Julius Petersen (Literaturwissenschaftler)

Julius Petersen

Julius Petersen (* 5. November 1878 in Straßburg, Reichsland Elsass-Lothringen; † 22. August 1941 in Murnau am Staffelsee, Oberbayern) war ein deutscher Literaturwissenschaftler.

Leben

Julius Petersen ist der Sohn des Reichstagsabgeordneten und Reichsgerichtsrates Julius Petersen. Er besuchte die Nikolaischule in Leipzig, an der er 1897 die Abiturprüfung bestand. An der Universität Lausanne und der Ludwig-Maximilians-Universität begann er Deutsche Philologie, Kunstgeschichte und Philosophie zu studieren. 1898 wurde er im Corps Suevia München recipiert. Als Inaktiver wechselte er an die Universität Leipzig und die Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Zu seinen Lehrern gehörten Albert Köster, Wilhelm Dilthey, Erich Schmidt und Heinrich Wölfflin. Mit einer Doktorarbeit bei Gustav Roethe wurde er 1903 in Berlin zum Dr. phil. promoviert. 1909 habilitierte er sich bei Hermann Paul in München. Er war zwei Jahre Privatdozent und erhielt 1911 ein Extraordinariat für Germanische Philologie. 1912 wechselte er an die Yale University in New Haven und von dort im August desselben Jahres an die Universität Basel. 1914/15 war er Professor für Neuere deutsche Sprache und Literatur an der neuen Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Nach dem Ersten Weltkrieg kehrte er 1920 an die Universität Berlin zurück, wo er die Nachfolge von Erich Schmidt als Professor für Neuere Deutsche Literaturgeschichte antrat. 1920 bis 1933 war Petersen Kodirektor, 1933 bis zu seinem Tod 1941 Direktor des Germanischen Seminars. Ab 1923 leitete er mit Max Herrmann, ab 1933 allein das neu gegründete Theaterwissenschaftliche Institut. Vortragsreisen führten ihn nach Portugal (1927), Nordamerika (1933), England und Estland (1935).

Petersen war einer der einflussreichsten Germanisten der Zwischenkriegszeit. Er war maßgeblich an der Gleichschaltung seiner Disziplin mit der Ideologie des Nationalsozialismus beteiligt. Seit 1934 war er Herausgeber der Zeitschrift Euphorion, in der er 1934 in seinem Aufsatz Die Sehnsucht nach dem Dritten Reich in deutscher Sage und Dichtung schrieb: „Der Glaube an die gottgewollte Sendung eines Heilsbringers und Führers zum Guten wird religiöse Gewißheit“.

Von 1926 bis 1938 war er Präsident der Goethe-Gesellschaft. Julius Petersen hielt am 27. August 1935 die Ansprache zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens der Goethe-Gesellschaft und behauptete dort, Goethes 'vaterländisches Fühlen' entspräche nicht der beschaulichen Betrachtung, sondern der tätigen Selbstbestimmung, Reinhaltung des eigenen Wesens, Selbstbehauptung und dem strebenden Bemühen der Selbstwerdung" und somit der Ideologie des Dritten Reiches. 1922 wurde er als ordentliches Mitglied in die Preußische Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Seit 1927 war er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

Grabstätte

Er ist auf dem Evangelischen Kirchhof Nikolassee bestattet.

Wissenschaft

J. Petersen: Frankfurter Passionsspiel um 1450

Petersens Lehr- und Forschungsschwerpunkte waren die mittelhochdeutsche Sprache und Literatur sowie die deutsche Literatur vom 16. bis Ende des 19. Jahrhunderts. Renommee erwarb er sich als Herausgeber der Werke und Schriften Johann Wolfgang von Goethes, Friedrich Schillers und Friedrich Hölderlins, so etwa der Welt-Goethe-Ausgabe (1936–1940; angelegt auf 50 Bände, von denen allerdings nur 8 erschienen), der Großen Stuttgarter Ausgabe der Werke Hölderlins (1943–1985) und der Schiller-Nationalausgabe (erscheint seit 1943; von ihm selbst vorbereitet: Band 1, Gedichte 1796–1799).

Petersen plante ein großangelegtes Werk, in dem er eine allgemeine Übersicht und Systematik der Literaturwissenschaft erarbeiten wollte. Das auf zwei Bände angelegte Werk sollte den Titel Die Wissenschaft von der Dichtung tragen, mit einer Unterteilung des ersten Bandes Werk und Dichter in zwei Bücher, und des zweiten Bandes Dichtung in Raum und Zeit in drei Bücher. Der erste Band erschien 1939 in Berlin. Eine zweite aus dem Nachlass im Einzelnen ergänzte und korrigierte Auflage, die zudem um eine Einleitung zum zweiten Band erweitert war, erschien 1944 herausgegeben von Erich Trunz.

Ehrungen

Schriften

Herausgeber

Literatur

Commons: Julius Petersen (literary theorist) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kösener Corpslisten 1960, 114/1134.
  2. Dissertation: Schiller und die Bühne.
  3. Habilitationsschrift: Das Rittertum in der Darstellung des Johannes Rothe.
  4. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 454.
  5. Herbert Greiner-Mai: Weimar im Urteil der Welt. Hrsg.: Herbert Greiner-Mai. Aufbau, Berlin Weimar 1977, S. 347. 
Preisträger der Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main

Thomas Mann, Albert Schweitzer, Julius Petersen (1932) | William Butler Yeats (1934) | Georg Kolbe (1937) | Leo Frobenius (1938) | Anton Kippenberg (1939) | Hans Pfitzner (1940) | Friedrich Bethge (1941) | Wilhelm Schäfer (1943) | Otto Hahn (1944) | Franz Volhard, Gustav Mori, Franz Schultz (1947) | Georg Hartmann (1948) | André Gide, Adolf Grimme, José Ortega y Gasset, Gerhard Marcks, Friedrich Meinecke, Robert Maynard Hutchins, Victor Gollancz, Carl Jacob Burckhardt (1949) | Friedrich Dessauer, Friedrich Witz, Richard Merton, Alexander Rudolf Hohlfeld, Boris Rajewsky, Ernst Robert Curtius, Jean Angelloz, Leonard Ashley Willoughby (1951) | Bernhard Guttmann, Ludwig Seitz, John Jay McCloy (1952) | Max Horkheimer, Fritz Strich (1953) | August de Bary, Karl Kleist, Richard Scheibe, Rudolf Alexander Schröder (1954) | Andreas Bruno Wachsmuth, Fritz von Unruh, Ferdinand Blum, Paul Hindemith, Hanns Wilhelm Eppelsheimer (1955) | Peter Suhrkamp, Carl Mennicke, Josef Hellauer, Paul Tillich (1956) | Helmut Walcha, Kasimir Edschmid, Benno Reifenberg, Gottfried Bermann Fischer, Rudolf Pechel (1957) | Otto Bartning, Friedrich Lehmann, Werner Bock, Martin Buber, Helmut Coing (1958) | Cicely Veronica Wedgwood, Thornton Wilder, Herman Nohl, Jean Schlumberger, Sir Sarvepalli Radhakrishnan, Yasunari Kawabata (1959) | Alfred Petersen, Arthur Hübscher, Franz Böhm (1960) | Vittorio Klostermann (1961) | Edgar Salin (1962) | Theodor W. Adorno, Fried Lübbecke, Karl Winnacker (1963) | Harry Buckwitz (1964) | Carl Orff (1965) | Marie Luise Kaschnitz, Heinrich Troeger, Ferdinand Hoff (1966) | Carl Tesch, Werner Bockelmann, Wilhelm Schöndube, Wilhelm Schäfer (1967) | Kurt Hessenberg (1973) | Ljubomir Romansky, Waldemar Kramer (1974) | Albert Richard Mohr (1976) | Siegfried Unseld, Oswald von Nell-Breuning SJ (1977) | Paul Arnsberg (1978) | Wulf Emmo Ankel, Christoph von Dohnányi, Erich Fromm (postum verliehen 1979) (1981) | Horst Krüger, Walter Hesselbach, Rudolf Hirsch, Fuat Sezgin (1980) | Wilhelm Kempf, Sir Georg Solti (1981) | Leo Löwenthal, Bruno Vondenhoff (1982) | Harald Keller (1983) | Marcel Reich-Ranicki (1984) | Alfred Grosser (1986) | Joachim Fest (1987) | Jörgen Schmidt-Voigt (1988) | Dorothea Loehr, Alfred Schmidt, Dolf Sternberger (1989) | Eva Demski, Hilmar Hoffmann (1990) | Albert Mangelsdorff (1991) | Iring Fetscher, Willi Ziegler (1992) | Liesel Christ, Walter Weisbecker, Ludwig von Friedeburg (1994) | Heinrich Schirmbeck, Emil Mangelsdorff, Wolfram Schütte (1995) | Christiane Nüsslein-Volhard, Walter Boehlich (1996) | Walter H. Pehle, Hans-Dieter Resch (1997) | Anja Lundholm, Christoph Vitali, Peter Weiermair (1998) | Arno Lustiger, Johann Philipp von Bethmann (1999) | Karl Dedecius, Michael Gotthelf (2000) | Ernst Klee, Hans-Wolfgang Pfeifer (2001) | Horst-Eberhard Richter, Peter Eschberg, Heiner Goebbels, Oswald Mathias Ungers (2002) | Christa von Schnitzler, Albert Speer junior, Chlodwig Poth, Jean-Christophe Ammann, Franz Mon (2003) | Ferry Ahrlé, Monika Schoeller (2004) | Henriette Kramer, Gerhard R. Koch (2005) | Eliahu Inbal, Peter Iden (2006) | Thomas Bayrle, Carmen-Renate Köper (2007) | Frank Wolff, E. R. Nele (2008) | Peter Kurzeck, Rosemarie Fendel (2009) | Klaus Reichert (2010) | Hans-Klaus Jungheinrich, Dieter Buroch (2011) | Felix Mussil, Mischka Popp, Thomas Bergmann (2012) | Paulus Böhmer, Peter Cahn (2013) | Hans Traxler, Thomas Gebauer, Wilhelm Genazino (2014) | Martin Mosebach, Sven Väth (2015) | Tobias Rehberger, Bettina von Bethmann (2016) | Claus Helmer, Moses Pelham (2017) | Max Weinberg (posthum) (2018) | Bodo Kirchhoff, Effi B. Rolfs, Max Hollein (2019) | Silke Scheuermann, Burkard Schliessmann (2020) | Hans Zimmer, Sandra Mann (2021) | Sabine Fischmann, Volker Mosbrugger (2022) | Anne Imhof, Michel Friedman (2023) | Margareta Dillinger, Bernd Loebe (2024)

Normdaten (Person): GND: 118790544 | LCCN: n84079093 | VIAF: 41880030 |