter anderem mit Alexander Beilinson zusammenarbeitet.

Seine Hauptarbeitsgebiete sind mathematische Physik (zum Beispiel Vertexalgebren, in dem Buch Chiral Algebras von 2004 mit Alexander Beilinson), Zahlentheorie und Algebraische Geometrie. Er gilt als der große Wegbereiter der geometrischen Langlands-Vermutung (teilweise mit Alexander Beilinson Anfang der 1990er Jahre).

Sein Beweis der Langlands-Vermutung für den Spezialfall der Gruppe GL2 über einem Funktionenkörper über einem endlichen Körper ist bahnbrechend in diesem Gebiet: Es war das erste Ergebnis für eine nicht-abelsche Gruppe im globalen Fall. In Zusammenhang mit diesem Beweis führte er 1973 Drinfeld-Moduln ein, von ihm Elliptische Moduln genannt (Verallgemeinerungen davon sind die von Drinfeld eingeführten Chtoukas, benannt nach russisch Штука nach deutsch Stück).

Von ihm und Yuri Manin stammt die ADHM-Konstruktion von Yang-Mills-Instantonen (unabhängig von Nigel Hitchin und Michael Atiyah gefunden; die Anfangsbuchstaben aller vier stehen für ADHM). In einem Vortrag auf dem Internationalen Mathematikerkongress 1986 in Berkeley führte er Quantengruppen ein (wie auch gleichzeitig und unabhängig Michio Jimbō in Japan) und 1978 war er Invited Speaker auf dem ICM in Helsinki (Langlands conjecture for GL(2) over function fields).

2008 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences aufgenommen, 2016 in die National Academy of Sciences. Im Dezember 2009 wurde er als auswärtiges Mitglied in die Académie des sciences aufgenommen. 2018 erhielt er den Wolf-Preis für Mathematik. 2022 wurde er Ehrenmitglied der London Mathematical Society. 2023 wurde er mit dem Shaw Prize für Mathematik ausgezeichnet.

Literatur

Schriften (Auswahl)

Weblinks

Einzelnachweise und Hinweise

  1. Der Russisch-sowjetische Grad „Kandidat“ entspricht dem deutschen Doktor-Titel sowie dem englisch-amerikanischen „Ph.D.“
  2. Member Directory: Vladimir Drinfeld. National Academy of Sciences, abgerufen am 20. April 2021 (mit biografischen Anmerkungen). 
  3. Mitgliederverzeichnis: Vladimir Drinfeld. Académie des sciences, abgerufen am 20. April 2021 (französisch). 
  4. Honorary Members. London Mathematical Society, abgerufen am 24. März 2023. 
  5. Shaw Prize 2023
Fields-Medaille Träger der Fields-Medaille

1936: Lars Valerian Ahlfors, Jesse Douglas | 1950: Laurent Schwartz, Atle Selberg | 1954: Kodaira Kunihiko, Jean-Pierre Serre | 1958: Klaus Friedrich Roth, René Thom | 1962: Lars Hörmander, John Milnor | 1966: Michael Atiyah, Paul Cohen, Alexander Grothendieck, Stephen Smale | 1970: Alan Baker, Heisuke Hironaka, Sergei Nowikow, John G. Thompson | 1974: Enrico Bombieri, David Mumford | 1978: Pierre Deligne, Charles Fefferman, Grigori Margulis, Daniel Quillen | 1982: Alain Connes, William Thurston, Shing-Tung Yau | 1986: Simon Donaldson, Gerd Faltings, Michael Freedman | 1990: Vladimir Drinfeld, Vaughan F. R. Jones, Shigefumi Mori, Edward Witten | 1994: Jean Bourgain, Pierre-Louis Lions, Jean-Christophe Yoccoz, Efim Zelmanov | 1998: Richard Borcherds, Timothy Gowers, Maxim Konzewitsch, Curtis McMullen | 2002: Laurent Lafforgue, Wladimir Wojewodski | 2006: Andrei Okunkow, Grigori Perelman, Terence Tao, Wendelin Werner | 2010: Elon Lindenstrauss, Ngô Bảo Châu, Stanislaw Smirnow, Cédric Villani | 2014: Artur Ávila, Manjul Bhargava, Martin Hairer, Maryam Mirzakhani | 2018: Caucher Birkar, Alessio Figalli, Peter Scholze, Akshay Venkatesh | 2022: Hugo Duminil-Copin, June Huh, James Maynard, Maryna Viazovska

Träger des Wolf-Preises in Mathematik

1978: Israel Moissejewitsch Gelfand, Carl Ludwig Siegel | 1979: Jean Leray, André Weil | 1980: Henri Cartan, Andrei Nikolajewitsch Kolmogorow | 1981: Lars Valerian Ahlfors, Oscar Zariski | 1982: Hassler Whitney, Mark Grigorjewitsch Krein | 1983/4: Shiing-Shen Chern, Paul Erdős | 1984/5: Kodaira Kunihiko, Hans Lewy | 1986: Samuel Eilenberg, Atle Selberg | 1987: Itō Kiyoshi, Peter Lax | 1988: Friedrich Hirzebruch, Lars Hörmander | 1989: Alberto Calderón, John Willard Milnor | 1990: Ennio De Giorgi, Ilja Pjatetskij-Shapiro | 1991: Nicht vergeben | 1992: Lennart Carleson, John Griggs Thompson | 1993: Michail Leonidowitsch Gromow, Jacques Tits | 1994/5: Jürgen Moser | 1995/6: Robert Langlands, Andrew Wiles | 1996/7: Joseph B. Keller, Jakow Grigorjewitsch Sinai | 1998: Nicht vergeben | 1999: László Lovász, Elias Stein | 2000: Raoul Bott, Jean-Pierre Serre | 2001: Wladimir Igorewitsch Arnold, Saharon Shelah | 2002/3: Mikio Satō, John T. Tate | 2004: Nicht vergeben | 2005: Grigori Alexandrowitsch Margulis, Sergei Petrowitsch Nowikow | 2006/7: Stephen Smale, Hillel Furstenberg | 2008: Pierre Deligne, Phillip Griffiths, David Bryant Mumford | 2009: Nicht vergeben | 2010: Shing-Tung Yau, Dennis Sullivan | 2011: Nicht vergeben | 2012: Michael Aschbacher, Luis Caffarelli | 2013: George Mostow, Michael Artin | 2014: Peter Sarnak | 2015: James Arthur | 2016: Nicht vergeben | 2017: Richard Schoen, Charles Fefferman | 2018: Alexander Beilinson, Vladimir Drinfeld | 2019: Jean-François Le Gall, Gregory F. Lawler | 2020: Simon Donaldson, Jakow Eliaschberg | 2021: Nicht vergeben | 2022: George Lusztig | 2023: Ingrid Daubechies

Normdaten (Person): GND: 132279223 | LCCN: no99021217 | VIAF: 25759355 |